VATM-Marktstudie

Deutsche telefonieren mehr - und warten bei Glasfaser ab

Die Wett­bewerber der Telekom zeigen, wie wichtig sie beim Glas­faser-Ausbau sind: Der Bran­chen­ver­band VATM präsen­tiert aktu­elle Zahlen zur Nutzung der Tele­kom­muni­kation - mit inter­essanten Details.
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VATM-Studie zum deutschen Telekommunikationsmarkt 2022 VATM-Studie zum deutschen Telekommunikationsmarkt 2022
picture alliance/dpa
Nicht nur die Bundes­netz­agentur und die Telekom, sondern auch die Bran­chen-Verbände der Telekom-Wett­bewerber legen immer wieder aktu­elle Studien vor, in denen beleuchtet wird: Wie läuft es mit dem Glas­faser­ausbau, woran hakt es mögli­cher­weise, welche Anschlüsse und Dienste nutzen die Deut­schen gerne - und vieles mehr.

Heute hat der Bran­chen-Verband VATM seine Markt­studie für das Jahr 2022 vorge­legt. Und dabei handelt es sich nicht nur um nackte Zahlen und Statis­tiken - sondern die Studie offen­bart auch, wie die Bürger Tele­kom­muni­kation nutzen.

Die Deut­schen lieben das Tele­fonieren

VATM-Studie zum deutschen Telekommunikationsmarkt 2022 VATM-Studie zum deutschen Telekommunikationsmarkt 2022
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Gene­rell ist es im Fest­netz­markt laut der Studie zu beob­achten, dass das Geschäfts­kun­den­seg­ment zurück­geht. Firmen wollen wohl ratio­nali­sieren und Kosten sparen. Inter­essan­ter­weise ist die Telekom bei den Busi­ness-Kunden mit am besten aufge­stellt und gewinnt noch Markt­anteile dazu.

Zu beob­achten ist eine ganz neue Lust der Deut­schen am Tele­fonieren: Trotz Messen­ger­diensten nehmen die Sprach­minuten in den Netzen wieder zu. Im Fest­netz ist die Stei­gerung der verte­lefo­nierten Minuten zwar wieder etwas weniger als während der Corona-Pandemie, in den Mobil­funk-Netzen wurde in diesem Jahr aber wieder deut­lich mehr tele­foniert. Das ist leicht erklärbar: Viele Kunden sind nicht mehr ans Home­office "gefes­selt", sondern arbeiten wieder im Büro des Arbeit­gebers und sind gene­rell wieder privat und beruf­lich unter­wegs, beispiels­weise zu Messen, Kunden­ter­minen oder Geschäfts­reisen.

Gene­rell hat die von VATM und Dialog Consult erstellte Studie eine deut­liche Zunahme aller Inves­titionen im TK-Bereich ermit­telt. Die Inves­titi­ons­tätig­keit ist also völlig unab­hängig von der Pandemie oder anderen Faktoren. Trotz der teils schwie­rigen Lage auf dem Welt­markt gab es ein Wachstum bei den Inves­titionen.

Fest­netz-Markt: Förder­stopp hat keine Auswir­kungen

Inter­essant ist: Die Vermark­tung von DSL geht leicht zurück, die Vermark­tung von Kabel- und Glas­faser-Anschlüssen hingegen steigt. Obwohl vielen Kunden der (V)DSL-Anschluss aktuell noch reicht (oder sie nichts anderes bekommen können), schauen sich Neukunden oder Wechsler nach anderen Breit­band-Tech­niken um, denn: Bei VDSL ist bei 250 MBit/s Schluss, nur die anderen Tech­niken bieten eine poten­ziell höhere Band­breite.

Gleich­zeitig ist aller­dings zu beob­achten, dass Glas­faser-Anschlüsse zwar viel gebaut werden, aber nicht so viel gebucht: 12,3 Millionen Anschlüsse sind tech­nisch verfügbar, davon wurden aber nur 3,4 Millionen tatsäch­lich gebucht. Ähnlich sieht es aus bei Breit­band-TV-Kabel­netzen, die Gigabit-fähig sind (25,8 Millionen). Auch hier beträgt die so genannte Takeup-Rate nur 35,7 Prozent, alle anderen Anschlüsse sind zwar in der Wohnung vorhanden, wurden aber nicht gebucht.

