Handy Birthday: 30 Jahre digitaler Mobilfunk
Schon drei Jahre nach dem ersten iPhone machte die Technik den nächsten Sprung. 2010 führten Telekom, Vodafone, E-Plus und o2 (Telefónica) das LTE- oder 4G-Netz ein, mit dem viele Nutzer bis heute richtig schnell mobil surfen können. LTE brachte dem mobilen Internet noch einmal einen ordentlichen Schub. Damit gingen schon bis zu 100 Megabit pro Sekunde im Download. Inzwischen sind es sogar bis zu 300 MBit/s.
Historische iPhones: Sie konnten nur 3G, aber noch kein 4G/LTE.
Foto: Apple Inc.
Premiere feiert LTE (Long Term Evolution) bei der Telekom nicht in Bonn, Berlin, Hamburg oder München – sondern im beschaulichen Kyritz an der Knatter im Nordwesten Brandenburgs. Dort in der tiefsten Provinz wurde demonstrativ die erste LTE-Station in Betrieb genommen, weil der kleine Ort für die Versorgung im ländlichen Raum stand. LTE sollte für alle da sein, und nicht nur für die Menschen in den großen Städten. Mit LTE war es auch erstmalig möglich, in vernünftiger Qualität zu streamen: Musik (Radio) und Videos.
Live-Kommunikation mit 5G
Nach der bewährten Regel, dass es etwa alle zehn Jahre einen großen Sprung beim Mobilfunk gibt, brachten o2, Vodafone und die Telekom 2019-2020 5G an den Start – als Nachfolger oder, genauer gesagt, zunächst als Ergänzung für LTE. Ein Gigabit mit einer Latenz unter 10 Millisekunden – damit wird Live-Kommunikation möglich. Und es zeigt noch einmal, wie rasant der Bedarf nach hohen Datenraten innerhalb dieser Jahre gewachsen ist. Glattes Streaming, schnelles Gaming und erstklassige Sprachqualität sind inzwischen das „A und O“. Zum schnellen Surfen reicht zwar auch LTE im Allgemeinen noch bestens aus.
Neue Anwendungen wie autonome Autos, Tele-Medizin oder das „Internet der Dinge“ verlangen aber nach noch mehr Tempo und nach einem Mobilfunk, der Daten und Befehle praktisch verzögerungsfrei „live“ überträgt. 5G soll das mit langfristig "bis zu 10 Gigabit" im Download können.
Keine Zukunft ohne Nachhaltigkeit
Mobilfunktechnik kann heutzutage noch so schnell und leistungsstark sein – wenn sie nicht gleichzeitig energiesparend und effizient funktioniert, hat sie auf dem Markt keine Chance. Die Anbieter verfolgen das Ziel, möglichst bald CO2 einzusparen und klimaneutral zu werden und zu bleiben. Die Kunden haben kaum Möglichkeiten, die vollmundigen Ansagen der Anbieter nachzuvollziehen und bleiben daher skeptisch.
Neue Mobilfunktechnik, deren Energieverbrauch bei Null liegt, wenn gerade kein Kunde an einem Standort Leistung anfordert, soll die Umwelt entlasten. Beim neuen Handy kann man Geräte wie das Fairphone, My Rephone oder das Shift Phone ins Auge fassen.
Wiederaufgearbeitete Second-Hand-Telefone gibt es von verschiedenen Anbietern wie BackMarket, TrademyMobile oder ReUsemyMobile oder smallbug beispielsweise. Fachgerechtes Recycling sollte zum Standard gehören.
Jährlich 300.000 echte Handy-Notrufe
Eine erste wichtige Handy-Funktion zum Start des Netzes vor 30 Jahren waren Notrufe von unterwegs: Wer ein Mobiltelefon besaß, konnte ab dem 30. Juni 1992 auch von unterwegs die Rettungsleitstelle unter 112 schnell erreichen.
