Vorratsdatenspeicherung bleibt weiterhin illegal
Unter Verweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem September hat das Bundesverfassungsgericht drei Verfassungsbeschwerden gegen die anlasslose Vorratsdatenspeicherung abgewiesen. Aus den Begründungen gehe nicht hervor, inwieweit noch ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, teilte das Karlsruher Gericht heute mit. Die 2016 eingereichten Beschwerden wurden deshalb nicht zur Entscheidung angenommen (Az. 1 BvR 141/16 u.a.).
Der EuGH hatte sich nach einer Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts mit der deutschen Vorratsdatenspeicherung befasst. Die Regelung war wegen rechtlicher Unsicherheiten seit 2017 ohnehin nicht mehr angewandt worden. Nach dem Luxemburger Urteil dürfen die Kommunikationsdaten aller Bürgerinnen und Bürger nicht ohne Anlass gespeichert werden, eine gezielte und zeitlich begrenzte Speicherung der Daten ist nur bei einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit möglich. Zur Bekämpfung schwerer Kriminalität kann laut EuGH auch eine Vorratsspeicherung der IP-Adressen möglich sein.
Justizministerium will Quick-Freeze-Verfahren
Bundesverfassungsgericht nimmt Beschwerden gegen ohnehin illegale Vorratsdatenspeicherung nicht an
Bild: picture alliance/dpa
Seither gibt es in der Ampel-Regierung Streit über die Frage, wie
eine Neuregelung aussehen könnte. Das Justizministerium unter Marco
Buschmann (FDP) wirbt seit Längerem für das sogenannte
Quick-Freeze-Verfahren. Dabei würden Telekommunikationsanbieter
verpflichtet, bei Verdacht Daten zu einzelnen Nutzern für einen
bestimmten Zeitraum zu speichern - sozusagen "einzufrieren". Nach
Auffassung von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) ist das kein
adäquater Ersatz für eine Speicherung von IP-Adressen.
Die Verfassungsrichterinnen und -richter teilten mit, für eine Überprüfung einer nationalen Norm gebe es kein Bedürfnis, wenn schon feststehe, dass diese EU-Recht widerspreche. Die Kläger hätten ihre Beschwerden nicht an die veränderte Sach- und Rechtslage angepasst.
Eine der Verfassungsbeschwerden war damals unter anderem vom Verein Digitalcourage mit mehr als 37.000 Unterstützern eingereicht worden. Gründungsvorstand Rena Tangens erklärte: "Der Gesetzgeber muss diese Gesetzesleiche jetzt konsequenterweise auch endlich streichen."
Nach Auskunft des Gerichtssprechers sind noch drei weitere Verfassungsklagen gegen die Vorratsdatenspeicherung im zuständigen Dezernat anhängig. Zum Verfahrensstand äußerte er sich nicht.
Die EU-Kommission hatte Mitte Mai einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem sie die Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen im Internet eindämmen will. Die FDP will bei anlassloser Massenüberwachung aber nicht mitmachen.