Zahlen

o2-Mobilitätsanalyse: Bürger auf Bahnstreiks gut vorbereitet

Die Mobi­lität der Menschen wächst. Damit sie nicht im Stau stehen, braucht es Analysen und Vorher­sagen. Da kann der Mobil­funk helfen, z.B. beim Bahn­streik.
Von mit Material von dpa

Während die kleine Gewerk­schaft der Lokführer (GdL) seit gestern Abend wieder für den "Aufreger der Woche" sorgt und deshalb viele Züge schon wieder nicht fahren, hat o2-Telefónica bereits passendes Zahlen­mate­rial bereit gestellt. o2 Telefónica hat in Koope­ration mit dem Analy­separtner Tera­lytics AG auf Basis "anony­misierter und aggre­gierter" Mobil­funk­daten analy­siert, wie sich die Mobi­lität der Menschen während des vorhe­rigen Bahn­streiks zwischen dem 10. bis 12. Januar 2024 verän­dert hat.

Weniger Bahn­fahrten ab 30 km

Wenn weniger Züge fahren, gibt es weniger Reisende Wenn weniger Züge fahren, gibt es weniger Reisende
Grafik: o2-Telefónica / Teralytics
Die Zahl der Bahn­fahrten im Fern­ver­kehr ab 30 Kilo­metern habe sich laut Analyse zwar deut­lich um rund 56 Prozent redu­ziert, die Mobi­lität sei aber insge­samt weit­gehend unver­ändert geblieben. Sie habe sich bei gemein­samer Betrach­tung der Verkehrs­träger Straße und Schiene während der Streik­tage ledig­lich um fünf Prozent redu­ziert – dies entspreche jedoch im Schnitt rund 500.000 Reisen täglich, die nicht statt­gefunden haben.

Kunden gut vorbe­reitet?

Thomas Treß, Analy­seex­perte bei o2-Telefónica, vermutet anhand der Zahlen, "dass sich Deutsch­land gut auf den Bahn­streik vorbe­reitet hat". Offenbar sei nur jede 20. längere Reise ausge­fallen und viele Bahn­rei­sende auf das Auto umge­stiegen, um ihr Ziel zu errei­chen.

Inter­essantes Wissen für Mobi­litäts­anbieter

Im Mobility Monitor haben o2-Telefónica und Teralytics den Bahnstreik analysiert. Im Mobility Monitor haben o2-Telefónica und Teralytics den Bahnstreik analysiert.
Grafik: o2-Telefónica
Das Wissen, wie die Bevöl­kerung bei vorher­seh­baren Einschrän­kungen des öffent­lichen Perso­nen­nah­ver­kehrs reagiert, ist für alle Mobi­litäts­anbieter inter­essant. Insbe­son­dere bei der Planung von alter­nativen Ange­boten können solche Mobi­litäts­ana­lysen die unter­stützen. Die Daten des o2-Netzes wurden hoch­gerechnet auf die Gesamt­bevöl­kerung, und zwar auf 653.100 Bahn­fahrten pro Tag.

Die Zahlen­for­scher von o2 und Tera­lytics haben die Auswir­kungen auf das Mobi­litäts­ver­halten für die Verkehrs­träger Schiene und Straße vergli­chen und dabei ausschließ­lich Reisen berück­sich­tigt, die länger als 30 Kilo­meter waren. Für die Analyse wurden die Durch­schnitts­werte zwischen dem 3. bis 5. Januar mit den Durch­schnitts­werten der Streik­tage vom 10. bis 12. Januar vergli­chen – also jeweils die Werk­tage Mitt­woch bis Freitag.

56 Prozent weniger Bahn­fahrten, vier Prozent mehr Auto­fahrten

Der Streik sorgte dafür, dass deut­lich weniger Menschen im Fern­ver­kehr Bahn gefahren sind. Die Mobi­litäts­ana­lyse zeigt für den ersten Streiktag (10. Januar) 61 Prozent weniger Bahn­fahrten im Vergleich zum Vortag. Während des gesamten Streik­zeit­raums haben längere Bahn­reisen im Mittel um 56 Prozent abge­nommen. Dabei ist zu beachten, dass sich die verblie­benen Reisen auf die fahrenden Züge im Notfall­fahr­plan sowie auf andere Bahn­gesell­schaften, die nicht bestreikt wurden, aufge­teilt haben können.

