Streaming: Disney verliert 600 Mio. Dollar mit "Black Widow"
Laut Medienberichten hat Disney im vergangenen Jahr bei der parallelen Auswertung des Marvel-Blockbusters "Black Widow" rund 600 Millionen US-Dollar verloren. Demnach hätten etwa 20 Millionen Zuschauer den Film unter anderem über einschlägige Portale illegal konsumiert. Die Nachricht ist ein weiterer Tiefschlag für CEO Bob Chapek, dessen Strategie sich vor allem auf den weiteren Ausbau von Disney+ konzentriert.
Streaming-Pläne gehen nicht auf
"Black Widow" blieb für Disney deutlich unter den Erwartungen
Foto: Marvel Studios
Aufgrund der weltweit geschlossenen Kinosäle setzte Disney vor allem auf ein sogenanntes PVOD-Modell. Für entsprechend aktuelle Blockbuster fällt ergänzend zur regulären Monatsgebühr für Disney+ ein Aufpreis von rund 30 Euro an. Das war zahlreichen Abonnenten und Nicht-Abonnenten aber offensichtlich zu teuer, sie streamten den Film lieber illegal im Netz oder besorgten sich auf anderem Wege entsprechende Raubkopien auf physischen Datenträgern.
Für Disney sind die Zahlen sogar in doppelter Hinsicht ein Desaster, denn die Verluste entstanden nicht nur im Streaming, sondern auch bei Vertragspartnern. Den Kinobetreibern entgingen durch die parallele Auswertung weitere Millionen an den Abendkassen. Zu den Kritikern an Disneys neuer Auswertungsstrategie zählte unter anderem die Multiplex-Kette Cineworld. Deren CEO, Mooky Greidinger, deutete im vergangenen Jahr bereits an, dass der Film deutlich hinter allen Umsatzerwartungen zurückblieb.
Bob Chapek ist angezählt
Die Nachricht ist vor allem für Disney-CEO Bob Chapek eine Hiobsbotschaft. Nach herben Verlusten mit geschlossenen Themenparks und ausgefallenen Kreuzfahrten sollten Blockbuster im Streaming eigentlich die Bilanz retten. Ein dreistelliger Millionenverlust in diesem Segment passt dabei nicht so richtig ins Bild. Schon bald legt Disney die abschließenden Quartalszahlen für 2021 vor, dabei wird Bob Chapek sich voraussichtlich unangenehmen Fragen von institutionellen Investoren stellen müssen.
Auch der Druck auf den Disney-Verwaltungsrat wird sich nun weiter erhöhen. Wenn Premier Access im aktuellen Jahr weiter Verluste einspielt, wird die Streaming-Strategie wohl insgesamt nochmals neu erörtert werden müssen. Im Gesamtkontext geht es dabei auch um die Umsatzbeteiligung der Schauspieler, so hatte sich Hauptdarstellerin Scarlett Johansson bereits einen öffentlichen Rechtsstreit mit Disney geliefert, über welchen sich ebenso der ehemalige CEO Bob Iger alles andere als erfreut zeigte.
Weniger Geld für Eigenproduktionen
Disney kündigte gerade erst an, die Ausgaben für Eigenproduktionen in diesem Jahr auf 33 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. Es ist zumindest fraglich, ob man diese Summe vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen in Themenparks und Streaming noch vorbehaltlos stemmen kann. Derzeit zieht vor allem die Star-Wars-Produktion "Das Buch von Boba Fett" am Konzernbudget. Nach "The Mandalorian" handelt es sich um ein weiteres Spin-Off aus der Schmiede von Lucasfilm, die Disney ebenfalls übernommen hatte.
Sollte Disney sich letztendlich wie konkurrierende Studios zu einer kostenlosen Parallelauswertung durchringen, würde das sicherlich illegalem Streaming entgegenwirken. Auf der anderen Seite stehen die reinen Abogebühren von knapp neun Euro für Disney+ in keinem Verhältnis zum Kinoumsatz oder Premier Access. Da auch illegale Streaming-Portale nicht einfach vom Markt verschwinden, bleibt dies somit für Disney ein langfristiges Problem.