Rückblick

Jubiläum: 10 Jahre LTE in Betrieb

Vor 10 Jahren wurden LTE-Frequenzen für eine lang­fris­tige Entwick­lung verstei­gert und damit begonnen, die Wünsche nach schnel­lerem Netz zu erfüllen.
Von mit Material von dpa

Vor 10 Jahren ging die 4. Generation des Mobilfunks allmählich an den Start: Long Time Evolution (LTE) Vor 10 Jahren ging die 4. Generation des Mobilfunks allmählich an den Start: Long Time Evolution (LTE)
Foto: Picture Alliance / dpa
Eigent­lich seit Beginn des digi­talen Mobil­funks wurden schnelle Daten verspro­chen. Von UMTS erhoffte man sich einen unglaub­li­chen Geschwin­dig­keits­schub, und bei der Einfüh­rung von LTE vor 10 Jahren wurde vom "Daten­turbo" gespro­chen. Damals endete die erste Verstei­ge­rung von Frequenzen für die "neuen" LTE-Netze. Mit der 4. Mobil­funk­ge­nera­tion wurde das Funda­ment für ganz neue Dienste gelegt.

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Vor 10 Jahren ging die 4. Generation des Mobilfunks allmählich an den Start: Long Time Evolution (LTE) Vor 10 Jahren ging die 4. Generation des Mobilfunks allmählich an den Start: Long Time Evolution (LTE)
Foto: Picture Alliance / dpa
Die Zeiten wieder­holen sich. Bevor 3G star­tete, redete man in Fach­kreisen von 2,9G. Auch das LTE-Zeit­alter im Mobil­funk begann vor zehn Jahren im sanften Anlauf. Offi­ziell sprach man von "Long Term Evolu­tion" (LTE) auf deutsch "lang­fris­tige Entwick­lung", und das stimmt bis heute. Zunächst wurde LTE nur eine Weiter­ent­wick­lung der dritten Genera­tion (UMTS) ange­sehen und daher als "3,9xG-Stan­dard" einge­stuft. Als "rich­tiges 4G" kam LTE erst vier Jahre später mit der tech­ni­schen Erwei­te­rung "LTE Advanced" auf den Markt.

Doch heute sind das höchs­tens tech­ni­sche Spitz­fin­dig­keiten. Die Anwender wollten einfach nur ein Mobil­funk­netz, das "nicht so lahm" ist. Bis die Vorteile der neu defi­nierten LTE-Netze richtig nutzbar waren, dauerte es, wie so oft.

Vier Anbieter boten 4,4 Milli­arden Euro

Der damalige Telekom Chef Rene Obermann weihte in Kyritz die erste LTE-Sendestation ein. Der damalige Telekom Chef Rene Obermann weihte in Kyritz die erste LTE-Sendestation ein.
Foto: Picture Alliance / dpa
Zunächst boten die damals noch vier getrennten Netz­be­treiber Deut­sche Telekom, Voda­fone sowie o2 und E-Plus (damals noch getrennt) vier Monate lang auf die notwen­digen Funk­fre­quenz­be­reiche. Selbst nach der offi­zi­ellen Zutei­lung der LTE-Frequenzen am 20. Mai 2010 durch die Bundes­netz­agentur mussten sich die Anwender noch etwas gedulden.

Offi­ziell nahm der dama­lige Telekom-Chef René Ober­mann im August 2010 in Kyritz (Bran­den­burg) den ersten Sende­mast in Betrieb, der mit LTE ausge­stattet wurde. Voda­fone wollte dem nicht nach­stehen und akti­vierte bald darauf die ersten LTE-Stationen auf dem Land, etwa im säch­si­schen Rammenau.

Erst fehlen Geräte

Lange stand der Begriff GSM für "God send Mobiles", weil es ein Netz, aber noch keine Geräte dafür gab. Auch die ersten UMTS-3G-Tele­fone waren rar, wurden heiß, und ihr Akku hielt nicht lange. Und bei LTE? Wieder das gleiche Spiel. Zum Start gab es 4G-fähige USB-Sticks für den Laptop. LTE-taug­liche Smart­phones waren zunächst - wen wundert es - wieder einmal Mangel­ware: Erst im Spät­sommer 2011 präsen­tierte Voda­fone auf der IFA in Berlin mit dem Velo­city 4G von HTC und dem Samsung Celox (Galaxy S II mit LTE) die ersten LTE-Mobil­ge­räte, die heute längst vergessen sind.

Kunden von Apple mussten sogar bis zum Herbst 2012 warten, bis mit dem iPhone 5 das erste LTE-Gerät mit einem Apfel-Logo verfügbar war, und es konnte nur den Frequenz­be­reich bei 1800 MHz, den zwar die Telekom, aber nicht Voda­fone am Start hatten.

Lang­samer Start

Der schlei­chende Start des LTE-Netzes für das Massen­pu­blikum in Deutsch­land hatte viel­leicht auch mit den poli­ti­schen Vorgaben zu der Lizenz­ver­gabe zu tun. Die Netz­be­treiber mussten nämlich nicht nur knapp 4,4 Milli­arden Euro für ein paar Blätter Papier bezahlen. (Immerhin ein Bruch­teil der 50 Milli­arden Euro, welche sechs Lizenz­in­haber etwa 10 Jahre zuvor für UMTS ausge­geben hatten.) Die vier LTE-Lizenz­in­haber mussten sich auch verpflichten, beim Ausbau zunächst einmal die länd­li­chen Regionen zu versorgen, die bis dahin über­haupt keinen schnellen Anschluss an das Internet hatten.

