Weiterentwicklung

Dubai: Huawei stellt 5.5G-Komplettlösungen vor

Beim Mobile Broad­band Forum 2023 in Dubai stellte Huawei seine ersten 5.5G-Komplett­lösungen vor. Sie sollen Daten schneller über­tragen und zugleich weniger Strom brau­chen.
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Beim Mobile Broad­band Forum 2023 (MBBF 2023) in Dubai (Verei­nigte Arabi­sche Emirate) stellte Cao Ming, Chef der Funk­abtei­lung ("Wire­less Solu­tion") bei Huawei, die ersten soge­nannten 5.5G-Komplett­lösungen der Branche vor. Mit ihnen will Huawei den Netz­betrei­bern helfen, das "Zehn­fache eines voll­stän­digen Szena­rios" bereit­zustellen und eine extrem hohe Energie-, Betriebs- und Wartungs­effi­zienz zu ermög­lichen.

5G hat sich viel schneller entwi­ckelt

Cao Ming, President of Wireless Solution bei Huawei, stellte beim MBBF die 5.5G Technologie vor Cao Ming, President of Wireless Solution bei Huawei, stellte beim MBBF die 5.5G Technologie vor
Foto: Huawei Networks
Die 5G-Tech­nologie befindet sich seit über vier Jahren welt­weit im kommer­ziellen Ausbau und habe sich viel schneller als frühere Mobil­funk­tech­nolo­gien entwi­ckelt. Die jetzt vorge­stellten "Voll­seri­enlö­sungen" sollen Mobil­funk­betrei­bern helfen, 5.5G-Netz­werke noch effi­zienter aufzu­bauen.

Was ist neu an 5.5G?

Je nach Über­tra­gungs­phi­loso­phie und tech­nischen Möglich­keiten (Verfüg­bar­keit von Frequenzen) wird TDD (Time Divi­sion Duplex, eine Art PingPong, mal sendet der eine, dann der andere) oder FDD (getrennte Frequenzen für Senden und Empfangen) verwendet.

Bei der TDD-Multi­band-Multi­kanal-ELAA (= Extre­mely Large Antenna Array) für Über­tra­gungs­raten von 10 GBit/s werden extrem große Anten­nen­gruppen verwendet, um damit in kommer­ziellen 5G-Mobil­funk­netzen die TDD-Abde­ckung (TDD bedeutet Time Divi­sion Duplex) und die Ener­gie­effi­zienz (weniger Strom­ver­brauch bei glei­cher oder höherer Leis­tung) spürbar zu stei­gern.

Mit dem Über­gang zu 5.5G werde ELAA weiter verbes­sert, betont man bei Huawei. Basie­rend auf der neuen ELAA wurde die "bran­chen­weit erste" 128T-MetaAAU (AAU = Aktive Anten­nen­ein­heit) vorge­stellt, die über 500 Anten­nen­ele­mente inte­griert, mit mehr­dimen­sio­nalen, hoch­auf­lösenden Abstrahl­algo­rithmen (Beam­forming) arbeitet, um die Leis­tungs­fähig­keit um 50 Prozent zu verbes­sern.

Durch das ELAA-Upgrade kann die Dual-Band-64T-MetaAAU mit konver­genten Dual-Band-Elementen arbeiten, um die gemein­same Funk­ver­sor­gung (Co-Coverage) in Kombi­nation von hohen und nied­rigen Frequenzen zu ermög­lichen und zusammen mit Multi-Carrier-Lösungen Über­tra­gungs­raten von 5 bis 10 GBit/s zu bieten.

Beam­forming macht es effi­zienter

Alter­nativ kann FDD verwendet werden, was für Frequency Divi­sion Duplex steht (Senden und Empfangen auf getrennten Frequenzen). Die Produkte FDD-Triple-Band-Massive-MIMO- und Triple-Band-8T-Module unter­stützen Band­breiten im GHz-Bereich und ermög­lichen 1,8+2,1+2,6 GHz (Band 3, 1 und 7) in einem Gehäuse. Sie können mit FDD-Beam­forming arbeiten, um die spek­trale und ener­geti­sche Effi­zienz von FDD erheb­lich zu verbes­sern.

Im Vergleich zu 4T4R (4mal Senden, 4mal Empfang) stei­gert FDD-Triple-Band Massive MIMO (Multi Input Multi Output) die Kapa­zität nach Angaben von Huawei um das Zehn­fache und die Abde­ckung um 10 dB. FDD-Triple-Band 8T8R könne die spek­trale Effi­zienz um das Drei­fache verbes­sern und die Abde­ckung um 7 dB, wenn mit echtem Breit­band und dyna­mischer Leis­tungs­auf­tei­lung gear­beitet werde.

