Themenspezial: Verbraucher & Service Interview

Kein freier Glasfaser-Router: Das sagt ein Experte

Endlich kommt Glas­faser ins Haus - doch der Netz­betreiber verwehrt den Anschluss eines Kunden-Routers und pocht auf sein eigenes Modem. Sind die Gründe dafür nach­voll­ziehbar? Darüber spre­chen wir mit einem Experten.
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Die freie Router­wahl ist ein von der EU verbrieftes Recht für alle Internet-Kunden. Doch seit der flächen­deckende Glas­faser-Ausbau in immer mehr Regionen Fahrt aufnimmt, ist eine bedenk­liche Entwick­lung zu beob­achten: Glas­faser-Netz­betreiber erwe­cken gegen­über ihren Kunden vermehrt den Eindruck, dass am Glas­faser-Anschluss "aus tech­nischen Gründen" keine freie Router­wahl möglich sei. Es müsse zunächst zwin­gend das Glas­faser-Modem des Netz­betrei­bers ange­schlossen werden, dahinter könne der Kunde dann seinen eigenen Router hängen.

Das Thema ist inzwi­schen so brisant, dass sich damit auch die Bundes­netz­agentur beschäf­tigt; alle Betei­ligten können dort ihre Posi­tion vorbringen. Der Ausgang dieses Verfah­rens wird von vielen Betrof­fenen mit Span­nung erwartet. Wir haben dazu ein ausführ­liches Inter­view mit einem Experten der Verbrau­cher­zen­trale Rhein­land-Pfalz geführt.

Der Hinter­grund in Kürze

Zuvor fassen wir das Problem noch­mals kurz zusammen: Die Glas­faser-Netz­betreiber argu­men­tieren, dass sie den Zugang nur am opti­schen Netz­abschluss (Optical Network Terminal, ONT) anbieten würden, weil nur so sicher­gestellt sei, dass die Netze vor störenden Netz­abschluss­geräten (also den gängigen Modem/Router-Kombi­nationen) geschützt werden könnten. In Deutsch­land werden Glas­faser-Anschlüsse in der Regel kosten­spa­rend als Gigabit Passive Optical Network (GPON) reali­siert. Bei der Diskus­sion geht es also um die Frage, wo genau sich der Netzabschluss­punkt wirk­lich befindet und ob die von den Netz­betrei­bern vorge­gebenen Argu­mente in tech­nischer Hinsicht über­haupt der Wahr­heit entspre­chen.

Im Gegenzug warnen der Verbund der Telekommuni­kations-Endge­räte­her­steller (VTKE) und Verbrau­cher­schützer hingegen davor, dass die aktuell gedul­dete Ausnahme beim passiven Netzabschluss­punkt die von der EU vorge­sehene Endge­räte­frei­heit de facto wieder abschaffen könnte. Entspre­chende Versuche gab es zwischen­zeit­lich übri­gens auch bei TV-Kabel­netz­betrei­bern - aller­dings ohne Erfolg. Mehr tech­nische Details lesen Sie in unserem großen Ratgeber zur Router­frei­heit. Interview zum Zwangsmodem bei Glasfaser Interview zum Zwangsmodem bei Glasfaser
Bild: Image licensed by Ingram Image, Bilder: Nokia, dpa, Montage: teltarif.de

Das Inter­view mit der Verbrau­cher­zen­trale Rhein­land-Pfalz

Michael Gundall ist Inge­nieur für Medi­entechnik und Teil des Fach­bereichs Digi­tales und Verbrau­cher­recht bei der Verbrau­cher­zen­trale Rhein­land-Pfalz. Er steht regel­mäßig im Austausch mit betrof­fenen Glas­faser-Kunden sowie Glas­faser-Netz­betrei­bern und berichtet im Exklusiv-Inter­view mit teltarif.de auch über konkrete Fälle.

teltarif.de: Warum setzt sich die Verbrau­cher­zen­trale über­haupt für das Thema Endge­räte­frei­heit ein?

