Gesetzentwurf

USA: Netzbetreiber fordern Maut für Datendienste

Auch die Telekom will Dienste nicht kostenlos aufs VDSL-Netz lassen
Von Björn Brodersen

In den USA diskutieren Telekommunikations- und Kabelnetzbetreiber sowie Politiker einen neuen Entwurf zur Neufassung des 1996 formulierten Telekommunikationsgesetzes, der das Internet entscheidend verändern könnte. Die neue Fassung sieht vor, dass die Netzbetreiber künftig Diensteanbieter für das Versenden von datenintensiven Inhalten wie etwa Filmen oder Fernsehen zur Kasse bitten dürfen. Wie heute die Financial Times Deutschland (FTD [Link entfernt] ) berichtet, pochen die Diensteanbieter auf die im TK-Gesetz festgeschriebene Netzwerkneutralität des Internets, die Netzbetreiber müssten daher die gleichberechtigte Durchleitung jeglicher Art von Kommunikation gewährleisten. Die Netzbetreiber dagegen wollen die hohen Investitionskosten für den Ausbau ihrer schnellen Glasfasernetze durch zusätzliche Durchleitungsentgelte wieder reinholen. Dies möchte auch die Deutsche Telekom, die hierzulande bereits mit dem Bau ihres bis zu 50 MBit/s schnellen VDSL-Netzes begonnen hat.

Zu den Gegnern zusätzlicher Netztarife zählen Unternehmen wie Microsoft, Google, eBay, yahoo! und Amazon, die laut dem Zeitungsbericht an den vorgesehenen Bestimmungen einen fehlenden Schutz vor möglichen Diskriminierungen bemängeln. Sie fürchten, dass Durchleitungsentgelte zu einer Klassengesellschaft im Internet führen wird. Aufgrund einer Kompromiss-Entscheidung des amerikanischen Regulierers FCC aus dem vergangenen Jahr werden Breitband-Anbieter in den USA nicht wie herkömmliche Telefonfirmen reguliert, müssen zurzeit aber noch andere Internet-Provider auf das eigene Netz lassen.

Gebühren könnten an Internetnutzer weitergegeben werden

Für den Internetnutzer könnte eine Aufhebung der Netzneutralität dazu führen, dass es künftig anbieterabhängig zu erheblichen Geschwindigkeitsunterschieden beim Download von Inhalten kommt - zahlt der Anbieter die Netztarife, wird die Auslieferung seiner Daten bzw. Dienste gegenüber den Diensten anderer Anbieter behandelt. Außerdem könnten die Durchleitungsentgelte auch an die Internetnutzer weitergereicht werden. Andere Dienste könnten die Telekommunikationsnetzbetreiber nach eigenem Gutdünken sogar ganz blockieren. Auch die unter dem Sammelbegriff Web 2.0 fallenden, von Internetnutzern selbst erstellten Angebote wie etwa Weblogs oder Podcasts könnten unter solchen Gebühren leiden.

Netztarife sind auch hierzulande in der Diskussion

Die Debatte, die jetzt den amerikanischen Kongress beschäftigt, dürfte bald auch in Deutschland dringlicher werden. Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke will nämlich auf gleiche Weise wie die US-Netzbetreiber die Investitionen für das Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz wieder reinholen. Seiner Ansicht nach müssten nicht nur die Internetnutzer für die "schöne, neue Welt" bezahlen, sondern auch die Unternehmen, die Infrastrukturen für ihr Geschäft benutzen. Auf diese Weise könnten die klassischen Telefonfirmen auch die neue Konkurrenz der Internet-Telefonie-Anbieter stärker belasten.

Dem FTD-Artikel zufolge denken Kabelunternehmen und Internet-Service-Provider bereits über mögliche Gebührenmodelle nach, beispielsweise über ein Mehrstufen-System, in dem die finanzstarken Konzerne Durchleitungsgebühren zahlen und die finanzschwächeren Anbieter dagegen eine geringere Priorität bei der Auslieferung ihrer Dienste in Kauf nehmen. Experten geben laut FTD aber zu bedenken, dass dies nicht zu einem Missbrauch der Marktposition der Netzbetreiber führen dürfe und Leitungsinhaber etwa Wettbewerber kartellrechtswidrig abzocken. Hier müsste dann die Bundesnetzagentur eingreifen. Ob das neue VDSL-Netz der Telekom reguliert wird oder nicht, ist bislang noch nicht entschieden. Mehr über die Streitfrage lesen Sie in anderem Beitrag.

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