Obermann zieht Bilanz: "Bulldozer" mag keine Leisetreterei
René Obermann im Interview mit dem Handelsblatt.
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Nach 16 Jahren Deutsche Telekom, davon sieben Jahre als Vorstands-Chef, verabschiedet sich René Obermann und übergibt sein Amt zum Ende des Jahres an Timotheus Höttges. Im Interview mit dem Handelsblatt verrät der 50-jährige seine dunkelsten sowie schönsten Augenblicke während seiner Amtszeit, zieht Bilanz und rechnet mit seinem bald ehemaligen Arbeitgeber ab.
Die Betriebsräte bezeichneten den Telekom-Chef schonmal als "Bulldozer" oder "Dobermann". Obermann waren diese Spitznamen damals peinlich. "Zu erfolgreichem Management gehört gelegentlich, sich unbeliebt zu machen." Die Aufgaben des Telekom-Vorstandschefs hat Obermann zwar nicht unterschätzt, dafür jedoch die öffentliche Wahrnehmung, die ein entscheidender Faktor für sein Leben wurde. In den ersten Jahren war er stark mit der Bewältigung vergangener Streiks und Krisen sowie Datenschutz- und Datensicherheitsproblemen beschäftigt. Zu den dunkelsten Momenten äußerte sich Obermann: "Die Liste reichte von der besagten Bespitzelungsaffäre bis zu den Doping-Enthüllungen um das alte Team Telekom." Als die Telekom die Marktführerschaft in Deutschland zurückerlangte und den Konkurrenten Vodafone hinter sich ließ, gehört zu Obermanns schönsten Augenblicken. Das Ereignis, als das US-Geschäft ins Kundenwachstum drehte, beschreibt Obermann mit der Emotion: "das war ein Gefühl, als ob man fliegt."
"Ich verstehe die Leisetreterei nicht"
René Obermann im Interview mit dem Handelsblatt.
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Im Interview kritisiert Obermann die Bundesregierung und die EU-Kommission wegen der
schleppenden Aufklärung der NSA-Abhöraffäre. "Die Spitzeleien haben das Vertrauen in zwei Grundpfeiler unserer Gesellschaft, die freie Kommunikation und die Privatsphäre, erschüttert", sagt Obermann dem Handelsblatt. Er hält die Spionageaktivitäten des US-Geheimdienstes langfristig sogar als "demokratiegefährdend". Vor allem die Untätigkeit der in Berlin und Brüssel Verantwortlichen sei nicht hinnehmbar. "Ich verstehe die Leisetreterei nicht", so Obermann. "Wenn Unternehmen aus den USA oder jedem anderen Land hier in Europa Geschäfte machen wollen, dann haben sie sich an unsere Standards zu halten." Obermann ist der Meinung, dass dies auch die Wirtschaftsspionage erschwere. "Europa könnte ruhig mal selbstbewusst die gemeinsamen Regeln nach außen tragen", erklärt Obermann.
Vor dem Hintergrund fordert Obermann eine schnelle Harmonisierung der europäischen Datenschutzgesetze. Alle EU-Bürger sollen künftig die Möglichkeit haben, im Notfall ihren Anspruch auf eine geschützte Privatsphäre einklagen zu können. Bis Ende des Jahres führt die Deutsche Telekom eine neue Verschlüsselungs-Technik ein, die zu mehr Sicherheit beim Telefonieren per Handy führen soll (wir berichteten).
Was bleibt: Erfahrung und Freundschaften, aber auch Handy und Tablet
Was René Obermann von der Telekom mitnimmt, sind Erfahrung und viele Freundschaften. Aber auch sein Handy und Tablet darf der ehemalige Telekom-Chef behalten, lediglich die Kosten für die Verträge muss er künftig selbst tragen. Viele Helfer, sein Fahrer und ein schickes Büro, wird er hinter sich lassen. Auch sein Gehalt wird im neuen Job kleiner ausfallen, so Obermann. Seine Entscheidung für den Abschied sei nicht mit einer großen Ursache verbunden. "Ich wollte wieder anders arbeiten, weniger portfolioorientiert, sondern operativer."
Trotz des Wechsels zum niederländischen Kabelnetzbetreiber Ziggo würde sich Obermann nicht auf einen unmittelbaren Wettbewebskonflikt mit der Telekom einlassen.