Glückwunsch

Handy Birthday: 30 Jahre digitaler Mobilfunk

Am 30. Juni bzw. dem 1. Juli 1992 wurde in Deutsch­land die digi­tale mobile Zukunft gestartet. Die ersten digi­talen Mobil­funk­netze in Deutsch­land wurden aus histo­rischen Gründen "D-Netz" getauft. Ein ausführ­licher Rück­blick.
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Am 30. Juni bzw. dem 1. Juli 1992 wurde in Deutsch­land die digi­tale mobile Zukunft gestartet. Die digi­talen Mobil­funk­netze in Deutsch­land wurden aus histo­rischen Gründen "D-Netz" getauft. Mobil­funk für alle war zu Anfang uner­schwing­lich.

Am Anfang war das "A-Netz"

Der digitale Mobilfunk wird 30 Der digitale Mobilfunk wird 30
Foto: Deutsche Telekom
Analogen Mobil­funk gab es in Deutsch­land schon Jahr­zehnte vorher. Das "A-Netz" der Deut­schen Bundes­post star­tete 1955 als „Zugpost­funk“. Der Autor dieser Zeilen konnte noch im A-Netz aus einem gelben VW-Käfer der Post mobil tele­fonieren. Hier vermit­telte das „Fräu­lein vom Amt“ die Gespräche.

Kunden waren damals reiche, "wich­tige" Menschen, die es sich leisten konnten, in ihr Auto ein reise­kof­fer­großes Mobil­telefon-Funk­gerät einbauen zu lassen und über den fest­ein­gebauten Hand­hörer und ein sepa­rates Bedien­teil in der Fahr­zeug­kon­sole zu tele­fonieren.

Es folgte das B-Netz

Hand­ver­mitt­lung war aufwendig und perso­nal­intensiv. Die Weiter­ent­wick­lung "B-Netz" erlaubte ab 1972, selbst zu wählen. Sowohl von "außen" also vom Fest­netz zum Mobil­telefon, als auch vom mobilen Telefon im Auto nach draußen.

Auch das B-Netz blieb ein teures Vergnügen: Die monat­liche Grund­gebühr betrug seiner­zeit 270 DM (von der heutigen Kauf­kraft eher 270 Euro). Kleiner Vorteil: Die Minu­ten­preise orien­tierten sich an den Fest­netz­preisen plus einem Funk­kanal­zuschlag.

Die Kosten für ein Gerät waren auch noch ziem­lich exklusiv, so etwa 15.000 DM musste der Kunde für ein Gerät ausgeben. Der Einbau erfolgte durch eine Fach­werk­statt und anschlie­ßend die Abnahme beim Fern­mel­deamt der Bundes­post, bevor man eine Betriebs­geneh­migungs-Urkunde erhielt und der Prüf­beamte ein Rufnum­mern­modul (Vorläufer der SIM-Karte) im Gerät einbaute. Erst dann konnte (und durfte) man mobil tele­fonieren.

Die Netz­kapa­zität des B-Netzes reichte gerade für etwa 100.000 Anschlüsse. Ein knappes Gut: Die B-Netz-Geneh­migungen wurden teil­weise "schwarz" gehan­delt. Die Vorwahl des B-Netzes rich­tete sich nach der Funk­ver­kehrs­vor­wahl, gebildet aus der Vorwahl des Vermitt­lungs­ortes, der Kenn­ziffer 05 und schließ­lich der Teil­neh­mer­ruf­nummer, z.B. 0221-05-54321 (= Teil­nehmer 54321 in Köln). Ein Zellen-Handover gab es nicht, die Verbin­dung riss einfach ab.

Mit SIM-Karte: Das C-Netz

Dann kam 1985 das zellu­lare C-Netz mit einer SIM-Karte, zunächst mit Magnet­spur, bald mit Chip auf der Karte im Scheck­kar­ten­format. Das C-Netz konnte nicht viel mehr als eine Million Nutzer verkraften. Seine Vorwahl lautete erst­malig bundes­weit 0161. Zum ersten Mal gab es eine SIM-Karte, die konnte anfangs auch als Tele­fon­karte in der Tele­fon­zelle genutzt werden.

Funk­löcher waren damals gefühlt irgendwie "kleiner". Erstens hatte die Anlage im Auto prin­zip­bedingt eine größere Reich­weite: Eine höhere Sende­leis­tung und eine weitaus reich­wei­ten­stär­kere Antenne auf dem Auto, das ganze auf nied­rigen Frequenzen (A-Netz, B-Netz auf 149 MHz, C-Netz auf 450 MHz). Erst­malig gab es ein Handover zwischen Funk­zellen.

