VATM: Genug persönliche SIM-Karten - wo noch Wachstum?
Bei der Vorstellung der TK-Marktstudie des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) ging es nicht nur um Breitband und Glasfaser, sondern auch um Mobilfunk, zumal einige wichtige Mobilfunknetzbetreiber und Service-Provider seit der Gründung vor 25 Jahren im Verband vertreten sind.
Interessante Zahlen wusste teltarif.de-Gastautor Andreas Walter von Dialog-Consult bei der Präsentation seiner Studie zum Thema Mobilfunk zu berichten.
2023: 27,6 Milliarden Umsatz
Bei Service-Umsätzen liegt die Telekom vor o2. Vodafone ist auf Rang drei, gefolgt von 1&1
Grafik. VATM / Dialog-Consult
So werde für Ende 2023 geschätzt, dass im Gesamtmarkt Mobilfunk 27,6 Milliarden Euro umgesetzt würden. Im Jahr zuvor waren es etwa 100.000 Euro weniger. Diese Umsätze bestehen aus den sogenannten Service-Umsätzen (21,1 Milliarden), darunter versteht die Branche nutzungsabhängige und nutzungsunabhängige Entgelte für Mobilfunkleistungen, also Freischaltung, Verfügbarkeit und Nutzung des Mobilfunknetzes. 6,4 Milliarden (Vorjahr 6,6 Milliarden) wurden mit Interconnection-Entgelten (von oder zu anderen Netzen), mit Wholesale (Verkauf an Service-Provider) und Endgeräten erzielt.
Telekom, Telefónica, o2, 1&1, Freenet
Schlüsselt man diese Service-Umsätze auf die Anbieter auf, kommt eine interessante Rangfolge zu Tage: Den größten Kuchenanteil bekommt die Deutsche Telekom mit 30,6 Prozent oder 6,5 Milliarden Euro (Vorjahr 6,4) gefolgt von Telefónica (o2) mit 27,4 Prozent oder 5,8 Milliarden (Vorjahr 5,7). Erst auf Rang drei folgt Vodafone mit konstanten 5,1 Milliarden Euro (24,1 Prozent). Es folgen 1&1 (8,5 Prozent/1,8 Milliarden konstant), Freenet (8,0 Prozent oder 1,7 Milliarden (+0,1) und weitere (wesentlich kleinere) Provider mit 1,4 Prozent oder 0,3 Milliarden.
SIM-Karten: Insgesamt oder aktive persönliche Nutzer
Insgesamt gibt es im Mobilfunk noch Wachstum.
Grafik: VATM / Dialog-Consult
Walter hat die SIM-Karten-Verteilung über die zunächst vier, später drei etablierten Netzbetreiber aufgetragen. Seine Statistik begann erst 1998, wo es schon vier Anbieter gab. Zu Beginn lag Mannesmann/Vodafone deutlich vor der Telekom. Zwischen den Jahren 2000 und 2016 war das nicht mehr der Fall. Zu beachten ist, dass in dieser Statistik alle aktiven SIM-Karten gezählt wurden, von denen längst ein Großteil in Sensoren, Maschinen oder Autos verbaut ist. Aktuell meldet Vodafone 77,9 Millionen aktivierte SIM-Karten, die Telekom 59,1 und o2-Telefónica berichtet über 44,9 Millionen.
Menschlich genutzte Karten bleiben nahezu konstant
Der Markt für private Kommunikation zeigt Anzeichen einer Sättigung. Wachstum gibts bei Maschinen, Autos, Sensoren etc.
Grafik: VATM / Dialog-Consult
Schaut man sich die Zahlen genauer an, so ist die Zahl der persönlichen aktiven SIM-Karten, die von Menschen wirklich genutzt werden, seit 2008 konstant bis leicht rückläufig. 2008 waren schon 107,3 Millionen von Menschen genutzte SIM-Karten aktiv, 2011 stieg das kurzzeitig auf 115 Millionen SIM-Karten an. Aktuell sind es 104,9 (Vorjahr 104,4) Millionen. Das macht - vom Baby bis zum Greis - etwa 1,2 SIM-Karten pro Nase. Nun werden einige Menschen deutlich mehr SIM-Karten haben, dafür haben andere gar keine.
