Minigedrucktes

Mobilfunk: Tarifbedingungen müssen im Flyer gut lesbar sein

Prospekte mit Fußnoten in schier unles­barer gräu­licher 3 Punkte-Schrift dürfen so künftig nicht mehr ausge­geben werden. Das hat das LG Düssel­dorf geur­teilt.
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Wieder einmal stand ein promi­nenter Vertreter der Mobil­funk­branche vor Gericht. Kläger: der Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­band (vzbv), Beklagte die Voda­fone GmbH. Verhan­delt wurde vor dem Land­gericht Düssel­dorf. Grund der Klage: "Unlau­tere Voda­fone-Werbung". In einem Werbe­flyer standen wesent­liche Tarif­bedin­gungen ledig­lich in einer Fußnote in winziger, kaum lesbarer Schrift. Die Lesbar­keit wurde zusätz­lich durch die Text- und Farb­gestal­tung erschwert.

Das Land­gericht Düssel­dorf verur­teilte das Unter­nehmen zur Unter­las­sung dieser unlau­teren Werbung. Sollte Voda­fone dem nicht nach­kommen, wird eine Strafe von 250.000 Euro fällig, ersatz­weise Ordnungs­haft von bis zu 6 Monaten. Der Streit­wert der Klage betrug 15.000 Euro. Konkret hat das Land­gericht Düssel­dorf der Voda­fone GmbH unter­sagt, in einem Werbe­flyer für den Mobil­funk­tarif "Red XS" wesent­liche Tarif­bedin­gungen in einer kaum lesbaren Fußnote zu verste­cken. Damit gab das Gericht einer Klage des Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­bands (vzbv) statt, der dem Unter­nehmen unlau­tere Werbung durch Verschweigen wesent­licher Infor­mationen vorge­worfen hatte. Das Landgericht Düsseldorf hat eine beliebte Praxis verurteilt: Kleingedrucktes darf nicht zu klein und unleserlich sein. Das Landgericht Düsseldorf hat eine beliebte Praxis verurteilt: Kleingedrucktes darf nicht zu klein und unleserlich sein.
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Voda­fone hatte in einem mehr­sei­tigen Werbe­flyer für einen Mobil­funk­tarif geworben. An mehreren Angaben zum Monats­preis und zum Leis­tungs­umfang befand sich der Hinweis auf die Fußnote 1, die zusammen mit anderen Fußnoten auf einer Seite des Flyers abge­druckt war. Die Fußnote enthielt unter anderem wich­tige Hinweise zur Mindest­lauf­zeit des Vertrags, zum einma­ligen Anschluss­preis und Details zum Leis­tungs­umfang.

Die winzige Schrift in der Schrift­größe "3-Punkt" war jedoch kaum lesbar. Die Lesbar­keit wurde dadurch erschwert, dass sich die Fußnoten über die volle Seiten­länge zogen und aus einem einzigen unge­glie­derten Absatz mit 1.530 Wörtern bestanden! Nicht nur das: Der in einem Grauton gehal­tene Text hob sich nur wenig vom leicht glän­zenden Unter­grund ab.

Wich­tige Infor­mationen müssen leicht zugäng­lich sein

Das Land­gericht folgte der Ansicht des vzbv, dass durch diese Gestal­tung den Verbrau­chern wesent­liche Infor­mationen über den Tarif und den Preis vorent­halten worden sind und damit eine Irre­füh­rung vorliegt. Da es sich um eine Produkt­wer­bung unter Angabe des Preises handelte, sei Voda­fone gesetz­lich verpflichtet gewesen, im Werbe­flyer die wesent­lichen Tarif­bedin­gungen in leicht zugäng­licher Form bereit­zustellen. In der Fußnote seien zwar alle erfor­der­lichen Infor­mationen genannt. Der Text sei aber aufgrund seiner Gestal­tung nicht lesbar.

Die sehr kleine Schrift, die über­große Zeilen­länge, die fehlende Unter­glie­derung und der kontrastarme Druck erschwerten in unge­wöhn­lich starkem Maße die Lesbar­keit des Textes und damit die Zugäng­lich­keit der durch ihn vermit­telten Infor­mationen. Der Inhalt der Fußnote lasse sich nicht auf zumut­bare Weise erschließen.

Das Urteil wurde am 26.08.2022 bekannt­gegeben und trägt das Akten­zei­chen: Az. 38 O 41/22 beim Land­gericht Düssel­dorf.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Hier hat Voda­fone ein Urteil stell­ver­tre­tend für die gesamte Branche bekommen. Denn in der gesamten Branche ist es eigent­lich seit Jahren übliche Praxis, Flug­blätter und Prospekte bis zum Hemd­kragen mit unles­baren oder unver­ständ­lichen winzigen Fußno­ten­texten nur so zu bepflas­tern. Trotz 30 Jahre digi­talem Mobil­funk und ausrei­chend Erfah­rung ist es der Branche bis heute nicht gelungen, klare einfache Tarife ohne Risiken und Neben­bedin­gungen zu schaffen und durch­zuhalten. In den Texten liest man andau­ernd "gilt nur bei ... gilt nicht, wenn... gilt nur mit..." und so weiter. Ruft das schlechte Gewissen?

Dabei gab und gibt es auch "einfache" Tarife, wie einst die nicht mehr exis­tie­rende Marke Simyo (im Netz von E-Plus und später o2) oder aktuell den von "fraenk" (im Netz der Telekom), wo es einen klaren Preis gibt und alles, was unge­wollte Kosten verur­sachen könnte, einfach gesperrt wurde. Das mag auch nicht jedem Kunden gefallen, ist aber klar und eindeutig.

Die Branche sollte sich endlich aufraffen, ihre 45.698 Fußnoten und Neben­bedin­gungen einfach einmal gründ­lich zu entrüm­peln. Im ersten Schritt wäre ein gene­relles Kündi­gungs­recht jeweils zum Monats­ende ohne Mindest­lauf­zeit eine einfache Möglich­keit. Wenn danach der Kunde "merkt", dass ein Angebot für ihn nicht passt, kann er einfach und ohne Aufheben kündigen.

"Das Handy für einen Euro" wird man dann vom Mobil­funk­ver­trag total entkop­pelt mieten oder kredit­finan­zieren können. Hier bestünde die Möglich­keit, durch vorzei­tige Rück­gabe in einwand­freiem Zustand oder durch Einmal­zah­lung der rest­lichen Kredit­summe den laufenden Kredit­ver­trag zu beenden. Ansatz­weise gibt es das bei o2 (MyHandy) oder bei externen Dienst­leis­tern wie Grover, wo man die Geräte mietet (und jeder­zeit zurück­geben oder nach einer gewissen Zeit käuf­lich erwerben kann).

Eine weitere Klage des vzbv gegen die Deut­sche Post betraf das Handy­porto. Es darf nicht nach 14 Tagen verfallen.

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