Kritik

Kritik an TKG-Novelle: Entwurf mit Nachbesserungsbedarf

Eigent­lich sollte das neue Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz schon Ende 2019 disku­tiert werden, doch dann kam es anders. Während der BREKO Verband das Gesetz in vielen Punkten gut findet, hagelt es vom VATM Kritik.
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Die Novellierung des TKG soll den Glasfaserausbau beschleunigen. Während der VATM harsche Kritik übt, sieht der BREKO eher die konstruktiven Punkte. Die Novellierung des TKG soll den Glasfaserausbau beschleunigen. Während der VATM harsche Kritik übt, sieht der BREKO eher die konstruktiven Punkte.
Foto: Uwe Anspach/dpa
Verbände und Inter­essen­gruppen haben den Entwurf für die Novel­lie­rung (Über­arbei­tung) des Tele­kom­muni­kati­ons­gesetzes (TKG) erhalten und wurden um Stel­lung­nahme gebeten. Das aktu­elle Papier ist über 400 Seiten stark. Je nach Inter­essen­lage reicht die Kritik von Zustim­mung bis zu harscher Kritik.

VATM: Mehr Unter­stüt­zung der Glas­faser-Ausbauer

Die Novellierung des TKG soll den Glasfaserausbau beschleunigen. Während der VATM harsche Kritik übt, sieht der BREKO eher die konstruktiven Punkte. Die Novellierung des TKG soll den Glasfaserausbau beschleunigen. Während der VATM harsche Kritik übt, sieht der BREKO eher die konstruktiven Punkte.
Foto: Uwe Anspach/dpa
Der Verband der Anbieter von Tele­kom­muni­kations und Mehr­wert­dienst­leis­tungen (VATM) findet, dass die Novelle die Glas­faser ausbau­enden Unter­nehmen deut­lich klarer unter­stützen müsse. Neure­gelungen würden eher die Telekom begüns­tigen, "als die seit langem schon viel stärker ausbau­enden Wett­bewerber".

Ein noch weiter­gehender Verzicht auf Regu­lie­rung gegen bloße Zugangs­zusagen der Telekom zu ihrem Netz sei so nicht im euro­päi­schen Rechts­rahmen vorge­sehen. Der gefor­derte Zugang zur passiven Infra­struktur (Kabel­stre­cken, Leer­rohre) der Telekom sei nicht voll­ständig umge­setzt. Wett­bewerber müssten die Bundes­netz­agentur anrufen können, um neue Märkte zu defi­nieren und zu unter­suchen.

70 Prozent von Telekom Konkur­renten gebaut

70 Prozent der von den Kunden gebuchten Glas­faser­anschlüsse (FTTH/B) seien von den Wett­bewer­bern der Deut­schen Telekom gebaut worden. Der VATM bemän­gelt, "eine für Wett­bewerber plan­baren Migra­tion von alten Kupfer­netzen auf moderne Glas­faser komme viel zu kurz". Andere Länder seien deut­lich weiter und klarer als Deutsch­land. Der VATM fordert ein inves­titions- und wett­bewerbs­kon­formes Preis­niveau für die Kupfer- und Glas­faser­lei­tungen, womit die sinn­volle, schritt­weise Abschal­tung des Kupfer­netzes für den Weg in die Gigabit-Gesell­schaft nicht von "disrup­tiven Endkun­den­preis­ent­wick­lungen" (= Verteue­rungen) für Breit­band­anschlüsse begleitet wird.

Soll heißen: Wenn überall Glas­faser verlegt ist, könnte die Telekom die Preise für ihre alten Kupfer­lei­tungen so krass erhöhen, um den tatsäch­lichen Umstieg auf Glas­faser zu beschleu­nigen, was klei­neren privaten Anbie­tern, die nicht in Glas inves­tieren können oder wo es sich für sie nicht lohne, kaum gefallen dürfte.

