DVB-T

Frequenz-Auktion: Fernsehanbieter kritisieren Digitale Dividende II

Fernsehanbieter wollen langfristiges Bekenntnis der Politik zu DVB-T
Von / Susanne Kirchhoff

Deutsche Fernsehanbieter kritisieren Digitale Dividende II Kritik an Digitaler Dividende II
Bild: Botie - Fotolia.com, ARD, ZDF, ProSieben.Sat.1 Media / Montage: teltarif.de
"Die Bundesregierung gibt DVB-T auf": Mit solchen oder ähnlichen Schlagzeilen reagierten einige Gazetten und Online-Medien auf die Ankündigung der Bundesnetzagentur, weitere bislang noch vom digital-terrestrischen Fernsehen genutzte Funkkanäle für die Nutzung im Mobilfunk versteigern zu wollen. Auch wenn es lediglich um ein weiteres Frequenzspektrum geht (das so genannte 700 MHz-Band) und dem digitalen Fernsehen noch Frequenzen im unteren Spektrum des UHF-Bandes verblieben, so wären die Pläne dennoch ein weiterer Einschnitt für den Rundfunk.

Ist es tatsächlich so, dass die Bundesorgane aus angeblicher Geldgier weitere Rundfunk-Frequenzen opfern wollen? Immerhin hatte die Versteigerung des bis dato ebenfalls von DVB-T genutzten 800 MHz-Bereiches (Digitale Dividende) im Mai 2010 immerhin rund 4,4 Milliarden Euro in die Staatskasse gespült.

ARD: Rundfunk und Internet sind keine Gegensätze

Deutsche Fernsehanbieter kritisieren Digitale Dividende II Kritik an Digitaler Dividende II
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Die Fernsehanbieter reagierten naturgemäß mit großer Verärgerung auf die Pläne. Die ARD unterstütze zwar das Ziel der Bundesregierung für eine flächendeckende Internetversorgung in Deutschland. Gleichzeitig dürfe aber der terrestrische Weg über DVB-T nicht geschwächt werden, sagte der Vorsitzende der Produktions- und Technikkommission von ARD und ZDF, Dr. Michael Rombach: "Das Internet ist auch für Rundfunkinhalte ein zunehmend wichtiger Verbreitungsweg. Aber das Internet kann die Fernsehversorgung über DVB-T nicht ersetzen. Beide Verbreitungswege sind keine Gegensätze."

Die ARD will laut eigenem Bekunden den soeben begonnenen Dialog mit den Markt­teilnehmern aus Mobilfunk, Rundfunk und Infrastruktur fortsetzen. Nur so könnten gemeinsame Lösungen zur bestmöglichen Nutzung der knappen Frequenzen ausgelotet werden, so der Senderverbund. Vor diesem Hintergrund lehnt die ARD es kategorisch ab, dem Mobilfunk weitere Fernsehfrequenzen zuzuweisen, zumal das Bundes­wirtschafts­ministerium einen Bund-Länder-Arbeitskreis "Mobile Media 2020" ins Leben gerufen habe, der ein langfristiges Szenario für die Vergabe von Frequenzen entwickeln soll.

Rombach reagierte daher verärgert über den Vorstoß der BNetzA: "Die bisherigen Gespräche zwischen Vertretern des Rundfunks und des Mobilfunks zeigen, dass es ein gemeinsames Interesse gibt, langfristig in Deutschland ein System zur Rundfunk- und Mobilfunk­versorgung zu etablieren. Nur so können die Vorteile beider Welten wirtschaftlich und technisch sinnvoll vereint werden. Würden nun kurzfristig dem Rundfunk weitere Frequenzen entzogen, wäre der Weg zu einem konvergenten Rundfunk-Telekommunikations­system verbaut".

ProSiebenSat.1 fordert Bekenntnis der Politik zu DVB-T

Die private ProSiebenSat.1 Media AG will im Gegensatz zum Konkurrenten RTL zunächst an DVB-T festhalten und fordert die Politik zu einem klaren Bekenntnis zur terrestrischen Fernsehverbreitung: "Konkret erwarten wir eine klare Unterstützung seitens der Politik, die Frequenzthematik auf der kommenden Weltfunkkonferenz 2015 im Sinne des Rundfunks zu lösen", sagte Klaus Steffens, Leiter Technik Distribution bei der ProSiebenSat.1 Media AG, im Magazin "Digital Fernsehen".

Studie: Web-TV keine Alternative zu DVB-T

Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) wagte bereits vor einiger Zeit einen Vorstoß: Das Internet solle die digital-terrestrische Fernsehversorgung vollständig ersetzen. Jetzt hat eine Studie zum Vergleich von Web-TV und DVB-T die Medienanstalt etwas ausgebremst (pdf [Link entfernt] ).

Etwa 408 000 Berliner Haushalte nutzen derzeit DVB-T, für mehr als die Hälfte von diesen ist es der ausschließliche Fernsehempfangsweg. Von diesen DVB-T-Only-Haushalten verfügen jedoch 82 000, vor allem ältere Menschen oder sozialschwächere Familien, über keinen Breitbandanschluss, heißt es in der Studie von mediareports Prognos.

Auch auf technische Probleme weist die Studie hin: Selbst wenn diese Haushalte zu den 182 000 DVB-T-Only-Haushalten mit Breitbandanschluss hinzukämen, müsste das Berliner Breitbandnetz den zusätzlichen Datenverkehr für die WebTV-Streams tragen und es könnte zu Überlastungen kommen. Zudem seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwei Punkte problematisch: Über die Hälfte des aktuellen DVB-T-Programmangebots sei nicht als kostenloses Web-TV verfügbar und eine komfortable Lösung dafür, wie der Stream auf dem Fernsehgerät sichtbar wird, sei auch noch nicht gefunden worden.

Media Broadcast: ARD und ZDF wollen schnellen Umstieg auf DVB-T2

Könnte der schnelle Wechsel zum Nachfolgestandard DVB-T2 eine sicherere Zukunft für das terrestrische Fernsehen bedeuten? "ARD und ZDF setzen auf den DVB-T2-Umstieg - wir unterstützen das und würden lieber heute als morgen starten. Aber es bedarf eines gewissen Branchenkonsenses", erklärte Holger Meinzer, Leiter der Business Unit TV bei Media Broadcast, im Gespräch mit dem Multimedia-Ratgeber INFOSAT (Juli-Ausgabe). Dass die Zeit drängt - vor allem mit Blick auf einen drohenden Frequenzverlust nach der Weltfunkkonferenz 2015 - ist allen Beteiligten klar. "Wir fordern, dass keine voreiligen frequenzpolitischen Maßnahmen getroffen werden, die den terrestrischen Rundfunk angreifen oder seine Weiterentwicklung gefährden", betonte Michael Moskob, Leiter Regulierung und Public Affairs.

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