Inzwischen werden allein über das Mobilfunknetz von Vodafone über die 112 jährlich rund 300.000 Notrufe abgesetzt, Bei der Telekom oder o2 dürften die Zahlen ähnlich liegen. Seit etwa zweieinhalb Jahren werden bei einem Handy-Notruf an die 112 die genauen Standortinformationen des Anrufers automatisch und fast flächendeckend an die Leitzentralen der Feuerwehr übertragen. Damit können die Retter jetzt sehr schnell den Unglücksort auffinden.
Vom Handy fürs Telefonieren zum Alleskönner-Smartphone
War das digitale Mobilfunknetz zu Beginn noch ein reines Telefonie-Netz, wurde am 3. Dezember 1992 erstmals eine SMS von einem Computer an den Vodafone-Mitarbeiter Richard Jarvis mit der Botschaft „Merry Christmas“ versendet.
Drei Jahre später befeuerte der offizielle SMS-Start den Mobilfunk-Boom weiter. Damals war ein Senden von Nachrichten zwischen den Netzen zunächst gar nicht oder nur über Tricks möglich. Die Marktlücke schloss das Unternehmen Dr. Materna. Es entwickelte eine Schnittstelle zwischen den Netzbetreibern für SMS. Im Rekordjahr 2012 wurden netzanbieterübergreifend fast 60 Milliarden Kurzmitteilungen verschickt.
Längst ist das Handy zum schlauen Alleskönner-Smartphone geworden: Als Geldbörse für das (kontaktlose) Bezahlen in fast allen Geschäften, Spielekonsole, Taschenrechner, Taschenlampe, Fahrkartenautomat, Wörterbuch, Fernbedienung und so weiter.
Mit Smartphones wird heute fotografiert und gefilmt. Man chattet mit Freunden, schaut Filme, Serien und Videos in HD-Qualität und hört Musik. Die Menschen surfen stärker im mobilen Internet – etwa um soziale Medien wie Facebook, Instagram oder YouTube zu nutzen, Bankgeschäfte und Behördengänge zu erledigen, online einzukaufen, Events aus Kultur und Sport im Live-Stream zu verfolgen oder sich in Nachrichtenportalen zu informieren. Kurz gefasst bringt das moderne Smartphone ein Menge Lebensqualität mit, kann aber auch viel Zeit rauben.
Mensch und Maschine: Datenverkehr steigt jährlich um 28 Prozent
Die Grundlage für den Datenfluss in den Mobilfunknetzen war Startschuss von UMTS (3G) im Jahr 2000, gefolgt von LTE (4G) im Jahr 2008, was der Geschichte noch einmal einen deutlichen Schub gab. 3G ist mittlerweile Geschichte - in Deutschland wurden alle 3G-Stationen abgeschaltet. Die Daten fließen über die 4G- und 5G-Technologie wesentlich schneller. Die Nutzung durch Mensch und Maschine ließ den mobilen Datenverkehr ansteigen: Im Juni 2022 wuchs der Verkehr auf der mobilen Datenautobahn beispielsweise im Vodafone-Netz um 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Nicht nur Menschen verschicken die Daten: Immer mehr Alltagsgegenstände mit integrierten SIM-Karten kommunizieren im Internet der Dinge: Getränkeautomaten melden sich, wenn sie nachgefüllt werden müssen. Aufzüge setzen Warnmeldungen ab, wenn ein Ausfall droht. Straßenlaternen schalten sich nachts nur dann an, wenn wirklich jemand unterwegs ist.
Im deutschen Vodafone-Netz sind aktuell mehr als rund 65 Millionen SIM-Karten aktiv, bei der Telekom sollen es etwa 53 Millionen Karten sein, o2/Telefónica meldet etwa 46 Millionen aktive Mobilfunk-SIM-Karten. Einige davon stecken in vernetzen Gegenständen – etwa für das Smart Home oder in Fabrikhallen.
Der Schlüssel zum Handy-Netz ist und bleibt nach wie vor die SIM-Karte. Deren Größe hat sich verändert. Anfangs noch so groß wie eine Scheckkarte ist sie über die Jahre geschrumpft: Von Mini über Micro bis Nano oder die plastiksparende eSIM, ein Stück Software zum Download.
In Zukunft ohne Ampeln oder Staus?