6G: Ericsson und MIT erforschen Null-Energie-Hardware
Eine Welt, in der Akkus nicht mehr aufgeladen oder ausgetauscht werden müssen - klingt fast zu schön, um wahr zu sein? Nein, sagt der Netzwerkausrüster Ericsson, "das ist kein bloßer Wunschtraum, sondern bereits konkreter Gegenstand aktueller Forschung und Entwicklung".
Ericsson und das MIT Research Laboratory of Electronics (RLE) forschen gemeinsam am Aufbau einer neuen Netzstruktur, die völlig neue Anwendungen im 5G- und 6G-Netz möglich machen könnte. Ein Schwerpunkt der Forschung widmet sich den Mobilfunknetzen, die sehr viele Sensoren und andere kleine Geräte um uns herum verbinden sollen. Ericsson und MIT wollen mit ihrer Forschung herausfinden, wie diese Geräte Energie aus Funksignalen und anderen Quellen gewinnen können und durch "modernste" Netze gesteuert werden.
4G/5G-Sensoren brauchen (zu viel) Strom
Aktuell wird über kleine Geräte in den kommerziellen 4G- und 5G-Netzen gesprochen, etwa beim massiven Einsatz der Stromzähler-Fernauslesung. Doch dort muss permanent die Batterie gewechselt oder der Akku aufgeladen werden. Zudem ist die Batterielebensdauer von den jeweiligen Sende- und Empfangszyklen abhängig und verringert sich erheblich, wenn ein NarrowBand-Internet-of-Things- bzw. LTE-für-Maschinen-(NB-IoT/LTE-M)-Gerät konstant Daten sendet oder empfängt.
Die Ära der Null-Energie-Geräte - neue Chance im 6G-Netz der Zukunft?
Genau hinschauen: Zwischen Ast und Raupe ist ein Null-Energie 6G-Sensor
Foto: Ericsson
In der Ära der "Null-Energie-Geräte" könnten diese Herausforderung gelöst werden. Denn diese Anwendungen gewinnen die erforderliche Energie aus der Umgebung - aus Vibrationen, Licht, Temperaturunterschieden und sogar aus den Hochfrequenzwellen selbst und wären damit unabhängig vom Batteriebetrieb.
Das Modell könnte beispielsweise bei der Nachverfolgung von Paketen in einem Lagerhaus Anwendung finden. Kostengünstige, energiefreie Geräte, die möglicherweise unmittelbar auf die Kartons ausgedruckt sind, werden so überwacht und liefern Informationen, beispielsweise über die Temperatur oder Luftfeuchtigkeit innerhalb des Kartons. Möglichkeiten, die ein passiver Strichcode nicht bieten kann. Miniaturisierte, kostengünstige und energiesparende Null-Energie-Geräte könnten auch grundsätzlich in der Umweltüberwachung zum Einsatz kommen, um Faktoren wie Umweltverschmutzung, das Wetter oder sogar auch das Auftreten von Krankheiten zu überwachen.
Die neue Endgeräte-Generation bringt Potenzial für den Einzelhandel. Beim Betrachten und Berühren einer bestimmten Ware durch den Kunden könnten eingebettete Null-Energie-Geräte das Interesse registrieren und über die vernetzten Bildschirmen im Laden weitere Optionen für ähnliche Waren oder Accessoires zeigen.
Herausforderungen: Von Energiegewinnung bis zu Sicherheitssystemen
Bevor die Vision der Null-Energie-Geräte Wirklichkeit werden kann, muss noch einiges erforscht werden. Wie sieht die Energiegewinnung konkret aus und wie kommunizieren diese Geräte und wie sieht das System bei einer sehr große Anzahl von Geräten aus? Ericsson ist Netzwerkausrüster und hat früher auch Mobiltelefone entwickelt und hergestellt. MIT steht für Massachussetts Institute of Technology, eine Elite-Universität für Technologie in den USA. Beide Partner bringen ihr kombiniertes Fachwissen im Bereich der Kommunikationssysteme und des "Energy Harvesting" (Energiegewinnung) ein, um diese Herausforderungen zu bewältigen.
Null-Energie-Geräte verbrauchen zwar auch Energie, aber ihre Energieversorgung ist durch bestimmte Voraussetzungen extrem begrenzt. So ist die Energie, die aus Miniaturquellen, einschließlich thermischer, vibratorischer und photovoltaischer Quellen, gewonnen werden kann, in der Regel sehr gering. Daher müssen Null-Energie-Geräte Energie speichern. Zudem benötigen die elektronischen Schaltkreise in einem Null-Energie-Gerät eine Mindesteingangsspannung. Diese ist in der Regel um viele Größenordnungen höher als die Spannung am Ausgang der Antenne. Diese Eingangsspannung effizient in Werte umzuwandeln, mit denen die Elektronik betrieben werden kann, stellt eine weitere Herausforderung dar.
Aus der begrenzten Energieversorgung der Null-Energie-Geräte ergibt sich eine Obergrenze für die zu übertragende Datenmenge. Die wird in vielen Fällen - auch in Abhängigkeit von der Entfernung und den Funkbedingungen - lediglich ein paar Bytes betragen.
Ein - Aus - Ein - Aus
Der Betrieb im Duty-Cycle-Verfahren (Gerät ist nicht immer an, sondern nur eine gewisse, kurze Zeit) stellt eine energiesparende Lösung dar, bringt dann aber schwankende Verfügbarkeit für die Kommunikation mit sich. Die strengen Vorgaben für den Stromverbrauch sowie die schwankende Verfügbarkeit von Null-Energie-Geräten stellt die Mobilfunktechnologie vor neue Aufgaben und Überlegungen, weil "allways on" nicht mehr möglich ist.
Die Mobilität muss also komplett neu überdacht werden. Der derzeitige Ansatz, bei dem die Geräte fortwährend nach Funkzellen suchen und die erfolgten Messungen an das Netz melden, das schließlich daraus entscheidet, ob ein Handover durchgeführt wird oder nicht, ist für nur die heutigen zellularen Systeme geeignet.
Die sehr kleine Energiequelle in einem Null-Energie-Gerät würde dies schnell erschöpfen. Erforderlich sind also neue und wesentlich Energie-effizientere Methoden. In anderen Szenarien, z. B. in einem Lager, in dem die Kisten (und Geräte) hauptsächlich stillstehen, ist die Handhabung der Mobilität weniger problematisch.
Auch Fragen der Sicherheit sollen erforscht werden. Die Sicherheit in modernen Mobilfunknetzen wird durch Authentifizierung und Verschlüsselung gewährleistet. Der Energiebedarf für die Verschlüsselung wäre mit der "Ernteleistung" im mW-Bereich nicht zu bewältigen. Also: Es braucht neue, energieeffizientere Sicherheitsmechanismen.
Ericsson und MIT arbeiten gemeinsam daran, die Herausforderungen im Bereich der Null-Energie-Geräte zu lösen und weiterzuentwickeln. Sie wollen zeigen, wie sie in die Mobilfunknetze der Zukunft integriert werden können - und damit für maßgebliche Veränderungen in der Industrie sorgen könnten.
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