Gesurft wird im Fest­netz-Bereich dafür aller­dings fleißig: Das über­tra­gene Daten­volumen pro Anschluss stieg 2022 weiter - auf rund 275 GB pro Anschluss und Monat. Bei Gigabit-Anschlüssen beträgt das verbrauchte Volumen sogar 361 GB pro Anschluss und Monat. Im Vergleich dazu: Bei Mobil­funk-Tarifen werden ledig­lich 5,7 GB pro SIM-Karte und Monat über­tragen - was bei über­wie­gend in der Daten­menge begrenzten Handy-Tarifen und sehr teuren Unli­mited-Tarifen auch kein Wunder ist.

Der Förder­stopp beim Breit­band-Ausbau

Ange­spro­chen auf den inzwi­schen von der Bundes­regie­rung verhängten Förder­stopp beim Breit­band­ausbau sagte ein VATM-Spre­cher: Das spiele prak­tisch keine Rolle, weil nur 10 Prozent des Ausbaus über­haupt geför­dert werden, 90 Prozent werden eigen­wirt­schaft­lich ausge­baut und sind davon gar nicht betroffen.

Mehr Förde­rung bewirke ohnehin keinen schnel­leren Ausbau. Viel wich­tiger sei in Deutsch­land ein Büro­kratie-Abbau, viele Ausbau-Vorhaben müssten mona­telang auf die Geneh­migung warten. Der VATM begrüßt sogar das Ende des "Förder-Tsunami", denn ein gene­relles Problem sei nach wie vor nicht gelöst: Die fehlende Tiefbau-Kapa­zität. Denn der Breit­band­ausbau konkur­riert auch mit anderen Tief­bau­maß­nahmen wie Stra­ßenbau, Energie, Gas, Wasser usw. - und Baufirmen sind aktuell "Mangel­ware".

Ange­spro­chen auf die Folgen des Ukraine-Krieges fordert der VATM: Die Energie-Versor­gung für Tele­kom­muni­kation müsse unbe­dingt prio­risiert werden. Was nütze es, bei der Ener­gie­ver­sor­gung beispiels­weise ein Kran­ken­haus zu prio­risieren, wenn dann dessen Tele­kom­muni­kati­ons­ein­rich­tungen nicht funk­tio­nieren?

Mobil­funk und Service-Nummern

Inzwi­schen befinden sich in Deutsch­land rund 170 Millionen aktive SIM-Karten im Umlauf. Aller­dings darf man nicht denken, dass diese alle in Endge­räten von Nutzern fürs Surfen und Tele­fonieren stecken. Denn mitt­ler­weile sind 33,4 Prozent aller SIM-Karten M2M-Karten, was bedeutet, dass sie ausschließ­lich für die Maschi­nen­kom­muni­kation verwendet werden (zum Beispiel in Autos oder GPS-Trackern).

Die Anzahl der 5G-SIM-Karten, zu denen der Nutzer auch ein 5G-fähiges Gerät und einen kompa­tiblen Tarif hat, beträgt inzwi­schen 10,4 Prozent. Bei rund 20 Prozent aller SIM-Karten ist es gar nicht fest­stellbar, welche Technik sie unter­stützen oder für was sie verwendet werden - wohl über­wie­gend für GSM-Tele­fonie. Die rest­lichen knapp 70 Prozent sind LTE-SIM-Karten.

VATM bedeutet übri­gens "Verband der Anbieter von Tele­kom­muni­kations- und Mehr­wert­diensten"; in dem Verband sind also nicht nur Anschluss-Provider zusam­men­geschlossen, sondern auch Provider für Service-Nummern. In diesem Bereich ist laut der Studie zu beob­achten, dass inzwi­schen deut­lich mehr geogra­fische Fest­netz­num­mern und 0800-Nummern für Service-Hotlines genutzt werden als 0180/0137/0900-Nummern. Geld verdient wird mit den 0180/0137/0900-Nummern laut der Studie aber immer noch.

Jahre­lang ging der Glas­faser­ausbau in schlecht versorgten Gebieten in Deutsch­land nur schlep­pend voran. Doch nun kann sich der Bund vor Förder­anträgen kaum retten. Für dieses Jahr ist der Milli­arden-Topf leer, 2023 soll es mit neuen Spiel­regeln weiter­gehen.

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