Editorial

Editorial: o2 im Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Kundenservice

Netzbetreiber o2 bringt attraktive Tarife in schlechterem Netz
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Auch wer zu Hause nach wie vor mit o2 oder T-Mobile-Roaming versorgt ist, könnte von der fortschreitenden Roaming-Abschaltung betroffen sein - nämlich dann, wenn er sich regelmäßig in den neuen Funklöchern aufhält. Das sorgt für Frust und Unzufriedenheit und zur Kündigung des Vertrags spätestens zum Ende der Mindestlaufzeit. Vor allem aber spricht sich so etwas herum. Man wird Freunden und Bekannten kaum ein Mobilfunknetz empfehlen, mit dem man schlechte Erfahrungen gemacht. So verwundert es nicht, dass es o2 trotz attraktiver neuer Tarife bislang nicht geschafft hat, bei den Kundenzahlen am direkten Konkurrenten E-Plus vorbeizuziehen.

o2 muss einerseits Kosten sparen. Andererseits kann das Sparen am falschen Ende längerfristig dazu führen, dass die Bilanzzahlen schlechter als heute aussehen - nämlich dann, wenn frühere Kunden im Freundes- und Bekanntenkreis von o2 abraten und sich so potenzielle Interessenten anderen Netzbetreibern zuwenden.

Der direkte o2-Konkurrent E-Plus hat mit seiner Mehrmarken-Strategie offenbar Erfolg und auch beim Netzausbau konnten die Düsseldorfer in der jüngsten Vergangenheit punkten. War man noch vor wenigen Jahren in ländlichen Regionen schlecht mit dem Netz der Nummer drei unter den deutschen Mobilfunk-Betreibern versorgt, so hat das Unternehmen insbesondere seit der Verfügbarkeit der E-GSM-900-Frequenzen zahlreiche neue Regionen abgedeckt. Der Nachteil gegenüber den D-Netzen bei der Abdeckung wird für E-Plus-Kunden somit immer kleiner, während o2 für neue Netzlücken sorgt, indem das T-Mobile-Roaming zum Teil auch ohne Verfügbarkeit des eigenen Netzes abgeschaltet wird.

Können neue Angebote unpopuläre Maßnahmen wettmachen?

o2 versucht, durch immer wieder neue Tarife und Aktionen dennoch Kunden von den eigenen Angeboten zu überzeugen. Nach der GenionCard S, dem "mobilen Festnetz-Anschluss" ohne monatliche Fixkosten, gibt es seit Montag mit Genion XL eine Flatrate in alle Netze, die schon ab 68 Euro im Monat zu haben ist. Zum Vergleich: Base 5, der mit Genion XL vergleichbare Tarif des direkten Konkurrenten E-Plus, der jedoch keine Festnetznummer bietet, kostet 90 Euro monatlich.

Tchibo-Kunden, die das o2-Netz mitnutzen, können bei Kartenkauf bis morgen, Montag 20. August, zwei Jahre lang untereinander kostenlos telefonieren. Ein verlockendes Angebot für Familien, Bekannten- und Freundeskreise. Sofern die Kunden im eigenen Netz telefonieren, dürften die Kosten für dieses Feature für o2 sehr gering sein. Wenn die Kunden die Karte zumindest ab und zu auch für Anrufe in andere Netze nutzen, dürften sich die Kosten für die kostenlosen Intern-Gespräche sogar ausgleichen. Teuer wird es für o2 jedoch, wenn ein solcher Tarif fast ausschließlich im Roaming genutzt wird, so dass die Minuten bei T-Mobile eingekauft werden müssen.

Fonic-Tarife noch unklar

Über die Tarife des neuen Discounters Fonic kann man bislang nur spekulieren. Erst auf der Internationalen Funkausstellung Ende August sollen die Preise veröffentlicht werden. Eine Chance am Markt wird der Spätstarter aber nur haben, wenn die Angebote sehr attraktiv und deutlich, deutlich günstiger als die Tarife der Mitbewerber sind.

Aus Sicht der Kaufleute bei o2 ist es verständlich, wenn verstärkt auf das eigene Netz gesetzt wird, anstatt für teuere Roaming-Minuten an T-Mobile zu zahlen. Nur so sind die durch attraktive Tarife gewonnenen Neukunden für das Unternehmen auch wirklich ein Gewinn. Im Interesse der Kunden und des eigenen Images sollte das Netz der Telekom-Tochter für o2-Kunden aber nur dort abgeschaltet werden, wo das eigene Netz auch wirklich ausreichend verfügbar ist. Der durch unpopuläre Maßnahmen wie die Preiserhöhung von Sonderrufnummern und die bewusste Einschränkung der Netzverfügbarkeit entstehende Imageschaden dürfte nämlich nur schwer auszugleichen sein und dem Bestreben, bei den Kundenzahlen an E-Plus vorbeizuziehen, kaum dienlich sein.

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