Gastbeitrag

Smart Meter Gateways: Wie der Neustart besser gelingen kann

Das "Gesetz zum Neustart der Digi­tali­sie­rung der Ener­gie­wende" (GNDEW) soll die Verbrei­tung intel­ligenter digi­taler Mess­sys­teme in Privat­haus­halten beschleu­nigen. Der Gast­bei­trag umreißt wich­tige Rege­lungen und deckt Verbes­serungs­bedarf auf.
Von Torsten J. Gerpott

Am 11.01.2023 hat die Bundes­regie­rung das „Gesetz zum Neustart der Digi­tali­sie­rung der Ener­gie­wende“ (GNDEW) offi­ziell vorge­stellt und den Bundestag gebeten, es rasch zu beschließen. Das Gesetz soll in Deutsch­land die Verbrei­tung intel­ligenter digi­taler Mess­sys­teme in Privat­haus­halten als Basis für in Echt­zeit besser steu­erbare Ener­gie­netze beschleu­nigen. Dieser Artikel infor­miert über wich­tige Rege­lungen des Regie­rungs­vor­schlags und schlägt Verbes­serungen vor.

Der russi­sche Angriff auf die Ukraine hat seit Februar 2022 welt­weit zu dras­tischen Erhö­hungen der Preise für Gas geführt und Ängste vor einer Gasknapp­heit geschürt. In dieser Situa­tion befassen sich viele Menschen verstärkt nicht nur damit, wie sie in ihrem Haus­halt gasba­sierte Heiz­kosten, sondern auch wie sie ihren Strom­ver­brauch redu­zieren können. Ein Instru­ment, das Elek­tri­zitäts­ein­spa­rungen in Privat­haus­halten unter­stützen kann, sind „intel­ligente Mess­sys­teme“ (iMSys), die oft ungenau als „intel­ligente Strom­zähler“ oder „Smart Meter“ ange­spro­chen werden.

Solche Systeme umfassen zwei Kompo­nenten: Erstens eine moderne digi­tale Strom­mess­ein­rich­tung, die den Ener­gie­ver­brauch, die Nutzungs­zeit sowie Netz­zustands­daten erfasst (eigent­licher Zähler). Zwei­tens eine Kopp­lungs­ein­heit (Smart Meter Gateway [SMGW]), die diesen digi­talen Zähler und steu­erbare Anlagen im haus­internen Netz (Home Area Network) sicher einbindet. Dieses Gateway kann über ein externes Weit­ver­kehrs­netz (Wide Area Network) Daten versenden bzw. empfangen. Zu solchen Daten zählen „dyna­mische“ Tarife, die Strom­ver­sorger in Abhän­gig­keit von der Nach­frage- und Ange­bots­situa­tion fest­legen. Weiter sind iMSys erfor­der­lich, um Betrei­bern regio­naler Verteil­netze und Dienst­leis­tern eine (Fern-)Steue­rung von Strom­ver­brau­chern und -spei­chern vor allem in privaten Haus­halten (z. B. Lade­ein­rich­tungen für und Akkus von E-Autos, Wärme­pumpen) zur Vermei­dung eines Ungleich­gewichts von Strom­angebot und Nach­frage zu ermög­lichen oder um Soll­wert­vor­gaben an Ener­gie­manage­ment­sys­teme weiter­zuleiten. Schließ­lich sind iMSys eine Voraus­set­zung dafür, um über Online-Portale Endnut­zern Verbrauchs­daten und Last­gänge zu visua­lisieren.

