Ericsson "Innovation Days": 6G-Mobilfunk soll 2030 starten
Jedes Jahr stellt der Netzwerkausrüster Ericsson, der seine Wurzeln in Schweden hat, aber längst weltweit aktiv ist, im Rahmen des Innovation Days neue Forschungsergebnisse und Produktentwicklungen im Eurolab in Herzogenrath bei Aachen vor.
Zwei Tage dauerten die Innovation Days, die bereits zum elften Mal in Aachen stattfanden. Diese Hausmesse des Ericsson Eurolabs dient dem Dialog zwischen Kunden, der Fachwelt und dem Hersteller. Neben der Nachhaltigkeit steht in diesem Jahr schon 6G im Fokus. Was für viele Anwender noch nebulös und "weit weg" erscheint, soll in acht Jahren, also 2030, betriebsbereit an den Start gehen.
Energieeffizienz - ein schwieriges Thema
5G-Technik von Ericsson wird weltweit montiert, hier bei Telstra in Australien
Foto: Ericsson
Auch wenn das Thema für den Endkunden nur schwer greifbar oder verständlich ist, wird schnell klar, dass der Digital- und Telekommunikationssektor eine wichtige Rolle bei der Reduzierung der CO2-Emissionen spielt. Es ist die Quadratur des Kreises: Mit jedem neuen, leistungsfähigeren Mobilfunkstandard steigt der Energieverbrauch weiter an.
Ericsson hat unter dem Namen "Breaking the Energy Curve" deshalb einen "ganzheitlichen Ansatz" entwickelt, der die Effizienz von Mobilfunknetzen steigern und deren Umweltauswirkungen deutlich reduzieren soll. Dabei müssen vier zentrale Faktoren berücksichtigt werden: Netzplanung, Auswahl der richtigen Hardware, Einsatz energiesparender Software und intelligenter Betrieb der Standortinfrastruktur.
Ericsson ist Gründungsmitglied der "Exponential Roadmap Initiative", die Emissionen bis 2030 durch gezielte Klimaschutzmaßnahmen und -lösungen halbieren möchte. Die Schlagworte sind Innovation (Erneuerung), Transformation (Veränderung) und Disruption (harter Bruch und hin zu etwas ganz anderem neuen). Das Unternehmen möchte mit dem "1,5 Grad Business Playbook" wichtige Hinweise und Hilfestellungen zu nachhaltigeren Unternehmenspraktiken geben.
Klimaschutz und Umweltmanagement
Klimaschutzmaßnahmen und Umweltmanagement stehen weit vorne auf der Agenda: Bis Ende 2021 sollen die CO2-Emissionen um rund 60 Prozent im Vergleich zur Basislinie gesenkt sein. Bis 2030 will das Unternehmen bei seinen eigenen Aktivitäten "Netto-Null-Emissionen erreichen" und bei seinen Produkten und der Lieferkette (also bei den Vorlieferanten) um 50 Prozent reduziert haben.
2040 soll dann die gesamte Wertschöpfungskette (von der Schraube, über Gehäuse, Elektronikkomponenten etc.) Netto-Null-Emissionen erreichen.
Ericsson 6646: Ein Gerät für 700 bis 900 MHz
Das Modul Ericsson 6646 enthält 700, 800 und 900 MHz in einer Box
Foto: Ericsson
Die 5G-Funkeinheit 6646 kombiniert 900-, 800- und 700-MHz-Frequenzen in einem kompakten Gerät. Im Vergleich zu den bisher üblichen Single-Sektor-Antennen sinkt der Stromverbrauch um 40 Prozent, das Antennengewicht um 60 Prozent auf 38 Kilogramm.
Ericsson zeigt, wie "virtuelles Prototyping" basierend auf einem digitalen Zwilling helfen kann. Durch virtuelle Zwillinge (eine Software-Simulation) von neuen Antennen kann schon vor dem Aufbau probiert und geprüft werden, wie sich die Antennen im echten Netz später verhalten und welche Abdeckung sie liefern werden.
