Glückwunsch

Handy Birthday: 30 Jahre digitaler Mobilfunk

Am 30. Juni bzw. dem 1. Juli 1992 wurde in Deutsch­land die digi­tale mobile Zukunft gestartet. Die ersten digi­talen Mobil­funk­netze in Deutsch­land wurden aus histo­rischen Gründen "D-Netz" getauft. Ein ausführ­licher Rück­blick.
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Post­minister Dr. Chris­tian Schwarz-Schil­ling und sein fran­zösi­scher Kollege waren sich einig: Es wurde drin­gend Zeit für einen euro­päi­schen Stan­dard. Die gemein­same Arbeits­gruppe dafür hieß "Groupe Speciale Mobile (GSM)" und das Netz sollte irgend­wann euro­paweit funk­tio­nieren. 1987 hatten fran­zösi­sche und deut­sche Fach­leute die Norm fertig. Der Minis­teri­albe­amte Wolf­gang Schiewer entwi­ckelte einen euro­paweit gültigen Frequenz­plan für das neue Netz, der später Schiewer-Plan genannt wurde.

Der neue euro­päi­sche Stan­dard musste imple­men­tiert und aufge­baut werden. Fünf Jahre später war klar: Wer C sagt, muss auch D sagen. Auf das C-Netz folgte nach einem Jahr Versuchs­betrieb das D-Netz, der erste „Mobil­funk für alle“. So star­tete die Telekom im Juli 1991 in Stutt­gart auf dem Killes­berg z.B. eine erste GSM900-Test­sta­tion, der Autor war live dabei.

GSM wird global

Der Voll­stän­dig­keit halber: Erst später wurde in den USA bei einer Konfe­renz in Atlanta gezeigt, wie schnell man ein GSM-Netz aufbauen kann (damals ange­kop­pelt ans Netz der Swisscom). Das fand in den USA Gefallen, das Kürzel GSM wurde schnell in „Global System for Mobile Commu­nica­tion“ umde­finiert.

D-Netz: Erst­malig private Konkur­renz

Handys, die Geschichte schrieben Handys, die Geschichte schrieben: Motorola 3200, Ericsson GH172, Nokia Communicator 9000, Nokia 7110, Nokia 6150, Apple iPhone "1", usw.
Foto: Vodafone
Bei der Vergabe von Mobil­funk­lizenzen in Deutsch­land sollte es privaten Wett­bewerb geben. Zwei Lizenzen wurden ausge­schrieben, die Deut­sche Bundes­post Telekom galt als gesetzt ("D1"), die private Lizenz gewann das "Mannes­mann"-Konsor­tium, das unter dem Begriff "D2 privat" in die Geschichte einging. Offi­zieller Start­termin der D-Netze sollte der 1. Juli 1992 werden. Doch Mannes­mann zog seinen Einschalt­termin kurz­fristig auf den 30. Juni 1992 vor, um in den Geschichts­büchern später als "Erster" stehen zu können. Das Kuriosum: Es gab zwei Netze, aber kaum Geräte. "God, send Mobiles" war die neue Über­set­zung für GSM.

1992 erste Kunden im Netz

Erste Kunden hatten sich eines der wenigen liefer­baren Geräte direkt von den Herstel­lern Ericsson, Nokia oder Moto­rola besorgt, auch das Unter­nehmen "Orbitel" gehörte zu den Pionieren (wurde später von Ericsson über­nommen).

Mobil­telefon oder Handy? Haupt­sache Tele­fonieren und SMS

Motorola 3200 - der Knochen. Es konnte telefonieren und erst später z.T. auch SMS. Motorola 3200 - der Knochen. Es konnte telefonieren und erst später z.T. auch SMS.
Foto: Picture Alliance/dpa
Im April 1993, ein knappes Jahr nach dem Start, waren bei der Telekom schon 130.000 Teil­nehmer in deren D1-Netz unter­wegs.

Markt­führer war damals "D2 privat" von Mannes­mann. Das Unter­nehmen war neu und unver­braucht, der "Post/Telekom" haftete so etwas wie "Beamten-Mief" und Schwer­fäl­lig­keit an. Mannes­mann star­tete bundes­weit mit nur 100 Basis­sta­tionen.

Zunächst lagen die Vertrags-Ange­bote bei monat­lichen 85 DM (Telekom) bzw. 78 DM (Mannes­mann D2 privat) plus Minu­ten­preisen von 1,30-1,44 DM oft im 6-, 10- oder 15-Sekun­den­takt. Prepaid gab es damals noch nicht.

Die ersten klobigen D-Netz-Tele­fone wogen mehr als 500 Gramm, hatten eine Akku­leis­tung für maximal 120 Minuten Gesprächs­zeit und kosteten satte 3000  D-Mark. Das war für dama­lige Verhält­nisse ein kleines Vermögen, ein Arbeit­nehmer verdiente 1992 durch­schnitt­lich nur rund 4000 D-Mark (brutto).

Voda­fone kauft Mannes­mann

Im Jahre 2000 gab es eine gewal­tige Zäsur. Für die unglaub­liche Summe von 180.000.000.000 (180 Milli­arden) Euro kaufte die briti­sche Voda­fone plc den deut­schen Mobil­funker Mannes­mann Mobil­funk und sein Angebot "D2 privat". Anfangs hieß der deut­sche Ableger noch Voda­fone D2, bald nur noch Voda­fone. Beob­achter halten die Über­nahme auch rund 20 Jahre später immer noch für einen großen Fehler.

Die Entde­ckung der Privat­kunden

Erst spät wurden die Privat­kunden entdeckt. Nun kamen Tarife für etwa 50 Mark im Monat bei deut­lich höheren Minu­ten­preisen knapp unter der 2-DM-Schranke in Mode. In einem letzten Aufbäumen hatte die Telekom ihr analoges C-Netz noch auf 29 Mark Grund­gebühr redu­ziert. Doch die Kosten­rechner in Bonn beschlossen, das C-Netz vorzeitig abzu­schalten und alle Kunden ins D-Netz umzu­sie­deln. Das fanden nicht alle Nutzer gut, denn in der Start­phase waren die D-Netze noch nicht weit genug ausge­baut.

Die Preise fürs mobile Tele­fonieren sanken langsam. Ein tech­nisches Abfall­pro­dukt, die SMS (für Short Message Service), wurde populär. Man konnte asyn­chron Nach­richten austau­schen, die Gegen­stelle las diese, sobald Zeit oder Gele­gen­heit dafür war. In der zweiten Hälfte des 1990er Jahr­zehnts wurden SMS zum Renner: 1999 verschi­cken die Deut­schen rund 3,6 Milli­arden SMS. Der Duden nahm das sper­rige Wort „Simsen“ in seinen offi­ziellen Wort­schatz auf.

Mobiles Internet war am Anfang eines: Richtig teuer.

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