Der Nach­teil seiner­zeit: Die Geräte waren richtig groß und brauchten viel Strom, denn die Minia­turi­sie­rung war noch nicht so weit. Deswegen mussten die Geräte fest im Auto verbaut werden, an Handys war zunächst noch nicht zu denken.

Die ersten trag­baren Geräte waren groß schwer und die Standby-Zeit endete nach sechs Stunden. Das B-Netz konnte schon Roaming (mit Öster­reich, Luxem­burg und den Nieder­landen). Im C-Netz war Roaming vorge­sehen, wurde jedoch nie reali­siert. Es funk­tio­nierte somit nur in Deutsch­land und unter Umständen im benach­barten Grenz­bereich.

GSM für Groupe Speciale Mobile

Post­minister Dr. Chris­tian Schwarz-Schil­ling und sein fran­zösi­scher Kollege waren sich einig: Es wurde drin­gend Zeit für einen euro­päi­schen Stan­dard. Die gemein­same Arbeits­gruppe dafür hieß "Groupe Speciale Mobile (GSM)" und das Netz sollte irgend­wann euro­paweit funk­tio­nieren. 1987 hatten fran­zösi­sche und deut­sche Fach­leute die Norm fertig. Der Minis­teri­albe­amte Wolf­gang Schiewer entwi­ckelte einen euro­paweit gültigen Frequenz­plan für das neue Netz, der später Schiewer-Plan genannt wurde.

Der neue euro­päi­sche Stan­dard musste imple­men­tiert und aufge­baut werden. Fünf Jahre später war klar: Wer C sagt, muss auch D sagen. Auf das C-Netz folgte nach einem Jahr Versuchs­betrieb das D-Netz, der erste „Mobil­funk für alle“. So star­tete die Telekom im Juli 1991 in Stutt­gart auf dem Killes­berg z.B. eine erste GSM900-Test­sta­tion, der Autor war live dabei.

GSM wird global

Der Voll­stän­dig­keit halber: Erst später wurde in den USA bei einer Konfe­renz in Atlanta gezeigt, wie schnell man ein GSM-Netz aufbauen kann (damals ange­kop­pelt ans Netz der Swisscom). Das fand in den USA Gefallen, das Kürzel GSM wurde schnell in „Global System for Mobile Commu­nica­tion“ umde­finiert.

D-Netz: Erst­malig private Konkur­renz

Handys, die Geschichte schrieben Handys, die Geschichte schrieben: Motorola 3200, Ericsson GH172, Nokia Communicator 9000, Nokia 7110, Nokia 6150, Apple iPhone "1", usw.
Foto: Vodafone
Bei der Vergabe von Mobil­funk­lizenzen in Deutsch­land sollte es privaten Wett­bewerb geben. Zwei Lizenzen wurden ausge­schrieben, die Deut­sche Bundes­post Telekom galt als gesetzt ("D1"), die private Lizenz gewann das "Mannes­mann"-Konsor­tium, das unter dem Begriff "D2 privat" in die Geschichte einging. Offi­zieller Start­termin der D-Netze sollte der 1. Juli 1992 werden. Doch Mannes­mann zog seinen Einschalt­termin kurz­fristig auf den 30. Juni 1992 vor, um in den Geschichts­büchern später als "Erster" stehen zu können. Das Kuriosum: Es gab zwei Netze, aber kaum Geräte. "God, send Mobiles" war die neue Über­set­zung für GSM.

1992 erste Kunden im Netz

Erste Kunden hatten sich eines der wenigen liefer­baren Geräte direkt von den Herstel­lern Ericsson, Nokia oder Moto­rola besorgt, auch das Unter­nehmen "Orbitel" gehörte zu den Pionieren (wurde später von Ericsson über­nommen).

Mobil­telefon oder Handy? Haupt­sache Tele­fonieren und SMS

Motorola 3200 - der Knochen. Es konnte telefonieren und erst später z.T. auch SMS. Motorola 3200 - der Knochen. Es konnte telefonieren und erst später z.T. auch SMS.
Foto: Picture Alliance/dpa
Im April 1993, ein knappes Jahr nach dem Start, waren bei der Telekom schon 130.000 Teil­nehmer in deren D1-Netz unter­wegs.