Michael Gundall: Es sind ökolo­gische und ökono­mische Gründe: Zum einen versu­chen viele Anbieter, Verbrau­chern ein Endgerät - mindes­tens das Glas­faser­modem - "vorzu­schreiben". Das steht aber im Wider­spruch zur gesetz­lich fest­gelegten freien Wahl des Endge­rätes, die seit August 2016 gilt. In §73 TKG ist fest­gelegt, dass das Netz des Anbie­ters an der Anschluss­dose endet, der soge­nannte passive Netz­abschluss. Zum anderen stellt sich die Frage nach der Anzahl von Geräten: Warum sollte man zwei Geräte (Modem und Router) nutzen, wenn ein platz­spa­rendes Kombi­gerät ausreicht, das mit einer Steck­dose auskommt? Außerdem verbraucht ein Kombi­gerät wesent­lich weniger Energie als zwei getrennte Geräte. Hierbei darf man nicht nur auf den Ener­gie­ver­brauch des Glas­faser­modems (ONT - Optical Network Termi­nation) achten, sondern muss auch den "Mehr­ver­brauch" des Routers mit einrechnen. Eine stich­pro­ben­artige Messung der Verbrau­cher­zen­trale ergab, dass ein Glas­faser­router im soge­nannten WAN-Betrieb (Wide Area Network) hinter einem Glas­faser­modem mehr Energie benö­tigt, als im echten Glas­faser­betrieb, also ohne vorge­schal­tetes Glas­faser­modem. Dies liegt daran, dass die LAN-Strecke zwischen Modem und Router auch ein Ener­gie­faktor in der Gesamt­rech­nung ist.

Anbieter argu­men­tieren, dass beim Glas­faser­ausbau die Verbrau­cher gar keine eigenen Router möchten und das Thema eher was für die tech­nik­affinen, sprich die "Nerds" unter der Kund­schaft wäre. Wie sehen Sie dies?

In Fach­dis­kus­sionen mit Anbie­tern höre ich immer wieder Sätze wie: "Nach unseren Statis­tiken greifen weit über 95 Prozent der Verbrau­cher auf unsere mitge­lie­ferten Geräte zurück"; oder ähnliche Aussagen. Der Punkt ist aber der: Meist wissen Verbrau­cher gar nicht, dass sie eine Wahl haben und nehmen einfach das Glas­faser­modem des Anbie­ters als gegeben hin. Anbieter klären allzu oft gar nicht oder nur mangel­haft über die Wahl­mög­lich­keit auf. In manchen Fällen ist das ONT auch bereits bauseitig im Anschluss­kasten instal­liert. Teil­weise werden Verbrau­cher auch gezielt abge­schreckt. Wenn Anbieter tatsäch­lich eine Wahl­mög­lich­keit für das Endgerät bieten, kommen mindes­tens ein bis zwei Warn­hin­weise wie: Der Anbieter könne keinerlei Service, Unter­stüt­zung oder Funk­tions­garantie über­nehmen, wenn die Kunden eigene Geräte verwenden. Die Taktik der Anbieter: Verbrau­cher sollen das Gefühl bekommen, im Fehler­fall mit ihren Problemen komplett alleine gelassen zu werden. Die Realität bei den meisten Anbie­tern ist, dass sie ihr eigenes ONT als Netz­abschluss "dekla­rieren". Auch als die Endge­räte­frei­heit im August 2016 bei Kabel­anschlüssen einge­führt wurde, hat es ein wenig gedauert, bis die Wahl­mög­lich­keit bekannt war und genutzt wurde. Warum sollte dies in der Glas­faser­welt nicht genau so sein?

Dass Verbrau­cher jedoch ein stei­gendes Inter­esse haben, ihren Netz­abschluss selbst zu konfi­gurieren, sehen wir immer dann, wenn die Haus­halts­situa­tion komplexer wird, etwa wenn Kinder wegen ihrer Freunde die Einrich­tung eines Gast-Netz­werkes wünschen. Das wird auch in Zukunft der Fall sein, wenn die zu erwar­tende Verbrei­tung von Smart Home-Anwen­dungen eben­falls die Einbin­dung verschie­denster smarter Geräte erfor­dert. Da wäre es wünschens­wert, wenn Verbrau­cher selbst das passende Gerät auswählen könnten.

Auf welche Probleme stoßen Glas­faser-Kunden aktuell, die für ihren Glas­faser­anschluss einen eigenen Glas­faser-Router verwenden möchten?