6,7 Millionen nicht aktive Karten
Dieses Jahr sind 6,7 Millionen SIM-Karten nicht im Gebrauch (im Netz aktiviert, aber ungenutzt, liegen oft in der Schublade), 70,3 Millionen werden von Maschinen (M2M) genutzt.
6,7 GB Datenvolumen pro Person
Dieses Jahr ist das persönlich genutzte Datenvolumen pro Monat und Nase auf 6,7 GB gestiegen, dabei wurden nur persönlich genutzte SIM-Karten gezählt, die in den letzten drei Monaten aktiv waren.
Aktuell mehr Postpaid als Prepaid
Das Verhältnis von Prepaid zu Postpaid hat sich in den letzten Jahren quasi umgedreht. Die Kunden können ihr Nutzungsverhalten einschätzen.
Grafik: VATM / Dialog-Consult
Als der Mobilfunk den Massenmarkt erreichte, waren viele Kunden noch skeptisch und griffen zu einer Prepaidkarte. Heute weiß der durchschnittliche Kunde, welchen Bedarf er hat und fährt mit einem Laufzeitvertrag meist günstiger.
Immer mehr Basisstationen mit Glasfaser
Immer mehr Sendestationen werden mit Glasfaser angebunden
Grafik: VATM / Dialog-Consult
Damit eine Basisstation die Nutzer versorgen und ihre Bilder, Anrufe oder Abfragen schnell weiter transportieren kann, braucht sie eine Signalverbindung zum Netzrechenzentrum. Anfangs klappte das noch über Kupferdrähte, 2018 waren das noch knapp 7000 Stationen oder 8,7 Prozent, was 2020 schon auf 4,1 Prozent absank und heute noch mit 1400 Standorten oder 1,5 Prozent verzeichnet ist. Daneben wurde gerne Richtfunk eingesetzt (2018: 63 Prozent, heute 44,7 Prozent).
Doch längst ist die Mehrheit der Basisstationen über Glasfaser (2018: 28,2 Prozent, 2023: 53,8 Prozent, in Zahlen knapp 49.000 Stationen) angebunden. Glasfaser stellt für die Mitbewerber der Telekom eine echte Herausforderung dar. Gibt es einen alternativen Anbieter für Glasfaser vor Ort? Oder muss "das Glas" teuer von der Telekom gemietet werden?
5G voll im Trend
Ganz Deutschland wird von allen Netzen mit statistisch 92,3 Prozent der Fläche(!) mit 5G abgedeckt.
Grafik: VATM / Dialog-Consult
5G ist der aktuelle Standard in den Mobilfunknetzen. Zählt man die Versorgung aller in Deutschland aktiven Netzbetreiber zusammen, kommt der VATM auf eine 5G-Netzabdeckung von 92,3 Prozent der Fläche von Deutschland, Herr Walter hat den Begriff "Fläche" ausdrücklich betont. Dieser Wert ist hier besonders interessant, da die Netzbetreiber die Angaben ihrer Abdeckungsquoten immer und ausschließlich auf die Bevölkerung beziehen. Ungünstig hingegen ist, dass bei dieser Betrachtung alle Netzbetreiber in einen Zahlentopf geworfen werden. Das nützt dem Kunden, der sich für nur ein einziges Netz entschieden hat, unter Umständen nicht viel, wenn nur das "fehlende" Netz hier versorgt.
Eine Einschätzung
Der Markt der von Menschen genutzten SIM-Karten ist ziemlich gesättigt. Dennoch jagen die Netzbetreiber und Service-Provider nach Neukunden, während sich manche Bestandskunden "verloren" vorkommen. Echtes Wachstum gibt es nur noch bei Industriekommunikation, Maschinen, Sensoren, Gütern, Lastwagen, privaten Autos; überall kann heute eine SIM-Karte drin sein.
Wachstum wird auch bei den Technologien geben. 5G setzt sich unaufhaltsam durch und bis 2030 ist es auch nicht mehr weit. Dann wird 6G an den Start gehen.
Realistisch stellt der VATM fest, dass die Marktmacht der Telekom nach wie vor ungebrochen ist.