Telekommunikationsgesetz

Karlsruhe beschränkt Verwendung von Telekommunikationsdaten (Update)

Bis zum 30. Juni 2013 muss neue Regelung fertig sein
Von mit Material von dpa

Die Beschwerdeführer zeigten sich heute zufrieden mit dem Karlsruher Urteil. "Es ist ein großer Erfolg unserer Beschwerde, dass das Bundesverfassungsgericht der ausufernden staatlichen Identifizierung von Internetnutzern einen Riegel vorschiebt und die Anonymität unserer Internetnutzung schützt", erklärt der Beschwerdeführer Patrick Breyer. "Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist das Telekommunikationsgesetz zur Ruine rot-grünen Überwachungswahns geworden. Die Bundesjustizministerin muss jetzt klarstellen, dass Internetnutzer künftig nur noch nur mit richterlicher Genehmigung und nur zur Verfolgung schwerer Straftaten sowie zum Schutz von Leib oder Leben identifiziert werden dürfen. Ihr Vorhaben zur verdachtslosen Vorratsspeicherung jeder Internetverbindung (IP-Adresse) muss Frau Leutheusser- Schnarrenberger endlich beerdigen."

"Ein Durchbruch ist, dass das Bundesverfassungsgericht PINs und Passwörter, etwa zu E-Mail-Konten, endlich vor staatlichem Zugriff ohne jede richterliche Genehmigung schützt", erklärt der Beschwerdeführer Jonas Breyer. "Wenn sich der Staat Zugriffscodes aushändigen lässt, ist unkontrollierten Zugriffen auf E-Mails und Sprachnachrichten Tür und Tor geöffnet. Einen direkten staatlichen Zugriff auf E-Mails und Mailboxen darf es deshalb nicht geben."

Soweit das Bundesverfassungsgericht den allgemeinen Identifizierungszwang für Mobilfunkkarten (Prepaidkarten) unbeanstandet gelassen hat, werden die Beschwerdeführer voraussichtlich Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einreichen. "Es ist grob unverhältnismäßig, sämtliche Telekommunikationskunden ohne jeden Anlass zu identifizieren, nur weil ein Bruchteil dieser Daten zur 'Missbrauchsbekämpfung' einmal nützlich sein könnte", begründet Patrick Breyer. "Unsere Gesellschaft braucht anonyme Telekommunikation, damit jeder Mensch ohne Furcht vor Nachteilen telefonische Beratung oder Hilfe in Anspruch nehmen, Straftaten anzeigen und die Presse von Missständen in Kenntnis setzen kann."

Ziele: Anonyme Prepaidkarten und Datenzugriff nur für Richter

Die Beschwerdeführer fordern, dass vorausbezahlte Mobilfunkkarten ohne Zwang zur Identifizierung wieder anonym erhältlich sein müssen. Der Staat dürfe die Anonymität der Telekommunikation und Internetnutzung nur mit richterlicher Genehmigung aufheben, und zwar nur zur Verfolgung schwerer Straftaten sowie zum Schutz von Leib oder Leben. Staatsbeamte sollen keinen direkten Online-Datenzugriff haben dürfen. Insbesondere Geheimdienste sollen laut Auffassung der Beschwerdeführer in keinem Fall Zugriff auf Telekommunikationsdaten erhalten.

Auf der neuen dritten Seite unseres Berichts haben wir nachträglich einige Reaktionen aus Politik und Justiz auf das Urteil aus Karlsruhe zusamengetragen.

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