Die meisten Anbieter haben noch keinen stan­dar­disierten Prozess. Beim Bau der Glas­faser­anschlüsse wird oft stan­dard­mäßig ein ONT instal­liert und der Anschluss über dieses in Betrieb gesetzt. Verbrau­cher müssen das Gerät dann zunächst anders verka­beln und - je nach Anbieter - mühselig über die Kunden­hot­line des Anbie­ters die entspre­chenden Zugangs­daten erfragen oder die Gerä­tedaten des eigenen Gerätes mitteilen. Dabei werden sie mindes­tens einmal auf die "Gefahren" des eigenen Glas­faser­rou­ters mit inte­griertem Glas­faser­modem hinge­wiesen. Aber es gibt auch schon erste Posi­tiv­bei­spiele, wie das Akti­vie­rungs­portal der Deut­schen Glas­faser und den Akti­vie­rungs­pro­zess der Deut­schen Telekom.

Treten die beschrie­benen Probleme und Einschrän­kungen nach Beob­ach­tung der Verbrau­cher­zen­trale Rhein­land-Pfalz eher bei großen über­regional tätigen Glas­faser-Netz­betrei­bern auf oder bei kleinen regio­nalen Netz­betrei­bern, oder gibt es da keinen Unter­schied?

Anbieter, die aus dem Ener­gie­ver­sor­gungs­bereich kommen, tun sich oft schwer. In diesem Fall gibt es kaum einen Unter­schied zwischen kleinen und großen Anbie­tern. Aber gene­rell sind nach unseren Erfah­rungen kleine Anbieter oft näher an ihren Kunden als große Anbieter.

In tech­nischer Hinsicht wird von den Netz­betrei­bern ja immer argu­men­tiert, dass sie zwin­gend die Kontrolle über den Netzabschluss­punkt in der Wohnung (ONT) benö­tigen und daher dem Kunden die Nutzung eines vom Netz­betreiber gestellten Glas­faser-Modems vorschreiben. Gibt es dazu aus Sicht der Verbrau­cher­zen­trale über­haupt eine tech­nisch nach­voll­zieh­bare Notwen­dig­keit?

Nein, das GPON-Glas­faser­netz (Gigabit Passive Optical Network) ist ähnlich aufge­baut wie die DOCSIS-Tech­nologie (Data Over Cable Service Inter­face Speci­fica­tion) im Kabel­netz. Seit der TKG-Ände­rung im August 2016 hat die Verwen­dung verbrau­cher­eigener Endge­räte im Kabel­netz auch funk­tio­niert. Trotzdem verschi­cken etliche Kabel­anbieter gerne eigene Kabel­router, die dann während der Vertrags­lauf­zeit unge­nutzt im Schrank stehen und nach Vertrags­been­digung zurück­geschickt werden müssen, aber nie im Einsatz waren. Das ist auch aus Nach­hal­tig­keits­gründen nicht sinn­voll.

Die "Notwen­dig­keit" für einen ONT unter Kontrolle des Netz­betrei­bers wird von den Netz­betrei­bern oft damit vertei­digt, dass es bei freien Kunden-Routern zu "Störungen" kommen könnte. Wie viele dieser "Störungen" wurden der Verbrau­cher­zen­trale von Netz­betrei­bern und Kunden bereits gemeldet und wie viele davon waren wirk­lich von den Kunden-Routern verur­sacht?

Uns liegt nicht ein Verbrau­cher­fall vor, bei dem es zu einer Störung durch einen Glas­faser­router des Verbrau­chers kam. Im Dezember 2021 hat uns ein Anbieter einen "Störungs­fall" schrift­lich beschrieben. Aller­dings hat er sich nicht dazu geäu­ßert, ob diese Störungen wirk­lich im realen Netz statt­fanden oder unter Labor­bedin­gungen. Die Verbrau­cher­zen­trale hat dann bei Endge­räte­her­stel­lern bzw. Endge­räte­her­stel­ler­ver­bänden nach­gefragt und erfahren, dass besagte Störungen nur dann auftraten, wenn die Leitung zwischen OLT (Optical Line Termi­nation) und ONT extrem kurz war. Zudem wurde verschwiegen, dass die Störungen nur von sehr kurzer Dauer waren und in einem Fall eine fehler­hafte Firm­ware im Einsatz war.