Markt­führer war damals "D2 privat" von Mannes­mann. Das Unter­nehmen war neu und unver­braucht, der "Post/Telekom" haftete so etwas wie "Beamten-Mief" und Schwer­fäl­lig­keit an. Mannes­mann star­tete bundes­weit mit nur 100 Basis­sta­tionen.

Zunächst lagen die Vertrags-Ange­bote bei monat­lichen 85 DM (Telekom) bzw. 78 DM (Mannes­mann D2 privat) plus Minu­ten­preisen von 1,30-1,44 DM oft im 6-, 10- oder 15-Sekun­den­takt. Prepaid gab es damals noch nicht.

Die ersten klobigen D-Netz-Tele­fone wogen mehr als 500 Gramm, hatten eine Akku­leis­tung für maximal 120 Minuten Gesprächs­zeit und kosteten satte 3000  D-Mark. Das war für dama­lige Verhält­nisse ein kleines Vermögen, ein Arbeit­nehmer verdiente 1992 durch­schnitt­lich nur rund 4000 D-Mark (brutto).

Voda­fone kauft Mannes­mann

Im Jahre 2000 gab es eine gewal­tige Zäsur. Für die unglaub­liche Summe von 180.000.000.000 (180 Milli­arden) Euro kaufte die briti­sche Voda­fone plc den deut­schen Mobil­funker Mannes­mann Mobil­funk und sein Angebot "D2 privat". Anfangs hieß der deut­sche Ableger noch Voda­fone D2, bald nur noch Voda­fone. Beob­achter halten die Über­nahme auch rund 20 Jahre später immer noch für einen großen Fehler.

Die Entde­ckung der Privat­kunden

Erst spät wurden die Privat­kunden entdeckt. Nun kamen Tarife für etwa 50 Mark im Monat bei deut­lich höheren Minu­ten­preisen knapp unter der 2-DM-Schranke in Mode. In einem letzten Aufbäumen hatte die Telekom ihr analoges C-Netz noch auf 29 Mark Grund­gebühr redu­ziert. Doch die Kosten­rechner in Bonn beschlossen, das C-Netz vorzeitig abzu­schalten und alle Kunden ins D-Netz umzu­sie­deln. Das fanden nicht alle Nutzer gut, denn in der Start­phase waren die D-Netze noch nicht weit genug ausge­baut.

Die Preise fürs mobile Tele­fonieren sanken langsam. Ein tech­nisches Abfall­pro­dukt, die SMS (für Short Message Service), wurde populär. Man konnte asyn­chron Nach­richten austau­schen, die Gegen­stelle las diese, sobald Zeit oder Gele­gen­heit dafür war. In der zweiten Hälfte des 1990er Jahr­zehnts wurden SMS zum Renner: 1999 verschi­cken die Deut­schen rund 3,6 Milli­arden SMS. Der Duden nahm das sper­rige Wort „Simsen“ in seinen offi­ziellen Wort­schatz auf.

Teure Anfänge mit mobilen Daten und Internet

Die D-Netze wurden populär. Ende 1998 zählte beispiels­weise Telekom/T-Mobile etwa 5,5 Millionen Nutzer und hatte dafür 1000 Mobil­funk­stand­orte in Betrieb.

Zum Vergleich: Heute hat die Telekom über 53,2 Millionen Mobil­funk­kunden, betreibt in Deutsch­land 34.000 Stand­orte und es reicht einigen Kunden immer noch nicht. Voda­fone star­tete mit 100 Sende­sta­tionen und meldet inzwi­schen aktuell 25.500 Stand­orte bundes­weit.

Ende der 90er bedeu­tete Mobil­funk Sprache und SMS. Das mobile Internet fehlte noch oder blieb zahlungs­kräf­tigen Anwen­dern vorbe­halten. Eine Technik namens CSD erlaubte Modem­ver­bin­dungen mit manu­eller Einwahl, bezahlt wurde pro Minute Verbin­dungs­dauer. Darüber ließen sich E-Mails verschi­cken und abrufen, maximal 9600 bps waren ange­sagt. Mannes­mann verbes­serte die Technik und konnte über HSCSD 14.400 bps über­tragen, E-Plus tat das später auch.

