Die Massenproteste in Ungarn gegen die geplante Internetsteuer weiten sich aus
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Die Massenproteste in Ungarn gegen die geplante
Internetsteuer weiten sich aus. Zehntausende Menschen gingen am
Dienstagabend in Budapest auf die Straße. Die Menge verlangt die
Rücknahme eines Gesetzentwurfs, der eine Besteuerung des
Datenverkehrs ab 2015 vorsieht. Die Führung um den
rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban zeigte sich heute aber weiter unnachgiebig.
Maximale Belastung soll bei 2,30 Euro im Monat liegen
Die Massenproteste in Ungarn gegen die geplante Internetsteuer weiten sich aus
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Die in Europa einzigartige Abgabe soll umgerechnet 49 Cent pro
Gigabyte betragen. Laut dem Entwurf soll allerdings für Privatpersonen eine Deckelung für
die Abgabe eingeführt werden. Die Grenze soll dann bei 2,30 Euro im Monat liegen. Die Vorlage soll am
17. November im Parlament von der Regierungsmehrheit beschlossen
werden.
Die Massendemonstration füllte abends die sechsspurige
Elisabeth-Brücke über die Donau und die Kossuth-Straße auf der Pester
Seite. Die Teilnehmer riefen: "Wir lassen das nicht zu!". Heute sollen im Laufe
des Tages weitere Proteste folgen.
Die Regierung verweigert bisher Zugeständnisse. "Die Regierung wird
die Internet-Steuer nicht zurücknehmen", sagte Szilard Nemeth,
ein Abgeordneter der Regierungspartei Fidesz, dem oppositionellen
Fernseh-Sender ATV.
Bereits am Sonntag hatte eine große Menschenmenge demonstriert. Die
bisher massivsten Proteste gegen die Regierung Orban seit ihrem
Amtsantritt 2010 hatte die Facebook-Gruppe Hunderttausende gegen die Internet-Steuer auf die Beine gestellt.
Oppositionspolitiker traten als Organisatoren und Redner nicht auf.
Wenige Stunden vor der Kundgebung am Dienstag hatte im Budapester
Parlament die Debatte über die Steuergesetze begonnen. Der
Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Andras Tallai, hatte die
neue Steuer mit einer "gerechten Lastenverteilung" begründet.
Oppositionsredner warnten vor negativen Auswirkungen auf die
Verbreitung der digitalen Kultur in Ungarn.
Steuer betrifft Internet-Dienstleister
Die neue Steuer muss zwar von den Internet-Dienstleistern bezahlt
werden, doch Experten gehen davon aus, dass diese die Mehrkosten auf
die Kunden abwälzen werden. Kritiker befürchten, dass dadurch vor
allem die ärmeren Schichten von der Nutzung des Internets abgehalten
werden sollen. In ländlichen Regionen dienen sonst vor allem die
öffentlich-rechtlichen Medien als Informationsquellen. Die Regierung
hat diese jedoch zu reinen Propaganda-Sprachrohren umfunktioniert.
Ein Sprecher der EU-Kommissarin für Digitalisierung, Neelie Kroes,
nannte die Internet-Steuer "nicht hinnehmbar". Zudem sei laut Aussagen der EU-Kommission die Steuer
eine Einschränkung der Freiheit und würde sich darüber hinaus negativ für die europäische sowie
ungarische Wirtschaft auswirken können.
Update 31. Oktober: Ungarn rudert zurück
Ungarn hat die Steuerpläne zurückgezogen. Ministerpräsident Orban erklärte: "In dieser Form ist diese Steuer nicht einführbar,
weil die Diskussion darüber entgleist ist.