Die Zukunft liegt in höchsten Frequenzen

mmWave AAU (Aktiv-Antennen auf Frequenzen ober­halb von 6 GHz) können mit dem größten Antennen-Array für eine konti­nuier­liche 10 GBit/s-Abde­ckung arbeiten: Das von Huawei vorge­stellte mmWave-AAU verfügt über mehr als 2000 Anten­nen­ele­mente, um die Einschrän­kungen von mmWave bei der gemein­samen Abde­ckung von hohen und nied­rigen Frequenzen ("Co-Site-Coverage") mit dem C-Band (3 bis 6 GHz) zu über­winden.

Durch die Koor­dina­tion zwischen hohen und nied­rigen Frequenzen können mmWave-Netz­werke einen Spit­zen­durch­satz von 10 GBit/s und einen Durch­schnitts­wert von 5 GBit/s errei­chen. Diese AAU (Active Antenna Unit) unter­stützt auch ein intel­ligentes Beam­forming-Manage­ment, das die Einschrän­kungen von mmWave bei hohen Geschwin­dig­keiten des Nutzers (z.B. im Zug oder im Auto auf der Auto­bahn) über­windet.

mmWave hier­zulande noch wenig im Gebrauch

In Europa wird mmWave aktuell noch so gut wie nirgends kommer­ziell einge­setzt. Die Frequenzen (z.B. bei 26 GHz) sind bereits verfügbar, haben aber aufgrund der Physik sehr geringe Reich­weiten und würden unzählig viele kleine Antennen erfor­dern. Erste Expe­rimente gibt es beispiels­weise in Fußball­sta­dien.

Verbes­serung der Leis­tung und zugleich Energie sparen

Für Indoor- oder Campus-Anlagen gibt es jetzt die LampSite X-Serie. Sie inte­griert fünf Frequenz-Bänder und mmWave in einem Gehäuse, um die volle Band­breite über alle Bänder für alle Funk­zugangs­tech­nolo­gien zu unter­stützen. Darüber hinaus unter­stützt sie den "Super Deep Dormance"-Modus, um den Strom­ver­brauch außer­halb der Spit­zen­zeiten auf nur 1 Watt zu redu­zieren. Wie der Name ("Schlaf­modus" von lat. dormire = schlafen) schon sagt, werden Teile der Anlage "schlafen" gelegt, um im Bedarfs­fall kurz­fristig geweckt zu werden.

Diese Lamp­site sind auch für Tief­garagen und ähnliche Orte gedacht, wo eine komplette Funk­abde­ckung gebraucht wird. Das Multi-Band LightSite-Modul mit mitt­lerer Leis­tung von Huawei könne eine um 35 Prozent bessere "Benut­zer­erfah­rung" und nied­rigere TCO (Betriebs­kosten) als herkömm­liche DAS-Lösungen (DAS = verteilte Anten­nen­sys­teme) gewähr­leisten, erklärte Huawei dazu.

Die LampSite X-Produkt­serie ist mit einem Volumen von nur einem Liter (1000 cm3) und einem Gewicht von 1 kg die kleinste und leich­teste in der Branche und ermög­licht einen flexi­blen und einfa­chen Einsatz in jedem Szenario. Wie der Name schon sagt, sehen diese Mini-Aktiv­antennen wie eine indus­tri­elle Decken­leuchte aus.

Trotz ihrer geringen Größe biete die LampSite X-Box eine große Leis­tung, betont man bei Huawei. Eine einzige Box könne alle Bänder, alle Funk­zugangs­tech­nolo­gien (RATs) und das gesamte Breit­band unter­stützen und würde so den Netz­betrei­bern erlauben, "ultra­hohe Leis­tung", "ultra-diverse Fähig­keiten" und "ultra-nied­rigen Ener­gie­ver­brauch" zu errei­chen.

LampSite X von Huawei sei das einzige Produkt in der Branche, das mmWave und Sub-6-GHz kombi­niert, um einen Spit­zen­durch­satz von über 10 GBit/s zu errei­chen, und das erste, das 5,5G mit 10 GBit/s in Innen­räume bringt. Das Produkt nutzt die "Distri­buted Massive MIMO-Tech­nologie" von Huawei, um überall ein 10-GBit/s-Einzel­benutzer-Erlebnis zu errei­chen und ein 10-GBit/s-Mehr­benutzer-Erlebnis für alle zu bieten.