Aber: Wenn – wie es Anbieter immer darlegen – ein defektes oder mani­puliertes Gerät bis zu 16, 32, 64 Anschlüsse stören könnte, dann sollten Anbieter prüfen, wie sicher ihr Glas­faser­netz gegen Angriffe ist. Glei­ches gilt es aber auch für das Kabel (DOCSIS) zu über­legen, bei dem oft mehrere Hundert Kabel­router an einem Kabel­cluster ange­schlossen sind. Dort funk­tio­niert die Endge­räte­wahl­frei­heit bereits seit August 2016. Symbolbild Glasfaserausbau Beim Glasfaserausbau werden gegenüber Verbrauchern oft unwahre Angaben gemacht (Symbolbild)
Bild: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Gibt es in der tech­nischen Struktur aktuell aufge­bauter Glas­faser­netze Gege­ben­heiten, die die These der Netz­betreiber stützen könnte? Was wären alter­native Netz­struk­turen, um das zu vermeiden?

Tech­nisch gesehen gibt es keine Gründe, die gegen ein eigenes Gerät spre­chen. Stan­dards sind bekannt, Schnitt­stellen doku­men­tiert - wie bei DSL und Kabel ist ein reibungs­loses Zusam­men­spiel von Netz und Endgerät gere­gelt. In vielen Netzen ist das gängige Praxis und beim Blick über die Grenze funk­tio­niert das auch, zum Beispiel in den Nieder­landen oder in Finn­land.

Die Gefahr ist also eher theo­retisch. Das Verfahren des "Listen Before Talking" (LBT) verhin­dert solche Störungen dadurch, dass das sende­wil­lige Modem erst prüft, ob die Sende­lei­tung "frei" ist und dann mit dem Senden beginnt. Die Halb­lei­ter­chips hierzu werden von wenigen Herstel­lern produ­ziert und sowohl in Geräte der Anbieter als auch in Geräte, die frei auf dem Markt erhält­lich sind, einge­baut. Aber auch bei der Auswahl der Netz­struk­turen hätten es die Anbieter besser machen können. Denn Anbieter setzen meist auf die GPON-Tech­nologie und damit auf das Funk­tions­prinzip aus der Kabel­welt, also Point-to-Multi­point. AON (Active Optical Network) wäre die bessere Lösung gewesen, da hier eine Point-to-Point Verbin­dung zwischen Verbrau­cher und Anbie­tern besteht.

Falls es keine tech­nisch nach­voll­zieh­baren Gründe für einen Zwangs-Router gibt: Was könnten die wahren Gründe der Netz­betreiber sein, diesen trotzdem bei den Kunden durch­zusetzen?

Hier­über kann ich nur speku­lieren. Ein Grund könnte das eigene Miet­rou­ter­geschäft sein, wie wir es aus dem VDSL- und beson­ders aus dem Kabel­bereich kennen. Rechnet man die Miete über zwei bis drei Jahre zusammen, so ist der Kauf­preis meist schnell über­schritten. Zudem gibt es Anbieter, die am Vertrags­ende bei nicht zurück­geschickter Hard­ware auch nochmal kräftig mit Scha­den­ersatz­for­derungen zulangen. Bei den Anfragen, die uns errei­chen, fällt Voda­fone immer wieder negativ auf. Die Verbrau­cher­zen­trale NRW hat das Unter­nehmen daher bereits vor dem LG Düssel­dorf sowie dem LG München erfolg­reich verklagt. Beide Urteile sind rechts­kräftig.

Aktuell läuft ja bei der Bundes­netz­agentur ein Anhö­rungs­ver­fahren zu dieser Thematik. Was kann die Verbrau­cher­zen­trale zum aktu­ellen Stand dieses Verfah­rens berichten?

Nach unserem Kennt­nis­stand läuft noch kein offi­zielles Anhö­rungs­ver­fahren. Es gab zwar im Juni 2022 ein gemein­sames Schreiben der Verbände ANGA, BREKO, BUGLAS, vatm und VKU an die Bundes­netz­agentur, aber ein offi­zielles Anhö­rungs­ver­fahren hat die Bundes­netz­agentur noch nicht gestartet. Soweit wir wissen, wartet die Bundes­netz­agentur schon lange und in verschie­denen Zusam­men­hängen auf von ihr ange­for­derte detail­lierte schrift­liche Nach­weise über entspre­chende Störungen (Stand April 2023). Nach diesen Störungs­nach­weisen haben wir übri­gens auch schon in einem Anbie­ter­gespräch im Oktober 2021 erfolglos gefragt. Wenn es wirk­lich rele­vante Störungen gäbe, hätten die Anbieter aus meiner Sicht schon etwas "Fundiertes" gelie­fert.

