Bürgerrechte

Bürgerrechtler fordern Ende der Vorratsdatenspeicherungs-Debatte

Aktuelle Kriminalitätsstatistik zeige Wirkungslosigkeit des Instruments
Von Ralf Trautmann

Bürgerrechtler fordern Ende der Debatte um Vorratsdatenspeicherung Bürgerrechtler fordern Ende der Debatte um Vorratsdatenspeicherung
© Tomasz Trojanowski - Fotolia.com
Das Für und Wider der so genannten Vorratsdatenspeicherung bewegt seit langem die politische Debatte in Deutschland. Hier geht es um die verdachtsunabhängige Speicherung von Verkehrsdaten aus der Telekommunikation, unter anderem der zugewiesenen IP-Adressen - Ende 2007 wurde eine entsprechende Regelung in Deutschland vom Bundestag als Gesetz verabschiedet, dann aber schlussendlich im März 2010 vom Bundesverfassungsgericht auf Grund einer Verfassungsbeschwerde gekippt.

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Das Gesetz war seinerzeit die Folge der Umsetzung einer europäischen Richtlinie - und seit geraumer Zeit streitet die schwarz-gelbe Koalition jetzt um eine neue Lösung, die EU-Kommission drängt ebenfalls auf ein neues, entsprechendes Gesetz in Deutschland.

Der Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung fordert indes nun angesichts der gestern vorgelegten bundesweiten Kriminalitätsstatistik, die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung zu beenden. Der Arbeitskreis sieht in der Statistik den Beleg, dass die Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung weder zu einer höheren Kriminalität im Allgemeinen (hier vermeldete die Statistik die niedrigste Zahl der registrierten Straftaten seit der Wiedervereinigung) noch in Bezug auf Internetdelikte geführt habe und zudem auch keine beweisbaren negativen Auswirkungen auf die Aufklärungsquote bei Delikten habe. Innenminister Hans-Peter Friedrich deutet die Zahlen naturgemäß anders. Die Zahl der registrierten Internetdelikte hatte mit einer um acht Prozent einen neuen Rekordwert erreicht - das Internet dürfe kein rechtsfreier Raum werden, mahnte entsprechend der Minister.

Kein Kriminalitätsanstieg durch ausgesetzte Vorratsdatenspeicherung

Beim Arbeitskreis heißt es hierzu indes: "Nichts in der gestern vorgelegten Statistik spricht für die Annahme, dass das Ende der verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung von Internetdaten zu mehr Internetkriminalität geführt hätte". Die Zahl der Internetdelikte sei im Jahr 2009, als die Vorratsdatenspeicherung noch durchgeführt wurde, um 24 Prozent gestiegen, im Jahr 2010 dagegen nur um 8 Prozent, obwohl die Vorratsdatenspeicherung schon im März ausgesetzt wurde und dieses Instrument die meiste Zeit des Jahres nicht zur Verfügung stand. Zudem sei die "Aufklärungsquote bei Internetdelikten zwar leicht zurück gegangen" - dies entspreche "aber einem langfristigen Trend" über die vergangene Jahre und sei damit nicht mit dem Ende der Vorratsdatenspeicherung zu begründen. Damit sei auch die These aus Sicherheitskreisen, dass das Internet "nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung ein 'rechtsfreier Raum' oder Ermittlungen [...] kaum noch möglich" seien, nicht haltbar.

"Nicht alltägliche Kleinkriminalität wie eBay-Betrügereien macht das Internet unbrauchbar, sondern eine Rückverfolgbarkeit jedes Klicks durch IP-Vorratsdatenspeicherung würde das Netz unbrauchbar machen für viele politische Aktivitäten, für Whistleblower, für Presseinformanten und für Menschen in Not, die sich nur im Schutz der Anonymität überhaupt für Beratung und Hilfe erreichen lassen", teilte Patrick Breyer vom Arbeitskreis weiter mit. Angesicht der Tatsache, dass 96,6 Prozent der Internet-Nutzer nie in den Verdacht einer Straftat kämen, sei der Schutz der Internet-Nutzer vor "falschem Verdacht, Datenmissbrauch und Datenpannen durch Vorratsdatenspeicherung" das Ziel.

Doch wie bei Statistiken üblich, steht auch die gestrige Kriminalitätsstatistk in verschiedenster Hinsicht und von verschiedenen Seiten in der Kritik: So kommentierte mancher Kritiker zum Beispiel, die unzureichende Personalausstattung und Sparmaßnahmen bei Ermittlungsbehörden führe dazu, dass der Anteil der entdeckten an den gesamten Straftaten im Internet sinke - und somit die Statistik nicht die Realität abbilde.

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