Nummer drei und vier gehen an den Start

Etwa 20 Jahre lang blieben E-Plus und Telefónica (o2) eigenständig. Etwa 20 Jahre lang blieben E-Plus und Telefónica (o2) eigenständig.
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Die Politik wünschte sich mehr Wett­bewerb. 1994 ging das Netz von E-Plus an den Start, erst­mals auf 1800 MHz im DCS/PCS1800-Stan­dard (später als GSM1800 bezeichnet). 1998 kam noch VIAG Interkom dazu, eben­falls auf 1800 MHz. Die Fusion der beiden Neulinge kam etwa 20 Jahre später, eine Spät­folge der viel zu teuren UMTS-Lizenz.

Schon 1992 waren die ersten Service-Provider, also Mobil­funk­anbieter ohne eigenes Netz gestartet, man denke an Axicon, Debitel, Dekratel, Ford 2000, Mobilcom, Proficom, Talkline und einige andere. Viele Dienst­anbieter (englisch Service-Provider) schlossen sich im Laufe der Jahre zusammen, geblieben sind im wesent­liche die Marken der 1&1-Dril­lisch-Gruppe und bei Freenet (z.B. mobilcom-debitel).

UMTS wurde zum Mega-Hype

Gegen Ende des Jahr­tau­sends wurde der Mobil­funk­stan­dard UMTS („Universal Mobile Telecom­muni­cations System“) bzw. 3G gehyped und zur Verstei­gerung ausge­schrieben. Es entwi­ckelte sich im Jahr 2000 eine regel­rechte Bieter­schlacht. Am Ende wurden sechs Lizenzen vergeben. Der dama­lige Bundes­finanz­minister Hans Eichel nahm sagen­hafte 100 Milli­arden Mark (51 Milli­arden Euro) ein und deutete UMTS in "Uner­war­tete Mehr­ein­nahmen zur Tilgung von Steu­erschulden" um.

Das Geld war weg

Das Geld war weg bzw. fehlte den Unter­nehmen beim Netz­ausbau, betont Philipp Schin­dera, zunächst Pres­sespre­cher T-Mobile und heute Chef Unter­neh­mens­kom­muni­kation der Deut­schen Telekom. Für einige zunächst erfolg­reiche Bieter entwi­ckelt sich das Aben­teuer UMTS zum Fiasko: Sowohl Mobilcom-Multi­media (die UMTS-Tochter der dama­ligen Mobilcom) als auch später die Firma "Quam" (eine Koope­ration von Sonera Finn­land und Telefónica Spanien) mussten aufgeben. Quam hatte die teuersten Kaffee­bars des Landes, wo man auch Tele­fon­ver­träge erwerben und einige Monate damit tele­fonieren konnte, bevor im November 2002 der Stecker gezogen wurde. Die Milli­arden waren weg.

Der Koope­rati­ons­partner von Mobilcom, die France Télécom wollte nicht mehr, musste aber alle Schulden über­nehmen. Quam/Telefónica hätten gerne die Lizenz­kosten zurück­gehabt, das ging aber auch nicht.

384 kBit/s

Die spek­taku­lärste Auktion der deut­schen Wirt­schafts­geschichte drehte sich um das mobile Internet: Die Zukunft. Das war allen Teil­neh­mern klar. Im neuen 3G-Netz, das 2004 an den Start ging, ließen sich Bilder, Ton und Daten schon zu Beginn mit bis zu 384 Kilobit pro Sekunde über­tragen, das war damals "schnell", heute würde es eher als "Schne­cken­tempo" durch­gehen. Mit dem Moto­rola RAZR, dem Siemens SL 45 oder dem legen­dären Black­berry wurden auch die Endge­räte immer bunter und multi­medialer.

Es kamen Kameras und MP3-Player dazu. Und der „Crazy Frog“ in der Klin­gelton-Werbung (von Jamba) nervte das ganze Land. Ring­dig­geding!

Apple und das iPhone

Apple-Gründer Steve Jobs stellte das erste iPhone in Deutschland vor Apple-Gründer Steve Jobs stellte das erste iPhone in Deutschland vor
Foto: Picture-Alliance/ dpa
Am 9. Januar 2007 star­tete das mobile Internet dann richtig: Apple-Gründer Steve Jobs stellte in San Fran­cisco das erste iPhone mit der völlig neuar­tigen Touch­screen-Ober­fläche vor, ohne die schon ein, zwei Jahre später kein Mobil­telefon mehr denkbar war. In einer legen­dären Präsen­tation versprach Technik-Visionär Steve Jobs „drei Geräte – einen Touch­screen-iPod, ein trag­bares Inter­net­gerät und ein revo­lutio­näres Telefon“.