Mess­stel­len­betreiber

Smart Meter sind seit 10 Jahren im Gespräch. Die Verbreitung dauert und wirft viele Fragen auf. Smart Meter sind seit 10 Jahren im Gespräch. Die Verbreitung dauert und wirft viele Fragen auf.
Bild: Picture Alliance / dpa
In Deutsch­land werden SMGW von Mess­stel­len­betrei­bern einge­baut und unter­halten. Die Rolle des Mess­stel­len­betrei­bers ist einmal von den gesetz­lich zum Einbau verpflich­teten grund­zustän­digen Strom­ver­teil­netz­betrei­bern zu über­nehmen, die über die „letzte Meile“/das Anschluss­netz Strom an Endkunden liefern und sich oft als „Stadt­werke“ in kommu­nalem Eigentum befinden. Endkunden dürfen aller­dings auch andere Unter­nehmen, die auf eigene Rech­nung agieren, mit dem SMGW-Betrieb beauf­tragen. Letz­tere werden als wett­bewerb­liche Mess­stel­len­betreiber bezeichnet. Eine solche Tren­nung der Rollen von Anschluss­netz- und Mess­stel­len­betreiber gibt es in anderen EU-Staaten nicht. Von ihr erhofft man sich eine Erhö­hung der Inten­sität des Wett­bewerbs beim Mess­stel­len­betrieb und in der Folge eine verbes­serte Endkun­den­ver­sor­gung.

Novelle des Mess­stel­len­betriebs­gesetzes von 2016

Die Instal­lation intel­ligenter Mess­sys­teme wurde in Deutsch­land durch das am 02.09.2016 in Kraft getre­tene Mess­stel­len­betriebs­gesetz (MsbG) gere­gelt. Es zielte auf die System­aus­stat­tung aller orts­festen Mess­punkte von Anschluss­nut­zern mit einem digi­talen Zähler ab. Darüber hinaus sah es für Verbrau­cher mit einem Jahres­ver­brauch von mindes­tens 6.000 Kilo­watt­stunden (kWh), für Anlagen zur Ener­gie­erzeu­gung aus erneu­erbaren Quellen (typi­scher­weise mittels Kraft-Wärme-Kopp­lung [KWK]) und für steu­erbare Verbrau­cher zwin­gend den Einbau von SMGW vor. Aller­dings kam der Rollout digi­taler SMGW hier­zulande nicht wie erhofft voran: Bis Ende 2022 wurden nur etwa 0,4 Mio. SMGW instal­liert, was einem Anteil von 0,9 Prozent aller in Deutsch­land vorhan­denen (Strom-)Mess­stellen entspricht.

Vor diesem Hinter­grund verab­schie­dete die Bundes­regie­rung am 11.01.2023 den Vorschlag eines unter Feder­füh­rung des Bundes­minis­teriums für Wirt­schaft und Klima­schutz (BMWK) erar­bei­teten „Gesetzes zum Neustart der Digi­tali­sie­rung der Ener­gie­wende“ (GNDEW). Das Arti­kel­gesetz soll „den Rollout [von SMGW] .. beschleu­nigen und .. entbü­rokra­tisieren“. Kern des GNDEW ist eine Reform des MsbG. Im Folgenden werden sechs zentrale Modi­fika­tionen des etablierten Regu­lie­rungs­rah­mens für digi­tale intel­ligente Mess­sys­teme durch das GNDEW umrissen und Verbes­serungs­vor­schläge entwi­ckelt.

Verrin­gerung der Kosten für Anschluss­nutzer

Univ.-Prof. Dr. Torsten J. Gerpott Univ.-Prof. Dr. Torsten J. Gerpott
Foto: Univ.-Prof. Dr. Torsten J. Gerpott
Ein wesent­licher Grund dafür, dass vor allem in Miet­woh­nungen lebende Privat­haus­halte mit durch­schnitt­lichem Strom­ver­brauch oder private Betreiber von Erzeu­gungs­anlagen nach Inkraft­treten des MsbG nicht vehe­ment auf den Einsatz von SMGW-Systemen drängten, bestand darin, dass ihnen nach dem MsbG erheb­liche Gebühren pro Zähl­punkt aufer­legt werden durften. Sie bewegten sich in Abhän­gig­keit von der Verbrauchs­höhe bzw. erzeugten KWK-Leis­tung zwischen 23 und 100 Euro (inkl. MwSt) pro Jahr, sofern der Kunde nicht mehr als 10.000 kWh verbrauchte bzw. eine Leis­tung von nicht mehr als 15 kW instal­liert hatte.