KI "weiß", wann Baugruppen ausfallen werden
Ericsson zeigt seinen Kunden, wie KI-Algorithmen den Betrieb eines Mobilfunkstandorts optimieren können. Die KI "Lexicon" sammelt Erfahrungen von Ericsson-Experten weltweit, um Unregelmäßigkeiten im Netz zu finden und Probleme wie fehlerhafte Komponenten schon im Voraus zu finden, bevor sie wirklich kaputtgehen. Damit können Mobilfunknetzbetreiber deutlich Kosten bei der Instandhaltung der Netze sparen.
6G-Zukunft: Null Energie Geräte
Die Forschung zu 6G erläutert Magnus Frodigh, Forschungs-Chef bei Ericsson, und auch bei 6G spielen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit eine große Rolle. Im Jahre 2030 sollen die ersten 6G-Netze für Kunden in Betrieb sein. Wesentliche Elemente sind noch mehr Nutzer pro Fläche (zehn Millionen Nutzer pro Quadratkilometer), noch höhere Datenraten (mehrere Gigabit/s) und noch schnellere Datenverarbeitung (kürzere Latenz) gekoppelt mit mehr Datenschutz und mehr Sicherheit.
Jan-Peter Meyer-Kahlen, Chef des Development Center Eurolab Aachen, betont, dass Energieeffizienz nicht nur bei 5G, sondern auch bei 6G eine große Rolle spielen wird. Ericsson hat sich dazu mit der renommierten US-Universität MIT (Massachusetts Institute of Technology) zusammengetan, um herauszufinden, wie sogenannte "Null-Energie-Geräte" der Zukunft die Energie ihrer Umgebung nutzen können. Ein sehr spannender Ansatz, der derzeit aber noch Zukunftsmusik ist.
5G-Pioniere gesucht
Neben Magnus Frodigh war auch Niels König vom Fraunhofer IPT vor Ort. König ist wie Professor Dr. Frank Fitzek Mitglied des Ericsson-Programms "5G Trailblazers", das in Deutschland gestartet wurde. Dabei werden Pioniere im Bereich der 5G-Technologie vorgestellt, die neue Ideen zu Einsatzgebieten und Anwendungsfälle für 5G liefern sollen.
Geschichte von Ericsson
Magnus Frodigh, Forschungs-Chef von Ericsson, stellte 6G vor
Foto: Ericsson
Das Unternehmen Ericsson wurde 1876 von Lars Magnus Ericsson (1846-1926), als Hersteller von Telefonapparaten und der notwendigen Technik dahinter, gegründet. GSM-Veteranen schwärmen heute noch von sehr robusten, aber nicht unbedingt besonders hübschen GSM-Mobiltelefonen von Ericsson (GH-Serie), die in den 1990er Jahren auf den Markt kamen. Später tat sich Ericsson mit dem Hersteller Sony zusammen, um dann doch aus dem Endgeräte-Markt auszusteigen.
Heute sieht sich Ericsson als "Weltmarktführer" auf dem Gebiet der Kommunikationstechnologie und -dienstleistungen. Seine Firmenzentrale ist seit Gründung in Stockholm, Schweden. Das Kerngeschäft liegt heute im Ausrüsten von Mobilfunknetzen, bei Cloud-Systemen, sowie drahtlose Funklösungen für Unternehmen (z.B. Campus-Netze) und neue Geschäftsfelder. Ericsson beschäftigt weltweit rund 101.000 Mitarbeiter und ist in 180 Ländern aktiv. 2021 erwirtschaftete Ericsson einen Nettoumsatz von umgerechnet 21,2 Milliarden Euro. In Deutschland beschäftigt Ericsson rund 2.700 Mitarbeiter an 12 Standorten - alleine rund 1000 Mitarbeiter im Bereich Forschung und Entwicklung, Hauptsitz ist Düsseldorf.
Ericsson-Technik ist weltweit in 130 5G-Livenetze verbaut und beliefert in Deutschland beispielsweise die Deutsche Telekom und Vodafone, in der Schweiz den ältesten Mobilfunkanbieter der Welt, die Swisscom.
Auch das Unternehmen des einstigen Erfinders der drahtlosen Funkübertragung Guglielmo Marconi gehört seit 2006 zu Ericsson und gilt als Spezialist für Richtfunkübertragungen. Seit 2019 gehören Kathrein-Antennen ebenfalls zu Ericsson.
Schon im Sommer wurde bekannt, dass die Konzerne Thales und Qualcomm gemeinsam mit Ericsson die 5G-Technik ins All bringen wollen.