Die Lösung?

Breitband auf dem Land: Das bringt die digitale Dividende

"Funk-Internet" könnte schon 2010 viele "weiße Flecken" schließen
Von Marc Kessler

Doch bei all den positiven Aussichten für bislang breitbandlose Gebiete: Noch immer gibt es zahlreiche Streitpunkte rund um die Nutzung der digitalen Dividende. So weist der Verband der Kabelnetzbetreiber ANGA schon seit längerem geradezu gebetsmühlenartig auf mögliche Störungen des Kabelfernsehens hin, wenn Einstrahlungen durch UMTS oder LTE erfolgten. Hierzu hat der Verband eine Studie präsentiert, die er zusammen mit dem Institut für Rundfunktechnik (IRT [Link entfernt] ) in München durchgeführt hat. Die ANGA fordert daher, "vor einer Zuteilung dieser Frequenzen Fernsehstörung Aus der ANGA-Studie:
Fernsehstörung durch LTE-Einstrahlung
Foto: ANGA / IRT
für mobiles Internet die Auswirkungen auf die drahtgebundene Rundfunkverbreitung umfassend zu prüfen und Szenarien für eine verträgliche Nutzung zu entwickeln". Die Bundesnetzagentur hingegen tritt diesen Befürchtungen entgegen: Technisch seien mögliche Probleme lösbar und vor allem kein Argument gegen die Nutzung der digitalen Dividende. "Wir müssen die Probleme analysieren und werden technische Lösungen anstoßen", so BNetzA-Abteilungsleiter Hahn.

Für die künftigen Frequenz-Nutzer gibt es Risiken

Ebenso gibt es aktuell Streit um die Nutzung drahtloser Mikrofone, die zum Beispiel bei Konzerten oder beim Fernsehen eingesetzt werden. Sie senden ebenfalls im Frequenzband 790 bis 862 Megahertz. Die Umrüstung der in Deutschland betroffenen 630 000 Mikrofone würde weit mehr als 1 Milliarde Euro kosten, rechnet der Verband für professionelle drahtlose Produktionstechnologie (APWPT) vor. Diese Kosten will die Bundesregierung unter Umständen auf die künftigen Nutzer der Frequenzen umlegen. So heißt es in der zweiten Verordnung zur Änderung der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung, die der Bundesrat eigentlich bereits gestern verabschieden wollte: "Es wird geprüft, inwieweit diese Umstellungskosten angemessen im Rahmen der Neuvergabe unter anderem durch die künftigen Frequenznutzer zu tragen sind." Wie genau diese Kosten umgelegt werden sollen, ist momentan aber noch völlig unklar.

Immerhin gibt es bereits eine mögliche Lösung für die drahtlosen Mikrofone: Geprüft wird eine Migration in den Frequenzbereich zwischen 1400 und 1500 MHz innerhalb des sogenannten Rundfunk-L-Bandes.

Airdata kämpft um 2,6-GHz-Frequenzen

Zu guter Letzt macht derzeit das Unternehmen Airdata von sich reden. Hier ist der Fall ein wenig kompliziert: Logo Airdata Airdata hatte eine Lizenz der Bundesnetzagentur zur Nutzung von Frequenzen im 2,6-GHz-Band bis Ende 2007. Diese Frequenzen sollen nun zusammen mit weiteren Ergänzungsfrequenzen bei 1,8 und 2 GHz sowie denen der digitalen Dividende (790 bis 862 MHz) Ende des Jahres durch die BNetzA bundesweit versteigert werden. Die Ergänzungsfrequenzen bei 1,8 GHz, 2 GHz sowie 2,6 GHz sollen dabei - neben denen für die Fläche besonders geeigneten, tiefen Frequenzen der digitalen Dividende - für lokal höhere Bandbreitenkapazitäten sorgen.

Airdata hatte schon 2005 eine Verlängerung der Lizenz beantragt, diese war von der BNetzA jedoch abgelehnt worden. Aktuell befindet sich der Rechtsstreit vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Nach Ansicht von Airdata besteht für den künftigen Nutzer der Frequenzpakete das Risiko, dass das gesamte Vergabeverfahren rückabgewickelt werden könne. Airdata-Chef Christian Irmler erwartet, dass kein Netzbetreiber Frequenzen mit dem Makel eines schwebenden Rechtsstreits ersteigern und teure Infrastruktur aufbauen werde.

Fazit: Ein Schritt nach vorn

Die Nutzung der digitalen Dividende könnte vielen Nutzern ohne Breitbandzugang - vor allem, wenn sie auf dem Land wohnen - in absehbarer Zeit eine Breitband-Anbindung mit mehreren Megabit pro Sekunde bringen. Ob tatsächlich die von Vodafone-CEO Joussen versprochenen 5 MBit/s erreicht werden können, dürfte bisherigen Schmalband-Surfern ziemlich egal sein. Fest steht jedenfalls - trotz etwaiger technischer oder juristischer Rest-Risiken -, dass die Nutzung der digitalen Dividende kommen wird, allenfalls das endgültige Startdatum könnte sich noch etwas nach hinten verschieben.

Klar sein muss aber auch, dass sich selbst durch die kostengünstige Nutzung der digitalen Dividende (große Abdeckung mit weniger Sendemasten) eine breitbandige Anbindung per Funk nicht für jeden Einzelort lohnen wird - zum Beispiel dann, wenn für einen kleinen Ort mit wenigen hundert Einwohnern eine eigene Sendeeinheit errichtet beziehungsweise ein vorhandener Mast aufgerüstet werden müsste. Das ist auch der Bundesnetzagentur bewusst: "Man muss die Kirche im Dorf lassen. Auf jeden Fall ist es ein erheblicher Fortschritt im Vergleich zum Status quo", so Präsident Matthias Kurth gegenüber teltarif.de.

"Es wird für Deutschland nicht eine einheitliche Infrastruktur geben", sagt Kurth - und hat damit wohl auch Recht. Der Mix verschiedener Technologien - vom klassischen DSL über zum Beispiel Kabel-Internet und Mobilfunklösungen (z.B. UMTS) bis hin zu Breitband via Satellit oder WiMAX - bringt schon jetzt zahlreiche Alternativen, von denen mancher DSL-lose bereits profitieren konnte. Die digitale Dividende wird dieses Portfolio um einen weiteren Zugangsweg per Mobilfunk-Technologie bereichern. Und wenn die Ausbauverpflichtung der Bundesnetzagentur so wie beschrieben kommt, werden diesmal die ländlichen Räume als allererste von einer technischen Innovation profitieren.

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