Streit um Vorratsdatenspeicherung: Bundesregierung droht Klage
Bundesregierung droht Klage wegen Vorratsdatenspeicherung
Bild: dpa
Der Streit über die Vorratsdatenspeicherung zieht sich weiter hin.
Erst vor zwei Tagen berichteten wir über den Standpunkt des
Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar, der sich, ebenso wie
die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP),
für das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren, also die anlassbezogene
Speicherung von Daten, einsetzt. Bislang war die Bundesregierung
jedoch nicht in der Lage, fristgerecht die EU-Richtlinie zur
Vorratsdatenspeicherung in nationales Recht umzusetzen.
Bundesregierung droht Klage wegen Vorratsdatenspeicherung
Bild: dpa
Der schwarz-gelben Koalition droht nun möglicherweise eine Klage vor dem Europäischen
Gerichtshof. Einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) zufolge erwägt die EU-Kommission einen solchen Schritt. Nach mehreren
Mahnungen sei die Kommission nicht mehr bereit, Deutschland noch mehr Zeit
für die Umsetzung der EU-Richtlinie zu geben, zitierte das Blatt einen
Sprecher der Kommission. Im Falle einer Verurteilung drohen laut FAZ Strafen
zwischen 13 000 und 823 000 Euro pro Tag.
Die Bundesregierung reagierte hinsichtlich der drohenden Klage gelassen. Bis zu einer tatsächlichen Verurteilung sei es noch ein sehr weiter Weg, sagte ein Sprecher auf dapd-Anfrage. Zudem habe Deutschland wesentliche Teile der EU-Richtlinie bereits umgesetzt, wie die Bundesregierung der EU-Kommission in einem vom Bundesjustizministerium verfassten Schreiben vom 23. Dezember mitteilte. Laut FAZ verweist die Regierung darin unter anderem auf den Vorschlag des Justizministerium für eine anlassbezogene Datenspeicherung.
Gröhe und Merkel hoffen auf Einigung
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe mahnte eine Einigung der Koalition an. Es sei "ein besonderer Vorgang, dass Deutschland Strafzahlungen aus Europa drohen, weil wir eine EU-Richtlinie dazu nicht umgesetzt haben", sagte Gröhe der WAZ-Mediengruppe. Die CDU habe Kompromisswillen erkennen lassen und etwa eine kürzere Speicherzeit der Daten von vier Monaten angeregt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigt sich trotz der herrschenden Uneinigkeit zum Thema Vorratsdatenspeicherung zuversichtlich, dass das Problem gelöst werden kann. Die Kanzlerin habe keinen Zweifel, dass es gelingen werde, die Vorgabe der EU umzusetzen, erklärte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth appellierte dagegen an die FDP: "Wir erwarten von der FDP, dass sie sich hier auf keine falschen Kompromisse einlässt". Auch die Linken warnten vor einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Damit würden alle Bürger unter Generalverdacht gestellt, sagte Innenexpertin Petra Pau.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) kritisierte dagegen die Haltung der Justizministerin. Durch das von ihr favorisierte Quick-Freeze-Verfahren würden den Ermittlungsbehörden nur Kommunikationsdaten des "Nachtat-Verhaltens" zur Verfügung stehen, hieß es in einer Mitteilung des BDK. Das reiche nicht zur beweiskräftigen Dokumentation von Straftaten in späteren Hauptverhandlungen.