Frequenztausch-Vorschlag: Netzbetreiber sind überrascht
Die Frequenztausch-Idee der Bundesnetzagentur bei der Vergabe von Mobilfunkfrequenzen hat in der Branche Überraschung, aber auch Verwunderung ausgelöst. Alle vier Netzbetreiber gaben dazu, teilweise auf Nachfrage von teltarif.de, erste Stellungnahmen ab.
Telekom: Fokus auf Auktion überraschend
Die Deutsche Telekom zeigte sich in ihrer Stellungnahme "überrascht", dass der Fokus alleine auf Auktion zu liegen scheine, obwohl extra das Telekommunikationsgesetz (TKG) geändert wurde, um das zu vermeiden.
Kann durch den Frequenztausch der gordische Knoten durchschlagen werden? Kommt die GSM-Einheitsnetzgesellschaft?
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Für die Telekom ist vor allen Dingen wichtig, dass es nicht zu einer "künstlichen Verknappung von Frequenzen" komme. Die Telekom betont: "Bisher liegt Deutschland beim Ausbau von 5G europaweit vorne, das Absichern dieser Position muss das oberste Ziel sein." Dennoch will die Telekom den Vorschlag konstruktiv bewerten und in der vorgegebenen Frist kommentieren.
Vodafone: Knappheit bei 800 MHz Flächenversorgung
Vodafone begrüßt in seiner Stellungnahme, dass die Bundesnetzagentur "die Knappheit bei den für die Flächenversorgung so wichtigen 800-Megahertz-Frequenzen berücksichtigt und diese im Sinne von vielen Millionen Mobilfunknutzern vermeiden will." Für Vodafone sei es das oberste Ziel, "dass sich die Netzqualität auch für die Menschen in ländlichen Regionen nicht verschlechtert, sondern weiter bessert."
Vodafone will den Ansatz jetzt im Detail prüfen und dann Stellung nehmen.
Telefónica: In regelmäßigem Austausch
Bei Telefónica will man das Positionspapier der BNetzA "prüfen und analysieren", wie das Unternehmen damit umgehen wird. Dazu stehe das Unternehmen mit der BNetzA in regelmäßigem Austausch.
1&1: Entgegenkommen der Bundesnetzagentur
Als erstes Unternehmen hatte sich 1&1 bei uns gemeldet. „Mit dem Vorschlag, die 800-MHz-Frequenzen erst 2033 auslaufen zu lassen, kommt die Bundesnetzagentur den Wünschen der etablierten Mobilfunknetzbetreiber entgegen. Gleichzeitig bekennt sie sich zu einem diskriminierungsfreien Verfahren und strebt mit einer vorzeitigen Auktion der 900-MHz-Frequenzen eine Lösung an, die auch 1&1 als Neueinsteiger eine faire Chance einräumt, Frequenzen im üblichen Versteigerungsverfahren zu erwerben. Wir prüfen das veröffentlichte Positionspapier und werden gegenüber der Bundesnetzagentur Stellung nehmen.“
Das könnte man durchaus als vorsichtige Zustimmung interpretieren.
Künftig nur noch ein übergreifender GSM-Netzbetreiber?
Wenn man sich in das Papier der Netzagentur tiefer einliest, fällt ein geradezu revolutionärer Vorschlag auf: Die Bundesnetzagentur könnte sich vorstellen, dass es künftig in Deutschland nur noch einen einzigen gemeinsamen GSM-Netzbetreiber der drei etablierten Anbieter (Telekom, Vodafone, o2) geben könnte.
Wörtlich: "Auch der Betrieb eines gemeinsamen GSM-Netzes für Deutschland durch alle drei etablierten Netzbetreiber wäre denkbar". Dadurch würden auf 900 MHz Frequenzen frei, die dann unter allen vier Netzbetreibern "verteilt" (versteigert?) werden könnten.
Vorzeitiges Ende von GSM?
Der Frequenztausch auf 900 MHz könnte das ohnehin bevorstehende "Ende" von GSM deutlich vorziehen. Auch die "gemeinsame" Netzgesellschaft für GSM/2G dürfte eine spannende Konstruktion werden, die dann mit reduzierten Frequenz-Ressourcen nur ein "Rumpfnetz" für ältere M2M (Maschine-zu-Maschine) oder IoT (Internet-der-Dinge) Anwendungen bieten könnte und Notruf-Telefonate mit älteren GSM-only oder GSM/3G Geräten (3G bleibt weiterhin abgeschaltet) erlauben würde. Ob dieses Rest-GSM-Netz dann noch relativ fast flächendeckend bliebe, kann auf längere Zeit bezweifelt werden.
Neuvergabe von 1800 und 2600 MHz zu früh
Eine gewisse Originalität, so ein Branchenkenner, sei der Idee des "Frequenztausches", der ja eigentlich eher ein "Termintausch" ist, ja nicht abzusprechen, aber die Frequenzen bei 1800 und 2600 MHz sollten weiterhin schon 2025 neu vergeben werden, was in der Branche wohl auf wenig Begeisterung stossen dürfte.
Mit dem vierten Netzbetreiber haben sich die "etablierten Anbieter" wohl "abgefunden", bleiben aber spektisch, ob und wann er sein Netz auf die Straßen bringen kann und wird.
Keine Alternative zu Auktionen?
Und schließlich hat die Bundesnetzagentur offenbar noch keine Aussage dazu getroffen, wie eine Frequenzvergabe ohne sündhaft teure Auktionen aussehen könnte. Das wäre beispielsweise durch strikte Versorgungsauflagen und eine rigorose Ausbau-Kontrolle (z.B. durch Versorgungsmessungen) möglich. Drakonische Strafen müssten dem drohen, der nicht baut, um zu verhindern, dass Marktteilnehmer sowohl das Geld für die Auktion als auch für den Netzausbau "sparen" könnten.
Vielleicht sollten sich Amtschef Müller und die Minister Wissing und Habeck sich einmal das französische Modell genauer anschauen.