Themenspezial: Verbraucher & Service Ende der Zettelwirtschaft

BundID: Digitales Konto für Bürger und Unternehmen

In Behörden herrscht oft noch Zettel­wirt­schaft. 2017 star­tete die große Koali­tion einen ersten Anlauf, die über­fäl­lige Digi­tali­sie­rung der Verwal­tung voran­zutreiben. Nun unter­nimmt das Ampel-Bündnis einen zweiten Versuch, setzt sich dabei aber keine Fristen.
Von dpa /

Die Bundes­regie­rung will die Bürge­rinnen und Bürger sowie die Unter­nehmen in Deutsch­land endlich in die Lage versetzen, wich­tige Behör­den­ange­legen­heiten digital zu erle­digen. Das sieht ein neues Gesetz zur Digi­tali­sie­rung der Verwal­tung (OZG 2.0) vor, das heute im Bundes­kabi­nett auf den Weg gebracht wurde.

Künftig könnten digi­tale Anträge deutsch­land­weit über die "BundID" als zentrales Bürger­konto gestellt werden, sagte Innen­minis­terin Nancy Faeser (SPD). Eine Frist zur Umset­zung der Digi­tali­sie­rungs­pro­jekte vor allem in den Kommunen wurde aller­dings nicht fest­gelegt.

15 beson­ders wich­tige Leis­tungen

Wichtige Behördenangelegenheiten sollen digital erledigt werden können Wichtige Behördenangelegenheiten sollen digital erledigt werden können
Bild: Image licensed by Ingram Image
Der Verzicht auf Umset­zungs­fristen für die Online-Projekte war bereits nach der Veröf­fent­lichung eines ersten Refe­ren­ten­ent­wurfs im Januar nicht nur von den Oppo­siti­ons­par­teien kriti­siert worden. Er wurde auch von Vertre­tern der Grünen und der FDP bemän­gelt.

Faeser sagte, dass sich der Bund zusammen mit Ländern und Kommunen jetzt auf 15 beson­ders wich­tige Leis­tungen fokus­siere. "Spätes­tens 2024 werden dadurch zum Beispiel die Kfz- oder Führer­schein-Anmel­dung, die Ummel­dung, die Eheschlie­ßung, eine Bauge­neh­migung und das Eltern­geld deutsch­land­weit digital bean­tragt werden können. Das ist ein großer Gewinn für die Bürge­rinnen und Bürger - und ein Meilen­stein auf dem Weg zum digi­talen Staat."

Das neue OZG stieß auf heftige Kritik in der Digi­tal­wirt­schaft. "Die Bundes­regie­rung verpasst mit den jetzt geplanten Ände­rungen am Onli­nezu­gangs­gesetz die Chance, die Digi­tali­sie­rung der Verwal­tung wirk­lich konse­quent voran­zutreiben", sagte der Präsi­dent des Bran­chen­ver­bandes Bitkom, Achim Berg. "Der vorlie­gende Gesetz­ent­wurf ist kein OZG 2.0, sondern allen­falls ein OZG 1.1. Der Bund will sich noch einmal fünf Jahre Zeit lassen, bis seine eigenen Verwal­tungs­leis­tungen digital abge­wickelt werden können."

Verwal­tungs­abläufe komplett auf digi­tale Prozesse umstellen

Das Innen­minis­terium dagegen betonte, mit dem neuen OZG werde ein Schwer­punkt darauf gelegt, Verwal­tungs­abläufe komplett auf digi­tale Prozesse umzu­stellen. Die Zettel­wirt­schaft werde endgültig durch die gesetz­liche Veran­kerung des soge­nannten Once-Only-Prin­zips abge­schafft. Nach­weise für einen Antrag - zum Beispiel eine Geburts­urkunde - müssen nach diesem Prinzip nur einmal (once only) vorge­legt werden und können zukünftig auf elek­tro­nischem Wege bei den zustän­digen Behörden und Regis­tern mit Einver­ständnis des Antrag­stel­lers abge­rufen werden.

Damit digi­tale Anträge nicht mehr auf Papier unter­schrieben werden müssen, wird bei der digi­talen Abwick­lung auf die bislang notwen­dige Schrift­form verzichtet. Durch die Geset­zes­ände­rung könnten zukünftig alle Leis­tungen rechts­sicher einfach und einheit­lich mit der Online­aus­weis­funk­tion des Perso­nal­aus­weises digital bean­tragt werden. "Es ist keine händi­sche Unter­schrift mehr notwendig", versprach Faeser.

Digi­tales Post­fach

Mit der BundID wird ein digi­tales Post­fach bereit­gestellt, über das die Bürge­rinnen und Bürger mit der Verwal­tung kommu­nizieren können. Außerdem können über dieses Bürger­konto Bescheide zuge­stellt werden können. Auch finan­zielle Hilfen des Staates sollen über dieses Konto laufen. Das BundID-Konto gibt es schon seit 2019, sie fris­tete aber jahre­lang ein Nischen­dasein. Erst mit der Auszah­lung der Einmal­zah­lungen für Studie­rende und Fach­schü­lerinnen und Fach­schüler in Höhe von 200 Euro zu ihren gestie­genen Heiz­kosten in diesem Früh­jahr wurde sie massen­haft genutzt.

Die BundID soll künftig bundes­weit einheit­lich genutzt werden. Die Bundes­länder mit eigenen ID-Konten wie Bayern und Baden-Würt­tem­berg haben nun drei Jahre lang Zeit, sich von ihren Lösungen zu verab­schieden. Berlin, Bran­den­burg, Hessen, Nieder­sachsen, Nord­rhein-West­falen und Sachsen-Anhalt hatten zuvor bereits ange­kün­digt, mit der BundID ihre landes­eigenen Service­konten abzu­lösen.

Für die Grünen im Bundestag erklärte die Digi­tal­expertin Misbah Khan, nun gelte es, den Daten­schutz und die IT-Sicher­heit in der Verwal­tung hoch­zuhalten. "Insbe­son­dere vor dem Hinter­grund der jüngsten Cyber­angriffe ist die effek­tive Absi­che­rung unserer staat­lichen Infra­struk­turen ein Grund­pfeiler der wehr­haften Demo­kratie." Nur wenn die persön­lichen Daten der Bürge­rinnen und Bürgern im digi­talen Staat sicher seien, werde er auf eine gesamt­gesell­schaft­liche Akzep­tanz stoßen.

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