6G rückt näher: Günstiger Empfänger entwickelt
Schematische Zeichnung eines 6G-Mobilfunknetzes. An allen Straßenlaternen sind Mini-Sender, die über Terahertz (grün) versorgt und über niedrigere Frequenzen (orange) die Nutzer versorgen.
Grafik: KIT Karlsruhe
Während einige Netzbetreiber bereits dabei sind, 5G tief in der Provinz auszurollen, diskutieren andere Anbieter noch über die Notwendigkeit einer 2G-Grundversorgung oder haben mit 5G noch gar nicht wirklich angefangen. Die Forschung kümmert sich längst um 6G, den Nachfolger von 5G und das nächste "Mobilfunknetz der Zukunft".
Sehr kleine Funkzellen
Schematische Zeichnung eines 6G-Mobilfunknetzes. An allen Straßenlaternen sind Mini-Sender, die über Terahertz (grün) versorgt und über niedrigere Frequenzen (orange) die Nutzer versorgen.
Grafik: KIT Karlsruhe
6G wird extrem kleine Funkzellen („Radio cell“) erlauben (im Bild mit orangen Wellen), die über Terahertz-Funkverbindungen (im Bild grün) miteinander verknüpft sind. Zur Erinnerung: 1 THz = 1000 GHz. Derzeit reicht der Frequenzbereich bei 5G bis 3,8 GHz hinauf, in der Diskussion ist eine Erweiterung bis 7 GHz und später auch 26 oder 60 GHz. Für 6G hat man sich den Bereich bei 300 GHz ausgesucht.
Sendefrequenz: 300 GHz
Um die vielen kleinen Funkzellen der Zukunft drahtlos zu verbinden, bieten sich Frequenzen im Terahertz-Bereich (THz) an. Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben ein neues Konzept für einfache und kostengünstige Terahertz-Empfänger entwickelt, die aus einer einzigen Diode bestehen und diese mit einem speziellen Signalverarbeitungsverfahren kombinieren.
Damit lässt sich im Experiment eine Datenübertragungsrate von 115 GBit/s auf einer Trägerfrequenz von 0,3 THz (= 300 GHz) über eine Entfernung von 110 Metern erreichen. Das berichtet das Team in der Zeitschrift Nature Photonics (in Englisch, Paywall).
Nochmal höhere Datenraten
Die sechste Generation (6G) des Mobilfunks verspricht noch deutlich höhere Datenübertragungsraten, noch kürzere Verzögerungszeiten und eine noch größere Dichte an Endgeräten. Zudem soll sie Künstliche Intelligenz (KI, engl. AI) integrieren, um beispielsweise Geräte im Internet der Dinge (IoT) oder autonome Fahrzeuge zu koordinieren. „Um möglichst viele Nutzer gleichzeitig zu bedienen und dabei möglichst große Datenmengen möglichst schnell zu übertragen, müssen die drahtlosen Netze der Zukunft aus zahlreichen kleinen Funkzellen bestehen“, erklärt Professor Christian Koos, der am KIT gemeinsam mit seinem Kollegen Professor Sebastian Randel an Technologien für 6G forscht.
Kurze Wege
In diesen Funkzellen sind die Wege kurz, sodass sich große Datenraten mit minimalem Energieaufwand und geringer elektromagnetischer Immission übertragen lassen. Sie benötigen nur winzig kleine Basisstationen, die sich beispielsweise an Straßenlaternen anbringen lassen.
Zur Anbindung der einzelnen Zellen bedarf es leistungsfähiger Funkstrecken, auf denen sich Dutzende oder gar Hunderte von Gigabits pro Sekunde (GBit/s) auf einem Kanal übertragen lassen. Dazu bieten sich Frequenzen im Terahertz-Bereich an, die im elektromagnetischen Spektrum zwischen den Mikrowellen und der Infrarotstrahlung liegen.
Allerdings sind die entsprechenden Empfänger noch vergleichsweise komplex und dementsprechend teuer. Damit bilden sie häufig den Engpass für die erreichbare Bandbreite. Forschende am Institut für Photonik und Quantenelektronik (IPQ), am Institut für Mikrostrukturtechnik (IMT) sowie am Institut für Beschleunigerphysik und Technologie (IBPT) des KIT haben nun gemeinsam mit dem Diodenhersteller Virginia Diodes (VDI) in Charlottesville/USA einen besonders einfachen und kostengünstig herzustellenden Empfänger für Terahertz-Signale entworfen und in der Zeitschrift vorgestellt.
Bislang höchste Datenrate im THz-Funk: Mehr als 100 Meter
„Als Empfänger dient eine einzige Diode, mit der das Terahertz-Signal zunächst einmal gleichgerichtet wird“, erklärt Dr. Tobias Harter, der den Empfänger gemeinsam mit seinem Kollegen Christoph Füllner im Rahmen seiner Dissertation aufgebaut hat. Dabei handelt es sich um eine sogenannte "Schottky-Diode", die sich durch hohe Geschwindigkeit auszeichnet. Sie fungiert als Hüllkurvendetektor und gewinnt die Amplitude der Terahertz-Signale zurück. (Diese Technik wurde im Prinzip schon in den allerersten Mittelwellen-Selbstbau-Empfängern verwendet.)
Viel Mathematik notwendig
Allerdings wird zur korrekten Dekodierung des Datensignals zusätzlich noch die zeitlich veränderliche Phase der Terahertz-Welle benötigt, die beim Gleichrichten üblicherweise verloren geht. Um dieses Problem zu lösen, nutzen die Forscher digitale Signalverarbeitungsverfahren in Kombination mit einer speziellen Klasse an Datensignalen, bei denen sich die Phase mithilfe der sogenannten "Kramers-Kronig-Relationen" aus der Amplitude rekonstruieren lässt. Bei der Kramers-Kronig-Relation handelt es sich um eine mathematische Beziehung zwischen dem Real- und dem Imaginärteil eines analytischen Signals.
115 GBit/s erreicht
Mit dem neuen Empfänger erreichten die Wissenschaftler eine Datenübertragungsrate von 115 GBit/s auf einer Trägerfrequenz von 0,3 THz über eine Entfernung von 110 Metern. „Dies ist die höchste Datenrate, die bis jetzt mit drahtloser Terahertz-Übertragung über mehr als 100 Meter demonstriert wurde“, erläutert Füllner. Der am KIT entwickelte Terahertz-Empfänger zeichne sich durch seinen einfachen Aufbau aus und biete sich für eine kostengünstige Herstellung in großen Stückzahlen an.
Wer ist KIT?
Nein, das ist nicht das sprechende Auto aus der TV-Serie mit David Hasselhof. "KIT" steht für Karlsruher Zentrum für Informationstechnologie, eine "Exzellenz"-Universität und ein „Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“. Sie möchte das erworbene Wissen der Gesellschaft übermitteln. Großes Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten.
In Karlsruhe forschen rund 9300 Mitarbeiter auf einer in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften. 24 400 Personen absolvieren dort ein forschungsorientiertes, universitäres Studium.