Hier konnte die Deut­sche Telekom punkten: Sie durfte exklusiv als erster Anbieter in Deutsch­land das iPhone ins Programm nehmen. Ausschlag­gebend sei für Steve Jobs "das beste Netz der Telekom" gewesen, wie sich Betei­ligte erin­nern. Und so wurde am 9. November 2007 an histo­rischer Stelle, nämlich im ehema­ligen Tele­gra­fenamt in Berlin, das iPhone speziell der deut­schen Öffent­lich­keit präsen­tiert. In den Räumen, wo auch die ersten Tele­fon­gespräche in Deutsch­land vermit­telt worden waren.

Das damals brand­neue iPhone bot damals alles in einem, absur­der­weise aber kein UMTS und damit noch kein schnelles Internet. Das aller­erste iPhone funkte noch im beschau­lichen 2G/EDGE-Netz. Schneller ging es erst 2008, mit dem Nach­folger iPhone 3G und darauf dem Modell 3GS.

Mit dem aller­ersten Samsung Galaxy star­tete 2009 das fortan ewige Duell zwischen dem iPhone und iOS und dem Google-Betriebs­system Android, das die Smart­phone-Welt bis heute prägt. Auch hier lag die Telekom vorn, wie sie stolz betont: Das erste Android-Smart­phone "G1" gab es in Deutsch­land zunächst bei der Telekom.

Mit LTE noch schneller ins Netz

Schon drei Jahre nach dem ersten iPhone machte die Technik den nächsten Sprung. 2010 führten Telekom, Voda­fone, E-Plus und o2 (Telefónica) das LTE- oder 4G-Netz ein, mit dem viele Nutzer bis heute richtig schnell mobil surfen können. LTE brachte dem mobilen Internet noch einmal einen ordent­lichen Schub. Damit gingen schon bis zu 100 Megabit pro Sekunde im Down­load. Inzwi­schen sind es sogar bis zu 300 MBit/s.

Historische iPhones: Sie konnten nur 3G, aber noch kein 4G/LTE. Historische iPhones: Sie konnten nur 3G, aber noch kein 4G/LTE.
Foto: Apple Inc.
Premiere feiert LTE (Long Term Evolu­tion) bei der Telekom nicht in Bonn, Berlin, Hamburg oder München – sondern im beschau­lichen Kyritz an der Knatter im Nord­westen Bran­den­burgs. Dort in der tiefsten Provinz wurde demons­trativ die erste LTE-Station in Betrieb genommen, weil der kleine Ort für die Versor­gung im länd­lichen Raum stand. LTE sollte für alle da sein, und nicht nur für die Menschen in den großen Städten. Mit LTE war es auch erst­malig möglich, in vernünf­tiger Qualität zu streamen: Musik (Radio) und Videos.

Live-Kommu­nika­tion mit 5G

Nach der bewährten Regel, dass es etwa alle zehn Jahre einen großen Sprung beim Mobil­funk gibt, brachten o2, Voda­fone und die Telekom 2019-2020 5G an den Start – als Nach­folger oder, genauer gesagt, zunächst als Ergän­zung für LTE. Ein Gigabit mit einer Latenz unter 10 Milli­sekunden – damit wird Live-Kommu­nika­tion möglich. Und es zeigt noch einmal, wie rasant der Bedarf nach hohen Daten­raten inner­halb dieser Jahre gewachsen ist. Glattes Strea­ming, schnelles Gaming und erst­klas­sige Sprach­qua­lität sind inzwi­schen das „A und O“. Zum schnellen Surfen reicht zwar auch LTE im Allge­meinen noch bestens aus.

Neue Anwen­dungen wie auto­nome Autos, Tele-Medizin oder das „Internet der Dinge“ verlangen aber nach noch mehr Tempo und nach einem Mobil­funk, der Daten und Befehle prak­tisch verzö­gerungs­frei „live“ über­trägt. 5G soll das mit lang­fristig "bis zu 10 Gigabit" im Down­load können.

Keine Zukunft ohne Nach­hal­tig­keit

Mobil­funk­technik kann heut­zutage noch so schnell und leis­tungs­stark sein – wenn sie nicht gleich­zeitig ener­gie­spa­rend und effi­zient funk­tio­niert, hat sie auf dem Markt keine Chance. Die Anbieter verfolgen das Ziel, möglichst bald CO2 einzu­sparen und klima­neu­tral zu werden und zu bleiben. Die Kunden haben kaum Möglich­keiten, die voll­mun­digen Ansagen der Anbieter nach­zuvoll­ziehen und bleiben daher skep­tisch.