Grüne Antennen

Darüber hinaus erleich­tern fort­lau­fende Antennen- und Mikro­wel­len­inno­vationen einen effi­zienten 5.5G-Aufbau. "Grüne" Antennen beispiels­weise nutzen die Direkt­ein­spei­sung (SDIF), um die Anten­nen­archi­tektur und Strah­lungs­energie für eine 25 Prozent höhere Ener­gie­effi­zienz zu bündeln. Das "iHashBand2.0 Spek­trum-Pooling" sorgt für eine opti­male 5.5G-Spek­tral­effi­zienz.

Serving Cell (MB-SC) ermög­licht die flexible Kombi­nation von diskon­tinu­ier­lichem Spek­trum für virtu­elle große Band­breiten, wodurch 10 GBit/s möglich sind und gleich­zeitig eine 40 Prozent höhere spek­trale Effi­zienz erreicht wird.

Flexible Spec­trum Access (FSA) unter­stützt den flexi­blen Zugriff auf das gesamte Uplink-Band, wodurch der Uplink mit einer um 40 Prozent höheren spek­tralen Effi­zienz auf GBit/s gebracht wird.

Wer noch tiefer in diese Technik einsteigen möchte, kann dies auf den Webseiten von Huawei (englisch) tun.

0 Bit - 0 Watt

Die Geräte der gesamten 5.5G-Komplett­lösung-Serie unter­stützen die „0 Bit 0 Watt“-Stra­tegie und seien damit die ersten in der Branche, die eine extreme Abschalt­tiefe von 99 Prozent, ein schnelles Aufwa­chen bei Bedarf und eine Abschal­tung im Milli­sekun­den­bereich sowohl auf der Träger- als auch auf der Kanal­ebene unter­stützen.

Mit der Lösung "iPowerStar" können stand­ort­spe­zifi­sche Ener­gie­spar­richt­linien auf der Grund­lage von Verkehrs­trends zu verschie­denen Tages­zeiten imple­men­tiert werden, was dazu beiträgt, „0 Bit 0 Watt“ auf Netz­ebene zu reali­sieren.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Selbst wenn einem beim Lesen dieser "Buzz­words" leicht schwin­delig wird: Die zukünf­tige Technik muss mehr Daten­kapa­zität (Geschwin­dig­keit) bieten und dennoch weniger Strom verbrau­chen. Das wird durch allerlei raffi­nierte Technik erzielt, beispiels­weise, dass nicht benö­tigte Sende und Baugruppen "schlafen" gelegt werden und dabei nur noch 1 Prozent ihres "normalen" Strom­ver­brauchs benö­tigen. Kommt ein Nutzer in die Zelle, muss das System sofort wieder anspringen.

Der stei­gende Daten­hunger wird künftig dazu führen, dass neue Frequenz­bänder für Mobil­funk geöffnet werden. Im "unteren" Bereich funken Radio und Fern­sehen, sowie andere Anwender, also heißt die Lösung höhere und höchste Frequenzen. Das wiederum bedeutet sehr viele und neue Antennen.

Huawei zeigt die aktu­ellen tech­nischen Möglich­keiten und möchte sich am liebsten aus der Welt-Politik komplett heraus­halten. Doch die Sache ist kompli­zierter. In der Politik sitzen zumeist Juristen, die von Technik wenig bis gar keine Ahnung haben und gegen­über den Tech­nikern und Anwen­dern aller­höchstes Miss­trauen hegen oder klare Forde­rungen stellen, über alles, was die Menschen damit anstellen, denken und fühlen könnten, infor­miert zu sein.

Eine freie Gesell­schaft muss möglichst gut infor­miert sein, wie die Technik funk­tio­niert, was man damit machen kann und was man besser sein lässt. Der Trend ist aber heute, sich einzu­igeln und möglichst nichts mehr zu ändern.

Die große Aufgabe lautet nun, die zuneh­mende Aufspal­tung der Welt zu über­winden und dabei bestimmte allge­mein gültige Grund­regeln zu etablieren.

Der Versuch, China von west­licher Tech­nologie durch Handels­schranken aller Art, abzu­kop­peln, wird dabei nicht helfen. Im Gegen­teil: Das beschleu­nigt nur die eigene Entwick­lung, wie man beim 5G-fähigen Mate 60 von Huawei bereits gesehen hat.

Ein Patent von Huawei würde es erlauben, Bakte­rien mit der Handy­kamera aufzu­spüren.

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