Der stetige Regu­lie­rungs­abbau würde den Glas­faser­ausbau der Telekom nicht beschleu­nigen, notwendig sei ein starker Wett­bewerb.

Angst vor mehr Verbrau­cher­schutz

Wieder einmal verhakt sich der VATM im Verbrau­cher­schutz, weil die Branche einen Unter­gang befürchtet, wenn Kunden früher kündigen können oder schneller aus (nicht wirk­lich gewollten) Verträgen aussteigen könnten. Dass zufrie­dene Kunden nicht kündigen sondern bleiben, wird gerne über­sehen.

„Keines­falls darf es im Rahmen der weiteren Bera­tungen zu zusätz­lichen Belas­tungen für die Glas­faser oder 5G ausbau­enden Unter­nehmen kommen“, unter­streicht VATM-Geschäfts­führer Grützner.

Gibt es auch etwas Gutes im Entwurf?

Immerhin wurden einige wich­tige Vorschläge aus dem Digital-Gipfel-2019-Entwurf (unter Betei­ligung des VATM) aufge­griffen. Das seien Erleich­terungen bei Wege­rechten und der Büro­kra­tie­abbau bei Geneh­migungs­ver­fahren. Abschlie­ßend fordert der VATM, "bei nicht lösbaren Streit­punkten exakt an die EU-Vorgaben halten.“

BREKO mit konstruk­tiver Kritik

Konstruk­tiver befasst sich der Bundes­ver­band Breit­band-Kommu­nika­tion (BREKO) mit dem Entwurf und möchte eine "moderne Regu­lie­rung für einen dyna­mischen Glas­faser­ausbau". Anders als die „Kupfer­welt“ sei der Glas­faser­ausbau "nicht durch ein ehema­liges Staats­monopol in der Hand eines Unter­neh­mens gekenn­zeichnet", sondern durch zahl­reiche lokale und regio­nale Ausbau­pro­jekte einer Viel­zahl von Unter­nehmen.

Da auch die Telekom zukünftig Glas­faser ausbauen wird, wäre es nicht ziel­füh­rend, die neuen Netze mit den glei­chen Regeln zu behan­deln, wie die aus Mono­pol­zeiten stam­menden Kupfer­netze.

Der neue euro­päi­sche Rechts­rahmen, der mit dem TKG umge­setzt wird, sieht weit­gehend wett­bewerb­liche Instru­mente wie Selbst­ver­pflich­tungen des markt­beherr­schenden Unter­neh­mens vor. Durch soge­nannte Verpflich­tungs­zusagen zu Ko-Inves­titionen und Netz­zugang können weiter­rei­chende Regu­lie­rungs­auf­lagen abge­wendet werden. Hat die Bundes­netz­agentur (BNetzA) das geprüft und für verbind­lich erklärt, kann von weiteren Regu­lie­rungs­auf­lagen abge­sehen werden. Bei Problemen muss die BNetzA "ziel­genau die Regu­lie­rungs­inten­sität jeder­zeit wieder erhöhen" können. Der BREKO findet diesen Ansatz richtig, weil er "der beson­deren Markt­struktur im Glas­faser­markt entspricht" und flexibel ist.

Kupfer wird an Bedeu­tung verlieren

Je mehr Glas­faser in die Gebäude kommt, desto mehr verliert das bestehende Kupfer­netz an Bedeu­tung. Daher ist absehbar, dass die Telekom irgend­wann ihr Kupfer­netz abschalten wird. Die neue Rege­lung soll sicher­stellen, dass Unter­nehmen, die Leitungen ("Vorleis­tungen") von der Telekom haben möchten, auch nach Abschal­tung des Kupfer­netzes reibungslos weiter versorgen können.

Auch der BREKO sieht da Probleme, wenn nicht die Telekom moti­viert wird, "volks­wirt­schaft­lich sinn­voll und nach­haltig auf Glas­faser­netze von Wett­bewer­bern" zu migrieren, sprich, auch bei der Konkur­renz (den Mitglie­dern des BREKO und des VATM) Leitungen anzu­mieten oder einzu­kaufen.