Neue Mobil­funk­technik, deren Ener­gie­ver­brauch bei Null liegt, wenn gerade kein Kunde an einem Standort Leis­tung anfor­dert, soll die Umwelt entlasten. Beim neuen Handy kann man Geräte wie das Fair­phone, My Rephone oder das Shift Phone ins Auge fassen.

Wieder­auf­gear­bei­tete Second-Hand-Tele­fone gibt es von verschie­denen Anbie­tern wie BackMarket, TrademyMobile oder ReUsemyMobile oder smallbug beispiels­weise. Fach­gerechtes Recy­cling sollte zum Stan­dard gehören.

Jähr­lich 300.000 echte Handy-Notrufe

Eine erste wich­tige Handy-Funk­tion zum Start des Netzes vor 30 Jahren waren Notrufe von unter­wegs: Wer ein Mobil­telefon besaß, konnte ab dem 30. Juni 1992 auch von unter­wegs die Rettungs­leit­stelle unter 112 schnell errei­chen.

Inzwi­schen werden allein über das Mobil­funk­netz von Voda­fone über die 112 jähr­lich rund 300.000 Notrufe abge­setzt, Bei der Telekom oder o2 dürften die Zahlen ähnlich liegen. Seit etwa zwei­ein­halb Jahren werden bei einem Handy-Notruf an die 112 die genauen Stand­ort­infor­mationen des Anru­fers auto­matisch und fast flächen­deckend an die Leit­zen­tralen der Feuer­wehr über­tragen. Damit können die Retter jetzt sehr schnell den Unglücksort auffinden.

Vom Handy fürs Tele­fonieren zum Alles­könner-Smart­phone

War das digi­tale Mobil­funk­netz zu Beginn noch ein reines Tele­fonie-Netz, wurde am 3. Dezember 1992 erst­mals eine SMS von einem Computer an den Voda­fone-Mitar­beiter Richard Jarvis mit der Botschaft „Merry Christmas“ versendet.

Drei Jahre später befeu­erte der offi­zielle SMS-Start den Mobil­funk-Boom weiter. Damals war ein Senden von Nach­richten zwischen den Netzen zunächst gar nicht oder nur über Tricks möglich. Die Markt­lücke schloss das Unter­nehmen Dr. Materna. Es entwi­ckelte eine Schnitt­stelle zwischen den Netz­betrei­bern für SMS. Im Rekord­jahr 2012 wurden netz­anbie­ter­über­grei­fend fast 60 Milli­arden Kurz­mit­tei­lungen verschickt.

Längst ist das Handy zum schlauen Alles­könner-Smart­phone geworden: Als Geld­börse für das (kontakt­lose) Bezahlen in fast allen Geschäften, Spie­lekon­sole, Taschen­rechner, Taschen­lampe, Fahr­kar­ten­automat, Wörter­buch, Fern­bedie­nung und so weiter.

Mit Smart­phones wird heute foto­gra­fiert und gefilmt. Man chattet mit Freunden, schaut Filme, Serien und Videos in HD-Qualität und hört Musik. Die Menschen surfen stärker im mobilen Internet – etwa um soziale Medien wie Face­book, Insta­gram oder YouTube zu nutzen, Bank­geschäfte und Behör­den­gänge zu erle­digen, online einzu­kaufen, Events aus Kultur und Sport im Live-Stream zu verfolgen oder sich in Nach­rich­ten­por­talen zu infor­mieren. Kurz gefasst bringt das moderne Smart­phone ein Menge Lebens­qua­lität mit, kann aber auch viel Zeit rauben.

Mensch und Maschine: Daten­ver­kehr steigt jähr­lich um 28 Prozent

Die Grund­lage für den Daten­fluss in den Mobil­funk­netzen war Start­schuss von UMTS (3G) im Jahr 2000, gefolgt von LTE (4G) im Jahr 2008, was der Geschichte noch einmal einen deut­lichen Schub gab. 3G ist mitt­ler­weile Geschichte - in Deutsch­land wurden alle 3G-Stationen abge­schaltet. Die Daten fließen über die 4G- und 5G-Tech­nologie wesent­lich schneller. Die Nutzung durch Mensch und Maschine ließ den mobilen Daten­ver­kehr ansteigen: Im Juni 2022 wuchs der Verkehr auf der mobilen Daten­auto­bahn beispiels­weise im Voda­fone-Netz um 28 Prozent gegen­über dem Vorjahr.