Zu beachten ist ferner, dass im Vergleichs­zeit­raum sieben Tage vorher in den meisten Bundes­län­dern noch Schul­ferien waren. Einen nennens­werten Effekt durch die Ferien auf diesen Zahlen habe es laut o2 aber nicht gegeben.

Menschen steigen an Streik­tagen aufs Auto um

Insge­samt redu­ziert sich die Mobi­lität in Deutsch­land im Analy­sezeit­raum über die Verkehrs­träger Straße und Schiene hinweg nur leicht um fünf Prozent. Die Analy­sedaten legen nahe, dass dies maßgeb­lich am Verkehrs­träger Straße liegen dürfte: Die Zahl der Menschen, die mit dem Auto längere Stre­cken gefahren sind (einschließ­lich Busfahrten), hat während des Streik­zeit­raums um rund 4,1 Prozent zuge­nommen. In abso­luten Zahlen fanden mehr als 340.000 zusätz­liche Fahrten auf der Straße statt. Im Vergleich dazu hätten im Schnitt mehr als 800.000 Reisen mit der Bahn nicht statt­gefunden.

Auto­fahren domi­niert

Wenn die Bahn nicht fährt, steigen mehr Menschen aufs Auto um. Wenn die Bahn nicht fährt, steigen mehr Menschen aufs Auto um.
Grafik: o2-Telefónica / Teralytics
Dabei domi­niert der Anteil an Auto­fahrten ohnehin: An normalen Werk­tagen liege das Verhältnis im Mittel zwischen der Mobi­lität auf der Straße (85 Prozent) zur Schiene (15 Prozent). Während des Streiks habe sich das Verhältnis auf rund 93 Prozent (Straße) zu sieben Prozent (Bahn) verän­dert. Damit wurde die gesun­kene Zahl der Bahn­fahrten weit­gehend ausge­gli­chen.

Kein Nach­hol­effekt für ausge­fal­lene Bahn­fahrten sichtbar

Der Zeit­raum nach dem Bahn­streik weist laut Analyse keinen „Nach­hol­effekt“ aus: Für das Wochen­ende nach dem Streik iden­tifi­ziert die Analyse, dass rund 20 Prozent weniger Menschen Zugfahrten im Fern­ver­kehr genutzt haben als am Wochen­ende zuvor.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Wir leben längst in einer Daten­welt, auch wenn das Mitmen­schen, die sich mit solchen Themen nicht auskennen oder beschäf­tigen möchten, unheim­lich erscheinen mag. Einfa­ches Beispiel: Der Bäcker im Ort muss Mehl, Eier, Butter und so weiter auf Vorrat kaufen, weil er zunächst gar nicht weiß, wer ein Brot kauft. Mit der Zeit gibt es Erfah­rungs­werte.

Mit Mobil­funk­daten kann man z.B. Verkehrs­staus vorher­sagen. Dabei ist es völlig egal, ob Hubert Maier oder Gisela Mücke von Frank­furt nach München gefahren sind, wenn es z.B. nur um die Verkehrs­belas­tung am Albauf­stieg der Auto­bahn A8 geht.

Von daher sind solche Daten­aus­wer­tungen sinn­voll. Schon länger versucht o2-Tele­fonica mit seinen Netz­betrei­ber­kol­legen, dieses Wissen in klin­gende Münze zu verwan­deln. Das kommt auch uns Mobil­funk­kunden zu Gute, weil die Einnahmen daraus dafür sorgen, dass die Tarife nicht noch teurer werden brau­chen. Wichtig ist aber auch, dass die Mobil­funk­anbieter und andere Daten­händler uns offen erklären, welche Daten sie erheben und was sie damit machen.

Mit Handy­daten wurde heraus­gefunden, dass in Prag oder Brünn (Tsche­chien) mehr Leute leben, als gedacht.

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