Wie wird sich die Bundes­netz­agentur vermut­lich entscheiden? Wird sie tenden­ziell eher die Rechte der Verbrau­cher auf freie Endge­räte­wahl berück­sich­tigen oder die von den Netz­betrei­bern vorge­brachte Argu­men­tation?

Ich gehe davon aus, dass die Bundes­netz­agentur - falls es wirk­lich zu einem Anhö­rungs­ver­fahren kommt - keine Allge­mein­ver­fügung zugunsten der Anbieter erlässt. Unser Eindruck ist eher, dass die Anbieter auf Zeit spielen, um noch möglichst viele ONT fest an den Keller­wänden der Haus­halte montieren zu können. Getreu dem Motto: Wird der ONT erst mal erfolg­reich genutzt, scheuen Verbrau­cher den Aufwand für Verän­derungen. Es werden somit also künst­liche Hürden gesetzt, um Verbrau­cher von der eigenen Gerä­tewahl abzu­halten.

Was können Verbrau­cher in der Zwischen­zeit tun, denen vom Netz­betreiber die Nutzung eines eigenen Glas­faser-Routers verwehrt wird? Welche Rolle kann dabei die Bundes­netz­agentur spielen?

Zum einen können sich Verbrau­cher an die Verbrau­cher­zen­trale Rhein­land-Pfalz wenden und zusätz­lich noch eine Beschwerde an die Bundes­netz­agentur senden. Beispiel für einen frei verkäuflichen Glasfaser-Router von AVM Beispiel für einen frei verkäuflichen Glasfaser-Router von AVM
Bild: AVM

Wie geht die Verbrau­cher­zen­trale konkret vor, wenn sich ein Verbrau­cher meldet, dem der Anschluss des eigenen Glas­faser­rou­ters verwei­gert wird?

Immer wieder und vor allem auch nach der Bericht­erstat­tung in den Medien über die Abmah­nung der Deut­schen Glas­faser und Voda­fone, melden sich betrof­fene Verbrau­cher bei uns. In solchen Fällen schreiben wir die Anbieter an und bitten um eine Stel­lung­nahme. Bislang war die Reak­tion der Anbieter immer gleich: Man halte sich an die Endge­räte­wahl­frei­heit und natür­lich könnten Verbrau­cher ihr eigenes Glas­faser­modem bzw. Glas­faser­router anschließen. Diese Aussage haben wir von verschie­denen Anbie­tern wie beispiels­weise Inexio Breit­band, BBV Deutsch­land (wirsindtoni.de), dns:net, West­con­nect und der Deut­schen Giga­netz erhalten. Die Betrof­fenen konnten danach ihr eigenes Glas­faser­modem bzw. ihren Router mit inte­griertem Glas­faser­modem anschließen.

Hat die Verbrau­cher­zen­trale dies­bezüg­lich inzwi­schen erste Netz­betreiber abge­mahnt oder verklagt? Was waren jeweils die Ergeb­nisse?

Die Verbrau­cher­zen­trale hat im Mai 2022 die Deut­sche Glas­faser und Voda­fone abge­mahnt. Die Deut­sche Glas­faser gab im August 2022 eine Unter­las­sungs­erklä­rung ab. Voda­fone hat sich bislang gewei­gert, eine Unter­las­sungs­erklä­rung abzu­geben. Da die Anbieter, u.a. auch Voda­fone, offen­sicht­lich ein Anhö­rungs­ver­fahren bei der Bundes­netz­agentur anstreben, wurde das Verfahren bis zur Entschei­dung der Bundes­netz­agentur erst mal auf Eis gelegt.

Ist bei den abge­mahnten Netz­betrei­bern anschlie­ßend eine trans­paren­tere Kommu­nika­tion gegen­über eigenen Kunden zu beob­achten (mit klareren Hinweisen zur freien Endge­räte­wahl) oder nicht?

Die Deut­sche Glas­faser hat ihre Kommu­nika­tion ange­passt, so dass diese juris­tisch in Ordnung ist. Aller­dings ist in Sachen verbrau­cher­freund­liche und trans­parente Kommu­nika­tion sowie bei klaren Hinweisen zur Endge­räte­wahl noch deut­lich Luft nach oben.