Nicht nur Menschen verschi­cken die Daten: Immer mehr Alltags­gegen­stände mit inte­grierten SIM-Karten kommu­nizieren im Internet der Dinge: Geträn­keau­tomaten melden sich, wenn sie nach­gefüllt werden müssen. Aufzüge setzen Warn­mel­dungen ab, wenn ein Ausfall droht. Stra­ßen­laternen schalten sich nachts nur dann an, wenn wirk­lich jemand unter­wegs ist.

Im deut­schen Voda­fone-Netz sind aktuell mehr als rund 65 Millionen SIM-Karten aktiv, bei der Telekom sollen es etwa 53 Millionen Karten sein, o2/Telefónica meldet etwa 46 Millionen aktive Mobil­funk-SIM-Karten. Einige davon stecken in vernetzen Gegen­ständen – etwa für das Smart Home oder in Fabrik­hallen.

Der Schlüssel zum Handy-Netz ist und bleibt nach wie vor die SIM-Karte. Deren Größe hat sich verän­dert. Anfangs noch so groß wie eine Scheck­karte ist sie über die Jahre geschrumpft: Von Mini über Micro bis Nano oder die plas­tik­spa­rende eSIM, ein Stück Soft­ware zum Down­load.

Die Zukunft: Eine Welt ohne Ampeln, Staus und Verkehrs­tote

5G ist anfangs als Hucke­pack­lösung für 4G gestartet, man nennt das 5G-NSA (Non Stand Alone). Die nächste Stufe ist 5G-SA, dazu wird ein eigenes 5G-Core-Netz benö­tigt. 5G-SA hat den Vorteil von kürzeren Antwort­zeiten (Ping), doch dafür gibt es noch wenig Geräte und noch weniger Anwen­dungen. Außerdem wäre 5G-SA im Moment noch "lang­samer" als die Kombi­nation von 5G-NSA, wo 4G-Frequenzen dazu kombi­niert werden können und so höhere Down­load-Geschwin­dig­keiten erlauben. Das wird sich bald gewaltig ändern.

Sony "Vision-S" im 5G Mobility Lab während eines 5G-Tests. Sony "Vision-S" im 5G Mobility Lab während eines 5G-Tests.
Foto: Picture Alliance/dpa/Sony Group Cooperation
Voda­fone möchte sich über die Funk­tion 5G-SA, die man dort "5G+" genannt hat, profi­lieren. Inter­essierte Endkunden können mit einem passenden Endgerät an verschie­denen Stand­orten die Technik bereits erproben.

5G-SA oder 5G+ wird in zahl­rei­chen Bran­chen oder Indus­trie­betrieben große Vorteile bieten. 30 Jahre nach Start des digi­talen Mobil­funks in Deutsch­land sollen Signale "in Echt­zeit" über­tragen werden. Bei entspre­chendem Netz­ausbau wäre dann vernetztes Fahren möglich. Das braucht verzö­gerungs­freie Infor­mationen.

Bei der Tele­medizin können Fern­ope­rationen Realität werden, bei denen der Arzt gar nicht im Opera­tions­saal anwe­send sein muss.

30 Jahre - und es geht weiter

30 Jahre nach dem Start der D-Netze ist die Geschichte des Mobil­funks längst nicht zu Ende. Am Hori­zont meldet sich 6G, der nächste Stan­dard. Damit könnten Video­chats und virtu­elle Treffen über Holo­gramme der Gesprächs­partner laufen. 6G soll mit bis 400 Gigabit pro Sekunde rund 40 mal schneller als 5G sein.

Ob wir auch in Zukunft ein Smart­phone in der Hand halten? Das wird von Experten bezwei­felt. „Denkbar wäre“, so Schin­dera, „nur noch einen kleinen Knopf im Ohr zu haben.“ Die Smart­phone-Technik könnte in der Klei­dung verbaut sein oder in eine Brille für virtu­elle Anwen­dungen inte­griert werden. Die nächsten Jahr­zehnte des Handy-Zeit­alters dürften sogar noch span­nender werden als die ersten drei Jahr­zehnte – seit damals am 30. Juni bzw. 1. Juli 1992 die Zukunft begonnen hat.

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