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Neues Gesetz: EU nimmt Facebook, Tiktok & Co. an die Leine

Kinder­por­nografie, Terror­pro­paganda und Ange­bote mit gefälschten Marken­schuhen: Das Internet ist voll mit ille­galen Inhalten. Face­book, Tikok und Co. sollen künftig schärfer dagegen vorgehen. Machen sie mit?
Von dpa /

Wird es nun unge­müt­lich für die Tech-Giganten in der EU? Face­book, Google und viele andere müssen nach einem neuen Gesetz künftig schärfer gegen ille­gale Inhalte im Netz vorgehen, sonst drohen ihnen saftige Geld­bußen. Von diesem Freitag an ist das Gesetz recht­lich durch­setzbar. Was sich konkret ändert:

Worum geht es über­haupt?

Die EU verab­schie­dete vergan­genes Jahr ein Gesetz über digi­tale Dienste. Es soll sicher­stellen, dass Platt­formen und Such­maschinen ille­gale Inhalte auf ihren Seiten schneller entfernen als bislang. Für Nutzer wird es wiederum einfa­cher, solche Inhalte zu melden. Grund­sätz­lich müssen große Dienste mehr Regeln befolgen als kleine.

Welche Unter­nehmen sind betroffen?

Zunächst sind sehr große Platt­formen und Such­maschinen mit mehr als 45 Millionen aktiven Nutzern im Monat betroffen. Für sie gelten stren­gere Vorgaben als für klei­nere Unter­nehmen. Denn aus Sicht der EU geht von ihnen ein beson­ders großes Risiko für die Gesell­schaft aus. Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen
Foto: Picture Alliance/dpa/Pool AP
Die Euro­päi­sche Union hatte im April 19 Unter­nehmen als "sehr große Online-Platt­formen" und "sehr große Online-Such­maschinen" einge­stuft. Dazu zählen etwa X (früher Twitter), Face­book, Insta­gram, Tiktok und mehrere Google-Dienste, aber auch Zalando, Wiki­pedia, Booking.com, der Amazon-Market­place und der App Store von Apple. Sie hatten nun vier Monate Zeit, die Vorgaben der EU umzu­setzen.

Was ändert sich genau?

Geschäfts­bedin­gungen müssten künftig so formu­liert sein, dass jedes Kind sie verstehe, sagt ein EU-Beamter. Online-Markt­plätze wie Amazon oder Alibaba AliExpress sollen zum Beispiel Ange­bote von gefälschter Klei­dung oder gefähr­liche Spiel­zeuge so gut wie möglich entfernen und Käufe­rinnen und Käufer entspre­chend warnen.

Platt­formen und Such­maschinen müssen nicht nur ille­gale Beiträge schneller löschen als bislang - sie erstatten künftig auch der EU-Kommis­sion detail­liert Bericht, welche Risiken für die Bürge­rinnen und Bürger in Europa bestehen. Snap­chat oder YouTube müssen also zum Beispiel prüfen, ob ihr Angebot Cyber­gewalt fördert, die Meinungs­frei­heit unter­gräbt oder sich ihr Algo­rithmus negativ auf die mensch­liche Psyche auswirkt. Entspre­chend müssen die Unter­nehmen dann Maßnahmen ergreifen.

Was ist mit Werbung?

Verboten werden auch gezielte Anzeigen, wenn sie auf sensi­blen Daten wie der Reli­gion oder poli­tischen Über­zeu­gungen basieren. Perso­nen­bezo­gene Daten von Kindern und Jugend­lichen dürfen zu Werbe­zwe­cken nicht mehr gesam­melt werden. Außerdem soll die Geheim­nis­krä­merei der Platt­formen beschränkt werden: Sie müssen künftig mehr Infor­mationen über ihre Arbeits­weise preis­geben. Nach Angaben eines EU-Beamten werden viele der Ände­rungen für Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher nicht sofort sichtbar sein, sondern eher im Hinter­grund ablaufen. Der Lang­zeit­effekt dürfe aber nicht unter­schätzt werden.

Was sagen die Konzerne?

Meta mit seinen Flagg­schiffen Face­book und Insta­gram hat allein für die Arbeit rund um den Digital Services Act (DSA) ein Team von 1000 Mitar­bei­terinnen und Mitar­beiter zusam­men­gestellt. Google versprach mehr Trans­parenz - unter anderem in den Richt­linien sowie mit zusätz­lichen Infor­mationen über die Ansprache einzelner Ziel­gruppen bei Werbe­anzeigen. Auch soll es neue Werk­zeuge für den Daten­zugang von Forschenden geben.

Tiktok hatte bereits vor einigen Wochen ange­kün­digt, für Nutze­rinnen und Nutzer in der EU einen alter­nativen, weniger perso­nali­sierten Algo­rithmus einzu­führen und mehr Trans­parenz hinsicht­lich Werbe­anzeigen auf der Platt­form zu gewähren.

Aber nicht alle Tech-Giganten wollen die Regeln einfach so hinnehmen. Amazon und Zalando haben bereits Klagen einge­reicht. Sie sehen sich zu Unrecht als "sehr große Online-Platt­formen" einge­stuft und argu­men­tieren, dass die Regeln für sie als Händler nicht gelten sollten. Andere Klagen könnten folgen.

Wie geht es nun weiter?

Sollten die Konzerne die Vorgaben nicht einhalten, droht ihnen eine Strafe von bis zu sechs Prozent des welt­weiten Jahres­umsatzes. Der zustän­dige EU-Kommissar Thierry Breton hob am Donnerstag hervor: "Die Einhal­tung des DSA ist keine Strafe - es ist eine Möglich­keit für Platt­formen, ihre Vertrau­ens­wür­dig­keit zu stärken." Ab Februar 2024 gelten die Regeln auch für klei­nere Digi­tal­unter­nehmen.

In einer weiteren Meldung lesen Sie: "Hallo, hier ist Amazon!" - Polizei warnt vor falschen Anrufen.

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