Die neue Fassung des MsbG (§ 30) erlaubt es in den Betrei­bern intel­ligenter Mess­sys­teme zwar die seit 2016 gültigen Preis­ober­grenzen (POG) weiter bei der Abrech­nung anzu­setzen. Sie zwingt aber die Betreiber, die Rech­nung so zwischen Anschluss­nutzer (= privater Endkunde) und Anschluss­betreiber aufzu­teilen, dass ein Nutzer mit einem jähr­lichen Strom­konsum von weniger als 10.000 kWh nicht mehr als 20 Euro pro Jahr für einen digi­talen Zähler und das SMGW zu zahlen hat. Für Nutzer mit mehr als 10.000 kWh Strom­ver­brauch verrin­gern sich die Gebühren für SMGW i.d.R. eben­falls um 80 Euro pro Jahr gegen­über den zuvor für sie geltenden POG. Der Mess­stel­len­betreiber darf den über die 20 Euro hinaus­gehenden Betrag bis zur POG wiederum an den Verteil­netz­betreiber durch­zurei­chen. Verteil­netz­betrei­bern ist es gestattet, die Gebühren als Kosten­posi­tion in die Kalku­lation ihrer direkt von Anschluss­netz­betrei­bern und indi­rekt von Endver­brau­chern zu zahlenden Netz­ent­gelte einzu­beziehen; damit werden im Ergebnis alle Strom­kunden stärker an den SMGW-Gebühren betei­ligt, die POG werden demnach teil­weise „sozia­lisiert“.

Grund­sätz­lich ist dieses neue Prinzip der Betei­ligung von Verteil­netz­betrei­bern an den Kosten für SMGW betriebs­wirt­schaft­lich sinn­voll, da sie wesent­lich davon profi­tieren, dass SMGW bereit­gestellte Daten für Netz­betriebs- und -planungs­zwecke genutzt werden können. Proble­matisch ist jedoch erstens, dass die POG des MsbG von 2016 im GNDEW über­nommen wurden und nicht empi­risch geprüft wurde, inwie­fern POG-Erhö­hungen oder -Sen­kungen erfor­der­lich sind. Der Gesetz­geber sollte diese Lücke mit entspre­chenden Kosten­ana­lysen für SMGW schließen und gege­benen­falls die POG anpassen. Zwei­tens ist nicht ersicht­lich, warum der an Verteil­netz­betreiber verrech­nete POG-Anteil als Brutto-Betrag konzi­piert wird, also die Umsatz­steuer beinhaltet. Eine Senkung (Erhö­hung) der Umsatz­steuer zieht damit eine Stei­gerung (Senkung) der SMGW-Betrei­bern zur Kosten­deckung zur Verfü­gung stehenden Erlöse nach sich. Dies ist ökono­misch unsinnig, da SMGW-Kosten unab­hängig von der Höhe der Umsatz­steuer anfallen. Drit­tens ist das jähr­liche Entgelt von 20 Euro für Anschluss­nutzer will­kür­lich bzw. rein poli­tisch gesetzt. Um diese Willkür zu elimi­nieren, sollte der Gesetz­geber sich die Mühe machen, mate­riell zu begründen, warum gerade von dem Betrag von 20 Euro erwartet wird, dass er für typi­sche private Haus­halte den Anreiz maxi­miert, externe Eingriffe in ihren Strom­ver­brauch hinzu­nehmen.

