Enttäuschung

Nokia-Entlassungen: "Finnland wurde betrogen"

Der finnische Finanzminister Antti Rinne äußerte sich enttäuscht über die Streichungspläne von Microsoft. Die Übernahme sei eine Sache zwischen Nokia und Microsoft, aber man habe Zusagen gemacht.
Von Marie-Anne Winter

Finnlands Finanzminister ist enttäuscht über Microsofts Pläne mit Nokia. Finnlands Finanzminister ist enttäuscht über Microsofts Pläne mit Nokia.
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Für den Kahlschlag bei Nokia im Zuge der Umstrukturierungsmaßnahmen von Microsoft findet der finnische Finanzminister Antti Rinne deutliche Worte. "Finnland wurde betrogen", sagte der Politiker gegenüber der Zeitung Kaupalehti [Link entfernt] . Wie berichtet hatte Microsoft-CEO Satya Nadella in der vergangenen Woche Woche angekündigt, dass 18 000 Stellen gestrichen werden sollen - ein Großteil davon betrifft Mitarbeiter der übernommenen Mobilfunksparte von Nokia.

Die Übernahme sei zwar eine Sache zwischen Nokia und Microsoft, aber als der Deal unterzeichnet wurde, hätte Microsoft auch seine Verpflichtung gegenüber Finnland betont. Rinne findet, dass dieser Teil nun nicht erfüllt wird. Allerdings gibt der Finanzminister auch zu, dass ein Abbau von Personal absehbar gewesen sei. Allerdings sei bedauerlich, dass viele der Mitarbeiter das jetzt zu Beginn der Sommerferien erfahren müssten.

Finnlands Finanzminister ist enttäuscht über Microsofts Pläne mit Nokia. Finnlands Finanzminister ist enttäuscht über Microsofts Pläne mit Nokia.
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Im September hatte der damalige Microsoft-CEO Steve Ballmer im Rahmen der Nokia-Übernahme angekündigt, Finnland zum Mittelpunkt und Zentrum der Smartphone-Forschung und -Entwicklung zu machen. Außerdem teilte Ballmer mit, ein zusätzliches Rechenzentrum für 250 Millionen Euro bauen zu wollen. Rinne erwarte nun den angekündigten Bau des Datencenters. Mittlerweile lenkt jedoch Nadella die Geschicke des Konzerns, der im Rahmen seiner "Mobile First, Cloud First"-Strategie bereits einige Änderungen an Ballmers Plänen vorgenommen hat.

Schmerzhafte Einschnitte

So wurde inzwischen auch das Aus für die Nokia-X-Reihe beschlossen, mit der Nokia einen Fuß in die Tür zur großen Android-Welt bekommen wollte. Das Konzept für Nokia X soll allerdings in eine neue Lumia-Serie überführt werden, mit der Smartphones für sehr preisbewusste Kunden auf den Markt geworfen werden sollen. Allerdings hat Stephen Elop im selben Rundschreiben [Link entfernt] versprochen, dass die technischen Abteilungen für die Konstruktion für zukünftige High-End-Lumia-Produkte im finnischen Salo und für günstigere Geräte in Tampere konzentriert werden sollen. Dafür werden entsprechende Stellen in Peking und San Diego abgebaut. Die Standorte Espoo und Lund sind künftig auf die Entwicklung von Anwendungssoftware spezialisiert.

Diese Entwicklung ist natürlich nicht schön für Nokia und den Standort Finnland, allerdings tut einem Nokia schon viel weniger leid, wenn man daran denkt, dass der Hersteller selbst ebenfalls schon knallharte Optimierungs­programme durchgezogen hat und bei vorher gemachten Zusagen auch eher vergesslich war. Dabei dürfte die Enttäuschung der deutschen Kunden über die Schließung des Nokia-Werks in Bochum durchaus zum Abwärtstrend bei den Verkaufszahlen beigetragen haben. Damals warfen viele Kunden ihre Nokia-Handys wütend in extra dafür aufgestellte Mülltonnen.

Wütend und enttäuscht dürften auch die Rumänen gewesen sein, als Nokia den Standort in Cluj nach nur drei Jahren wieder geschlossen hat - obwohl die rumänischen Behörden dem finnischen Konzern die Immobiliensteuer für 30 Jahre erlassen wollte, nachdem Nokia entsprechende Investitionszusagen getätigt hatte. Nokia verlagerte seine Fertigung für Einfach-Handys ins noch billigere Asien.

Nun erwischt es Nokia selbst - die Konkurrenz im Mobilfunkmarkt ist unerbittlich und es stehen inzwischen eine ganze Reihe von neuen, größtenteils asiatischen Herstellern in den Startlöchern, um den etablierten Konzernen mit ihren neuen, qualitativ durchaus hochwertigen, aber preiswerten Geräten weitere Marktanteile abzunehmen.

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