Nach Chefwechsel: Was plant Bob Iger mit Disney?
Klar ist schon jetzt: Nachdem Bob Iger wieder auf dem Chefsessel bei Disney sitzt, wird voraussichtlich kein Stein auf dem anderen bleiben. Selbst wohlwollende Brancheninsider fanden bislang wenig positive Worte über den bisherigen CEO Bob Chapek. Nun gilt es, zahlreiche Probleme anzugehen, vor allem im Verhältnis zur "kreativen Ebene" der Schauspieler und Parkmitarbeiter, aber auch beim Streaming-Dienst Disney+. Ob allein dafür zwei Jahre Vertragsverlängerung reichen, lässt sich durchaus in Zweifel ziehen.
Neuausrichtung im Streaming
Disney-Zentrale in Burbank
Foto: Nicki Parrish
Eines der aktuell dringendsten Probleme liegt bei Disney+. Allein im vergangenen Quartal musste der Konzern hier einen operativen Verlust von 1,47 Milliarden US-Dollar verbuchen. Chapek plante bislang, die Einnahmenseite aufzubessern, was im Klartext Preiserhöhungen bedeutet. Diese sind allerdings im aktuellen wirtschaftlichen Krisenumfeld kaum noch am Markt durchsetzbar, in vielen Haushalten sind Einsparungen angesagt - und da steht Streaming ganz oben auf der Streichliste.
Iger wird also voraussichtlich in den sauren Apfel beißen müssen, signifikante Preiserhöhungen dürften damit vorerst auf Eis liegen. Allerdings galt Iger bei diesem Thema auch schon vorher als eher defensiv. Bereits bei Netflix konnte man gut sehen, dass man bei häufigen Preissteigerungen ohne attraktive Gegenleistung selbst treue Kunden vergrault. Mittlerweile fährt der Mitbewerber aus Los Gatos eine gegenteilige Strategie und versucht ein deutlich günstigeres, werbefinanziertes Abo am Markt zu etablieren.
Umsatzbeteiligung von Schauspielern
Ein großer Kostenpunkt könnte für Disney weiterhin die Forderung von Schauspielern nach einer Box-Office-Beteiligung sein. Dies war der Streitpunkt zwischen Marvel-Star Scarlett Johansson und Bob Chapek. Die Schauspielerin monierte, dass der Film keine wirkliche Chance an der Kinokasse hatte, weil Disney ihn zeitnah ins Streaming brachte. Das wiederum kostete Johansson bares Geld.
Es ist allerdings fraglich, ob Iger den Schauspielern hier weitreichende Zugeständnisse macht. In einem Interview hat der CEO bereits deutlich gemacht, dass er selbst nicht von einer vollständigen Erholung der Kinobranche auf Vorkrisenniveau ausgeht. Zudem galt er stets als großer Förderer des konzerneigenen Streaming-Dienstes. Somit werden Marvel-Stars voraussichtlich auch in Zukunft mit einer zeitnahen Plattform-Auswertung ihrer Filme leben müssen.
Bleibt Chapeks Sparprogramm?
Igers Vorgänger hatte eine Task Force eingesetzt, die nach Einsparpotenzial suchen sollte, um Disneys Geschäftsziele bis 2024 zu erreichen. Ein wesentlicher Blick richtet sich dabei auf Ausgaben für Content und Marketing. Allerdings steht auch an diesem Projekt nach dem Chefwechsel ein großes Fragezeichen. Iger gilt im Gegensatz zu seinem Vorgänger nicht als "Erbsenzähler". Kaum ein CEO gab bislang mehr Geld für Zukäufe und Inhalte aus als Iger.
Diese Strategie stellte sich als erfolgreich heraus. Vor allem mit teuren Blockbustern von Marvel und Star Wars verdient der Konzern sein Geld, dazu zählen insbesondere aufwändig produzierte Serien für Disney+. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass Iger Kürzungen im Bereich Content scheut und eher in anderen Bereichen kürzt. Dazu könnte zum Beispiel das Geschäft mit Kreuzfahrten zählen. Kürzungen wären weiterhin im Bereich der Vergnügungsparks vorstellbar.