Zerti­fizie­rungs­umfang

Die Geset­zes­novelle sieht vor, dass das BMWK dem Bundesamt für Sicher­heit in der Infor­mati­ons­technik (BSI) „inhalt­liche, zeit­liche und prozes­suale Umset­zung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz“ vorgibt aber dabei die Zustän­dig­keiten des BSI für Sicher­heits­vor­gaben und Fest­legung des Standes der Technik nicht einge­schränkt werden (vgl. § 27) Ansonsten sollen Stan­dar­disie­rungen ange­schlos­sener Systeme über Initia­tiven von Markt­teil­neh­mern bzw. unter Einbin­dung der Stan­dar­disie­rungs­insti­tutionen gemäß § 49 Ener­gie­wirt­schafts­gesetz erfolgen.

Grund­sätz­lich spricht für diese markt­ori­entierte Stra­tegie, dass nicht-staat­liche Stan­dar­disie­rungs­insti­tutionen durchaus dazu in der Lage sind, komplexe tech­nische Lösungen als Norm für den Markt zu formu­lieren. Aller­dings ist es dem BSI bereits in Konsul­tation mit der Branche gelungen, mit dem Entwurf der tech­nischen Richt­linie BSI TR-03109-5 eine unter Mitwir­kung der rele­vanten Unter­nehmen und Verbände erstellte Norm zur Siche­rung der SMGW-Inter­ope­rabi­lität mit Steue­rungs­ein­heiten für nach­gela­gerte tech­nische Systeme, die Energie verbrau­chen, erzeugen oder spei­chern, zu verfassen. Stan­dar­disie­rungs­orga­nisa­tionen oder das BSI sollten diesen Entwurf nutzen und als Stand der Technik veröf­fent­lichen. Der Gesetz­geber sollte ihn eben­falls explizit aufgreifen, etwa indem er fest­legt, dass die TR-03109-5 auch unter § 22 Abs. 1 MsbG fällt.

Steue­rung des Netz­anschlusses

Im GNDEW wird das SMGW z. B. in § 21 Abs. 3 MsbG in erster Linie als Einheit zur Steue­rung von Einzel­anlagen oder mehrerer Zähler (neben Strom insbe­son­dere für Wärme und Wasser) eines Netz­anschlusses inner­halb einer Liegen­schaft behan­delt (im Fach­jargon 1:n-Mete­ring). Bezüg­lich der Anbin­dung mehrerer Netz­anschlüsse über ein SMGW wird in § 21 ledig­lich ange­führt, dass „die Einsichts- und Infor­mati­ons­rechte nach den §§ 53 und 61 sowie die glei­chen Funk­tions- und Sicher­heits­anfor­derungen wie bei der Bünde­lung der Zähl­punkte an einem Netz-anschluss gewähr­leistet sind“. Hier wäre der Gesetz­geber klug beraten, wenn er verdeut­licht, dass es nicht gestattet ist, mehrere Netz­anschlüsse über nur ein SMGW zu verknüpfen. Damit wird vermieden, dass hiermit verbun­dene unge­klärte komplexe Daten­schutz- und Sicher­heits­fragen im Schutz­profil den SMGW-Rollout belasten. Außerdem wird so geschlos­senen Insel­lösungen für einzelne Netz­gebiete entge­gen­gewirkt.

Vorzei­tige Ausstat­tung mit einem Smart Meter Gateway

Gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 MsbG_Novelle können u.a. „Letzt­ver­brau­cher ... die vorzei­tige Ausstat­tung von Mess­stellen mit einem intel­ligenten Mess­system inner­halb von vier Monaten ab Beauf­tra­gung“ von ihrem Mess­stel­len­betreiber fordern. Diese Norm scheint zwar kunden­freund­lich zu sein. Sie hat jedoch den Nach­teil, ein Mess­stel­len­betreiber punk­tuell zur SMGW-Bereit­stel­lung verpflichtet werden kann, obwohl der Ausbau für ihn aufgrund abwei­chender Rollout-Pläne in hohem Maß unwirt­schaft­lich ist. Der Gesetz­geber sollte deshalb eine Ergän­zung dahin­gehend vornehmen, dass der Mess­stel­len­betreiber das Ausrüs­tungs­ver­langen einzelner Nach­frager für eine bestimmte Zeit­spanne (etwa ein Jahr) zurück­weisen darf, wenn er fakten­gestützt nach­weist, dass der kunden­seitig verlangte SMGW-Aufbau für ihn erheb­liche nega­tive betriebs­wirt­schaft­liche Folgen haben würde und sich abträg­lich auf den Rollout seines Gesamt­sys­tems auswirken dürfte .