Die LTE-Premiere in den Städten erlebte Deutsch­land dann durch Voda­fone in den Stadt­staaten Berlin, Hamburg und Bremen. Die Telekom star­tete ihr LTE-Netz für Städte zunächst im Groß­raum Köln. o2 ging daheim in München an den Start.

Von Beginn an mehr Tempo

Hannes Ametsreiter (CEO Vodafone Deutschland): "Die Netze sind noch nicht perfekt." Hannes Ametsreiter (CEO Vodafone Deutschland): "Die Netze sind noch nicht perfekt."
Foto: Picture Alliance / dpa
Mit LTE waren schon zu Beginn Down­load-Geschwin­dig­keiten von bis zu 300 Megabit pro Sekunde möglich - zumin­dest in der Theorie. Mit LTE Advanced - dem echten 4G - stieg dieser Maxi­mal­wert sogar auf 1000 Megabit pro Sekunde. In der Praxis wurden anfangs aber nur Durch­schnitts­band­breiten von rund zehn Megabit pro Sekunde erzielt.

Aber selbst das war schon spürbar schneller als eine UMTS-Verbin­dung. Inzwi­schen sind in einer nicht über­las­teten Funk­zelle auch im Alltag Turbo-Geschwin­dig­keiten möglich - jenseits der Schwelle von über 100 Megabit pro Sekunde.

Hannes Amets­reiter, Chef von Voda­fone, erin­nert sich an die Diskus­sion vor zehn Jahren beim Über­gang von 4G zu 5G: "Das ist eine Situa­tion, die sich eigent­lich immer wieder wieder­holt. Damals wurde mir die Frage gestellt: 'Wer braucht 4G, wenn er doch 3G hat? Wer braucht das?' Heute hören wir die gleiche Frage wieder: 'Wer braucht 5G, wo es doch 4G gibt?' Und in zehn Jahren werden wir dann die Antwort hören: 'Ja, natür­lich braucht man das!' Man würde nie mehr wieder darauf verzichten."

LTE habe bestimmte mobile Anwen­dungen erst möglich gemacht, sagte Amets­reiter. "Netflix auf dem Smart­phone in hoher Auflö­sung ist ohne ein schnelles Netz nicht denkbar." Die Coro­na­krise habe aber auch deut­lich gemacht, dass es nicht nur um Unter­hal­tung und Spiele gehe. "Schnelle, gute, stabile Netze sind derzeit so wichtig wie vermut­lich noch nie zuvor." Mit dem Beginn der Einschrän­kungen sei das Sprach­vo­lumen im Voda­fone-Netz blitz­artig um 50 Prozent gestiegen.

Amets­reiter: Netz in Deutsch­land nicht perfekt

Amets­reiter räumte ein, dass das Netz in Deutsch­land nicht perfekt ist. "Eines ist klar: Wir müssen immer noch besser werden." In Deutsch­land sei derzeit die Dynamik der Verbes­se­rung unter den vergleich­baren Ländern am stärksten. "Wir bauen massiv dazu. Wir haben heute mehr als 21 000 LTE-Stationen im Netz." Alleine im Jahr 2019 habe Voda­fone 8000 LTE-Baupro­jekte gestemmt. "Wir haben in diesem Jahr bereits wieder 3000 Baupro­jekte geschafft." Bis Ende des Geschäfts­jahres sollen weitere 6000 folgen.

Auch bei der Telekom ist das Ende des LTE-Ausbaus nicht in Sicht. "Wir errichten jähr­lich rund 2000 neue Sende­masten, auch in diesem Jahr", bestä­tigte ein Telekom-Spre­cher.

Bundes­netz­agentur sieht Nach­hol­be­darf

Nach­hol­be­darf beim LTE-Ausbau sieht die Bundes­netz­agentur vor allem bei Telefónica (o2). Im April bemän­gelte die Aufsichts­be­hörde, dass in allen 13 Flächen­bun­des­län­dern Versor­gungs­auf­lagen aus dem Jahr 2015 verfehlt worden seien. Zudem seien die Haupt­ver­kehrs­wege nur zu etwa 80 Prozent versorgt. Eine Besse­rung ist in Sicht. Die deut­sche Nieder­las­sung des spani­schen Konzerns arbeitet intensiv daran, die noch fehlenden oder schon vorhan­denen 7600 Mobil­funk­stand­orte zu errichten oder auszu­bauen, die nach Berech­nungen der Bundes­netz­agentur notwendig sind, um die Auflagen zu erfüllen. Damit werde neben der LTE-Verdich­tung in den urbanen Gebieten auch die LTE-Versor­gung auf dem Land weiter gestärkt, verspricht o2.

Keine Stand­orte zu bekommen

Eine Sorge verbindet alle Netz­be­treiber in Deutsch­land: Die wenigen noch bestehenden Versor­gungs­lü­cken können häufig nicht geschlossen werden, weil die geeig­neten Stand­orte nicht zur Verfü­gung stehen oder in lang­wie­rigen büro­kra­ti­schen Verfahren nicht geneh­migt werden. "Wenn kein vermiet­be­reiter Eigen­tümer zu finden ist oder Geneh­mi­gungen nicht erteilt werden, ist ein Schließen der Lücke und damit die Voll­ver­sor­gung nicht möglich", beklagte ein Telekom-Spre­cher.

Das bundes­weit stark disku­tierte Funk­loch in Kleßen-Görne (Bran­den­burg) wurde aufgrund einer Inter­ven­tion von Digital-Minister Scheuer kurz­fristig vor zwei Jahren mit einer provi­so­ri­schen Sende­sta­tion der Telekom versorgt. Aufgrund von unend­lich lang­samen Geneh­mi­gungs­ver­fahren konnte erst in diesen Tagen die endgül­tige fest montierte Sende­an­lage in den offi­zi­ellen Wirk­be­trieb über­führt werden.

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