Wie sind nach der Beob­ach­tung der Verbrau­cher­zen­trale gene­rell die Anschluss-Bestell­pro­zesse bei den Netz­betrei­bern ausge­staltet? So, dass dem Kunden primär das Gerät des Netz­betrei­bers zur Auswahl ange­zeigt wird oder die Möglich­keit der freien Router­wahl?

Die Deut­sche Telekom hat etwa im November 2021 den Bestell­pro­zess ange­passt. Schon bei der Bestel­lung eines Glas­faser­anschlusses haben Verbrau­cher die Wahl, einen Glas­faser­router zu mieten, ein Glas­faser­modem (ONT) zu kaufen oder einen eigenen vorhan­denen Glas­faser­router zu verwenden.

Bei den meisten anderen Anbie­tern ist es bei der Bestel­lung nicht möglich, das Glas­faser­modem (ONT) des Anbie­ters abzu­bestellen. Sie liefern und instal­lieren auch meist das ONT und begründen dies mit "Service­zwe­cken". Die "Umstel­lung" auf einen Router mit inte­griertem Glas­faser­modem muss dann umständ­lich mit Hilfe der Kunden­hot­line erfolgen. Auch dies ist eine Hürde und erschwert die Endge­räte­wahl­frei­heit. Wir prüfen derzeit, welche recht­lichen Schritte wir unter­nehmen können, damit Kunden schon bei der Bestel­lung auf die Hard­ware der Anbieter verzichten können. Dies ist auch aus Nach­hal­tig­keits­gründen sinn­voll.

Worauf sollten Verbrau­cher bei der Wahl eines freien Glas­faser-Routers in der Tat achten, um mögliche Störungen zu vermeiden?

Wie auch in anderen Berei­chen gilt: Finger weg von dubioser China­ware, da diese ein Sicher­heits­risiko darstellen kann.

Abge­sehen vom Thema Endge­räte­frei­heit, mit welchen Glas­faser­pro­blemen kommen Verbrau­cher noch zu Ihnen?

Wir erleben seit etwa drei Jahren, dass Verbrau­cher auch im Vorfeld eines Glas­faser­aus­baus zu uns kommen und sich anbie­ter­unab­hängig und neutral von uns infor­mieren und beraten lassen. Eine der häufigsten Fragen ist: "Ich hätte zwar gerne einen Glas­faser­anschluss, aber über den Glas­faser­anbieter xyz hört man nur Schlechtes, was soll ich tun?" In solchen Fällen gilt es, den Menschen die Ängste zu nehmen und auf die gesetz­lichen Rege­lungen des Tele­kom­muni­kati­ons­gesetzes beim Anbie­ter­wechsel und/oder die Scha­den­ersatz­mög­lich­keiten hinzu­weisen.

Aber: Die Anbieter halten zwar "Infor­mati­ons­abende" ab, die von den Verbrau­chern eher als "Werbe­ver­kaufs­ver­anstal­tungen" wahr­genommen werden. Es sind aus unserer Sicht immer noch zu viele Fragen offen, die auch meist nicht beant­wortet werden. Salopp gesagt: Die Glas­faser­netz­betreiber sehen sich in einer Art "Heils­bringer"-Posi­tion mit ihrem Glas­faser­pro­dukt und wundern sich dann, warum die Kunden nicht zugreifen. Auch der provi­sions­gebun­dene Vertrieb trägt einiges dazu bei, dass Verbrau­cher miss­trau­isch sind. Und der Kunden­ser­vice vieler Anbieter muss aus unserer Sicht noch wesent­lich besser werden, insbe­son­dere, sollten sich die Firmen um die Probleme der Betrof­fenen kümmern. Wir erleben es immer wieder, dass bei einem gestörten Anschluss erst mal versucht wird, das Problem durch ein "Upgrade auf eine höhere Band­breite" zu lösen.

Herr Gundall, vielen Dank für das Gespräch!

Im Zuge des flächen­deckenden Glas­faser­aus­baus tauchen - wie erwähnt - wieder vermehrt Haustür-Vertreter der Telekom und anderer Netz­betreiber vor der Wohnungstür auf. So reagieren Sie richtig.

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