Timing Ausbau Smart Meter Gate­ways

Die neuen Ausbau­ver­pflich­tungen in § 45 Abs. 1 Nr. 2 MsbG sehen vor, dass Mess­stel­len­betreiber von den „normalen“ Privat­haus­halten mit einem Jahres­strom­ver­brauch von bis zu 6.000 kWh bis Ende 2025 bzw. Ende 2030 20 bzw. 95 Prozent mit einem SMGW auszu­statten haben. Diese Vorgaben sind nicht sonder­lich ambi­tio­niert. Ange­sichts dessen, dass der Rollout von SMGW in Deutsch­land seit längerem (langsam) ange­laufen ist und auch entspre­chende BSI-zerti­fizierte SMGW von vier Herstel­lern (EMH mete­ring, PPC, Sage­mcom Dr. Neuhaus, Theben) seit 2021 verfügbar sind, kann kein Anschluss­netz- bzw. Mess­stel­len­betreiber ernst­haft behaupten, von der Notwen­dig­keit, Mess­stellen mit SMGW auszu­rüsten, über­rascht worden zu sein. Sobald ein Mess­stel­len­betreiber SMGW mit seinen infor­mati­ons­tech­nischen Systemen verbinden kann, ist ein zügiger SMGW-Ausbau grund­sätz­lich möglich. Deshalb sollte das GNDEW dahin­gehend geän­dert werden, dass bis Ende 2025 wenigs­tens 50 Prozent der Mess­stellen von normalen Privat­haus­halten mit einem SMGW auszu­rüsten sind.

Klärung von Rollout-Zustän­dig­keiten

Ein zentraler poli­tischer Streit­punkt im GNDEW ist die Kompe­tenz­ver­tei­lung zwischen dem BMWK und dem Bundes­minis­terium des Inneren (BMI). Teil der BMWK-Entwurfs­ver­sion vom 29.11.2022 war noch eine Vorschrift, dass „die Rechts- und Fach­auf­sicht über das Bundesamt für Sicher­heit in der Infor­mati­ons­technik für alle Aufgaben nach diesem und im Zusam­men­hang mit diesem Gesetz .. dem Bundes­minis­terium für Wirt­schaft und Klima­schutz [obliegt]“ (§ 78). In der GNDEW-Fassung vom 07.12.2022, die am 09.12.2022 in die Anhö­rung der Inter­essen­ver­bände mit einer fünf­tägigen (!) Frist zur Stel­lung­nahme gegeben wurde, war diese Kompe­tenz­zuord­nung nicht mehr enthalten. Auch in der GNDEW-Version, die von der Bundes­regie­rung am 11.01.2023 verab­schiedet wurde, ist die Vorgabe nicht zu fin­den.

Die zentrale Koor­dina­tion des Roll­outs bei Ausklam­merung von Themen der Cyber-Sicher­heit durch das BMWK wird immerhin in § 27 konkre­tisiert: „Das Bundes­minis­terium für Wirt­schaft und Klima­schutz gibt im Rahmen seiner Beauf­tra­gung nach Satz 1 dem Bundesamt für Sicher­heit in der Infor­mati­ons­technik die inhalt­liche, zeit­liche und prozes­suale Umset­zung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz vor.“ Zudem muss das BMWK auch weitere Themen wie die für einen agilen Rollout zeitnah notwen­dige Eich­rechts­anpas­sung oder die gesetz­liche Veran­kerung des SMGW-Ein­sat­zes in anderen Gesetzen voran­treiben.