Realis­tisch sieht der BREKO, dass die Branche sich zusätz­liche Spiel­regeln geben muss, unter "Mode­ration" und Aufsicht der Bundes­netz­agentur.

„Recht auf schnelles Internet“ – Univer­sal­dienst verzö­gert zukunfts­sicheren Ausbau

Im Gesetz ist ein „recht­lich abge­sicherter Anspruch auf schnelles Internet“ vorge­sehen. Das bedeutet, dass die BNetzA bestimmte Unter­nehmen dazu verdon­nern könnte, in Regionen mit beson­ders schlechten Netzen, "auf Antrag eine Versor­gung mit einem Mindest­stan­dard an Band­breite zu reali­sieren" auch als "Univer­sal­dienst" bekannt. Diese Anbin­dung sollen dann alle anderen Anbieter, die in dem Gebiet nicht selbst bauen wollen, mitfi­nan­zieren.

Der BREKO befürchtet eine Verein­zelung des Ausbaus statt einer "Skalie­rung". Nur dort, wo weder ein eigen­wirt­schaft­licher noch staat­lich geför­derter Glas­faser­ausbau Aussicht auf Erfolg verspre­chen, bezie­hungs­weise im Fall von Förder­ver­fahren schon geschei­tert ist, käme das als letzter Ausweg in Betracht. Der Mobil­funk sollte dabei mit einbe­zogen werden.

Gutschein 2.0: Glas­faser-Prämie

Nach wie vor hält der BREKO eine „Glas­faser-Prämie“ für ziel­füh­rend. Die Idee wurde früher als "Gutscheine" dekla­riert: Bürger und Unter­nehmen in unter­ver­sorgten Gebieten erhalten eine finan­zielle Unter­stüt­zung für die Reali­sie­rung eines Glas­faser­anschlusses und die Abde­ckung eines Teils der monat­lichen Kosten des gebuchten Tarifs. Artikel 90 des Euro­päi­schen Rechts­rah­mens (EECC) erlaubt als Alter­native zum Umla­gever­fahren des TKG-Entwurfs auch die Möglich­keit einer staat­liche Entschä­digung der Firma die dort ausbaut. Gewisse Grenzen sollten aber beachtet werden.

Verein­fachte, beschleu­nigte Geneh­migungs­ver­fahren = schnel­lerer Ausbau

Schnel­lere Geneh­migungs­ver­fahren werden der Schlüssel sein. Oft müssen Kommunen oder Kreise, Natur­schutz-, Denk­mal­schutz- oder wasser­haus­halts­recht­liche Aspekte und Vorgaben des Stra­ßen­ver­kehrs­rechts beachten werden, jeder will sein eigenes Verfahren. Im Entwurf wird eine Forde­rung des BREKO umge­setzt, Geneh­migungs­ver­fahren an einer zentralen Stelle (auf Kreis­ebene) zusam­men­laufen zu lassen, was nicht länger als drei Monate dauern darf.

Umla­gefä­hig­keit bei Mieten für Breit­band­anschluss – Motor für Glas­faser­ausbau

Wie bereits berichtet, sollen die Kosten von Breit­band­anschlüssen in Miets­häu­sern umla­gefähig bleiben, wenn dadurch der Ausbau beschleu­nigt wird. Die gebauten Netze sollen aber von allen Anbie­tern genutzt werden dürfen. Die Umlagen sollen enden, wenn der Ausbau erfolgt und bezahlt ist.

Eigent­lich hätte das neue TKG schon Ende 2019 disku­tiert werden sollen. Oft kommt es anders, als gedacht. Im neuen TKG soll auch ein Höchst­preis für Anrufe zur Vorwahl 0700 fest­gelegt werden.

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