Beschluss

Vorratsdatenspeicherung bleibt weiterhin illegal

Wegen recht­licher Unsi­cher­heiten wird die Vorrats­daten­spei­che­rung seit 2017 nicht mehr ange­wandt. Verfas­sungs­beschwerden dagegen ergeben also kaum Sinn - das Bundes­ver­fas­sungs­gericht wies daher drei Beschwerden ab.
Von dpa /

Unter Verweis auf das Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofs (EuGH) aus dem September hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht drei Verfas­sungs­beschwerden gegen die anlass­lose Vorrats­daten­spei­che­rung abge­wiesen. Aus den Begrün­dungen gehe nicht hervor, inwie­weit noch ein Rechts­schutz­bedürfnis bestehe, teilte das Karls­ruher Gericht heute mit. Die 2016 einge­reichten Beschwerden wurden deshalb nicht zur Entschei­dung ange­nommen (Az. 1 BvR 141/16 u.a.).

Der EuGH hatte sich nach einer Vorlage des Bundes­ver­wal­tungs­gerichts mit der deut­schen Vorrats­daten­spei­che­rung befasst. Die Rege­lung war wegen recht­licher Unsi­cher­heiten seit 2017 ohnehin nicht mehr ange­wandt worden. Nach dem Luxem­burger Urteil dürfen die Kommu­nika­tions­daten aller Bürge­rinnen und Bürger nicht ohne Anlass gespei­chert werden, eine gezielte und zeit­lich begrenzte Spei­che­rung der Daten ist nur bei einer ernsten Bedro­hung für die natio­nale Sicher­heit möglich. Zur Bekämp­fung schwerer Krimi­nalität kann laut EuGH auch eine Vorrats­spei­che­rung der IP-Adressen möglich sein.

Justiz­minis­terium will Quick-Freeze-Verfahren

Bundesverfassungsgericht nimmt Beschwerden gegen ohnehin illegale Vorratsdatenspeicherung nicht an Bundesverfassungsgericht nimmt Beschwerden gegen ohnehin illegale Vorratsdatenspeicherung nicht an
Bild: picture alliance/dpa
Seither gibt es in der Ampel-Regie­rung Streit über die Frage, wie eine Neure­gelung aussehen könnte. Das Justiz­minis­terium unter Marco Busch­mann (FDP) wirbt seit Längerem für das soge­nannte Quick-Freeze-Verfahren. Dabei würden Tele­kom­muni­kati­ons­anbieter verpflichtet, bei Verdacht Daten zu einzelnen Nutzern für einen bestimmten Zeit­raum zu spei­chern - sozu­sagen "einzu­frieren". Nach Auffas­sung von Innen­minis­terin Nancy Faeser (SPD) ist das kein adäquater Ersatz für eine Spei­che­rung von IP-Adressen.

Die Verfas­sungs­rich­terinnen und -richter teilten mit, für eine Über­prü­fung einer natio­nalen Norm gebe es kein Bedürfnis, wenn schon fest­stehe, dass diese EU-Recht wider­spreche. Die Kläger hätten ihre Beschwerden nicht an die verän­derte Sach- und Rechts­lage ange­passt.

Eine der Verfas­sungs­beschwerden war damals unter anderem vom Verein Digi­tal­cou­rage mit mehr als 37.000 Unter­stüt­zern einge­reicht worden. Grün­dungs­vor­stand Rena Tangens erklärte: "Der Gesetz­geber muss diese Geset­zes­leiche jetzt konse­quen­ter­weise auch endlich strei­chen."

Nach Auskunft des Gerichts­spre­chers sind noch drei weitere Verfas­sungs­klagen gegen die Vorrats­daten­spei­che­rung im zustän­digen Dezernat anhängig. Zum Verfah­rens­stand äußerte er sich nicht.

Die EU-Kommis­sion hatte Mitte Mai einen Gesetz­ent­wurf vorge­legt, mit dem sie die Verbrei­tung von Miss­brauchs­dar­stel­lungen im Internet eindämmen will. Die FDP will bei anlass­loser Massen­über­wachung aber nicht mitma­chen.

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