PRISM: Union rückt von Begriff "Vorratsdatenspeicherung" ab
PRISM: Union rückt von Begriff "Vorratsdatenspeicherung" ab
Bild: CDU
Der PRISM-Skandal treibt in Wahlkampfzeiten merkwürdige Blüten. Die Union, die lange Zeit vehement für die Vorratsdatenspeicherung gekämpft hat, vermeidet diesen Begriff nach dem PRISM-Skandal nun. Doch was steckt hinter dem Ersatzbegriff "Mindestdatenspeicherung": Ein echter Sinneswandel oder nur Wahlkampf?
PRISM: Union rückt von Begriff "Vorratsdatenspeicherung" ab
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Die Meldungen des heutigen Tages, nach denen die Union den geordneten Rückzug von der Vorratsdatenspeicherung antritt, sollten mit besonderer Aufmerksamkeit gelesen werden. Denn dass der aktuelle Ausspähungs-Skandal der NSA einen dauerhaften Sinneswandel bei den Unionspolitikern bewirkt hat, erscheint unwahrscheinlich. Trotzdem taucht der Begriff "Vorratsdatenspeicherung" im aktuellen Wahlprogramm nicht mehr auf. Das riecht eher nach Wahltaktik denn nach einer echten Überzeugung. Trotzdem werden sich auch die Unionspolitiker ihre Gedanken über den Datenschutz der Bürger machen.
Unionspläne zu Datenschutz und Datenspeicherung
Sucht der Leser im aktuellen Unions-Wahlprogramm [Link entfernt] nach dem Begriff "Vorratsdatenspeicherung", findet er kein Ergebnis mehr. Auf Seite 114 spricht die Partei von "Mindestdatenspeicherung" - hier der komplette Passus im Wortlaut:
Mindestspeicherfristen für Verbindungsdaten regelnDie Formulierungen in diesem Abschnitt lassen darauf schließen, dass die eigentliche Position der Union sich nicht geändert hat: Zum Zwecke der Strafverfolgung hält die Partei wohl weiterhin an einer "vorsorglichen" Datenspeicherung fest. Der Begriff "Schutzlücken" spricht dabei für sich. Die Union hält aber daran fest, dass der Datenzugriff nur "auf Anordnung eines Ermittlungsrichters oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit" erfolgen kann.Der Staat muss persönliche Kommunikationsdaten der Menschen schützen. Zugleich dürfen wir jedoch Schutzlücken bei Strafverfolgung und Gefahrenabwehr nicht hinnehmen. Mindestspeicherfristen für Verbindungsdaten sind notwendig, damit bei der Verfolgung von schweren Straftaten auf Anordnung eines Ermittlungsrichters oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit ein Datenzugriff erfolgen kann. Manche Straftaten, wie etwa die Verbreitung von Kinderpornographie im Netz, lassen sich nur darüber aufklären. Gerade auch im Kampf gegen Terroristen ist dies oftmals ein entscheidendes Mittel, um Anschläge verhindern zu können. CDU und CSU wollen daher eine entsprechende Richtlinie der Europäischen Union in nationales Recht umsetzen.
Die Ermittlungspraxis der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass hierbei richterlich angeordnete Datenzugriffe und Auswertungen nicht das eigentliche Problem sind, weil diese in der Regel überwiegend bei tatsächlich passierten oder zu erwartenden Straftaten stattfinden. Das Problem sind eher die Datenzugriffe "zur Abwehr von erheblichen Gefahren", die von Polizei und/oder Geheimdiensten ohne richterliche Anordnung stattfinden. Denn hier besteht stets die Gefahr, dass staatliche Stellen unkontrolliert über das Ziel hinausschießen, so wie dies beim aktuellen NSA-Skandal passiert ist. Die USA argumentieren ja auch damit, dass die ganze Überwachungspraxis nur "zur Abwehr von erheblichen Gefahren" stattfindet.
In der nächsten Legislaturperiode wäre es also ratsam, nicht nur die Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie in deutsches Recht nochmals genau zu überdenken, sondern auch zu definieren, was tatsächlich "erhebliche Gefahren" sind und wer dazu berechtigt ist, eine Datensichtung anzuordnen, bevor ein Richter sich mit der Thematik befassen kann. Die Europäische Richtlinie 24/2006/EG zur Vorratsdatenspeicherung sieht die Einführung von Mindestspeicherfristen von mindestens sechs Monaten bis zu zwei Jahren für derartige Telekommunikationsverkehrsdaten vor. Ob das Bundesverfassungsgericht einem deutschen Gesetz, das diese Richtlinie umsetzt, zustimmen wird, bleibt abzuwarten.