Proble­matisch wäre jedoch eine Verant­wor­tungs­zen­tra­lisie­rung im Zusam­men­hang mit Sicher­heits­fragen, deren unab­hän­gige Beant­wor­tung gerade Kern­auf­gabe des BSI im BMI ist. Auch die Bundes­netz­agentur erhält bei Rollout-Fragen vom BMWK keine detail­lierten fach­lichen Weisungen. Es wird also eine wich­tige Aufgabe des BMWK sein, den gesetz­lichen Rahmen voran­zubringen sowie gemeinsam mit dem BSI und der Bundes­netz­agentur Kompro­misse auf tech­nischer und prozes­sualer Ebene zur Beschleu­nigung des Roll­outs zu fin­den. Der Gesetz­geber sollte deshalb das GNDEW so anlegen, dass das BMWK den SMGW-Ausbau straff koor­diniert, dabei das BSI und die Bundes­netz­agentur einbindet sowie Stan­dar­disie­rungs­part­ner­schaften fördert.

GNDEW als deut­scher Prototyp für die EU

Im inter­natio­nalen Vergleich liegt Deutsch­land bei der Zahl der Smart Meter pro 100 Privat­haus­halte gegen­über fast allen EU-Mitglieds­staaten aktuell weit zurück. Die in den Ländern der EU bislang verbauten „einfa­chen“ Smart Meter sind aber zur Schaf­fung einer gegen infor­mati­ons­tech­nische Angriffe gut geschützten Platt­form zur Echt­zeit­steue­rung dezen­traler erneu­erbaren Ener­gie­quellen und Ener­gie­ver­brau­cher nicht geeignet. Das GNDEW zielt deshalb kluger­weise abwei­chend vom Vorgehen in anderen euro­päi­schen Ländern nicht nur auf eine einfache digi­tale Zähler­aus­lesung, sondern zusätz­lich auf den Aufbau einer cyber­sicheren intel­ligenten Lösung zur Steue­rung von nach­hal­tigen Ener­gie­sys­temen.

Damit bietet das Gesetz die Chance, in Deutsch­land rasch eine EU-weit voraus­eilende Archi­tektur für intel­ligente Ener­gie­netze durch­zusetzen und über diesen Prototyp für die Schaf­fung eines EU-Weiten Marktes für SMGW-Technik zumin­dest für Strom sowie Wärme zu werben, ohne als „Besser­wisser“ verdammt zu werden. Diese Archi­tektur zeichnet sich durch einen sehr guten Schutz gegen Cyber­angriffe aus. Sie kann als ein Ansatz gesehen werden, dessen Notwen­dig­keit durch vermut­lich von Russ­land und China initi­ierte Hacker­angriffe auf Infra­struk­turen in den USA und West­europa in jüngster Zeit erneut sehr deut­lich wurde. Der deut­sche Ansatz steht zudem mit verschie­denen Initia­tiven der Euro­päi­schen Kommis­sion im Einklang. Hierzu gehören der Entwurf eines „Cyber Resi­lience Act“vom 15.09.2022 und der EU-Akti­ons­plan zur Digi­tali­sie­rung des Ener­gie­sys­tems vom 18.10.2022. Die Trag­fähig­keit des Archi­tek­tur­modells lässt sich aber signi­fikant noch durch Umset­zung der zuvor skiz­zierten sechs Anpas­sungen stei­gern.

Zur Person:

Univ.-Prof. Dr. Torsten J. Gerpott leitet den Lehr­stuhl für Unter­neh­mens- und Tech­nolo­gie­pla­nung an der Mercator School of Manage­ment Duis­burg der Univer­sität Duis­burg-Essen.

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