Vorratsdatenspeicherung

Forderung: EU-Verfahren zur Vorratsdatenspeicherung stoppen

Arbeitskreis will Strafzahlungen Deutschlands verhindern
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Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert Ende des EU-Vertragsverletzungsverfahrens Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert Ende des EU-Vertragsverletzungsverfahrens
Logo. AK Vorratsdatenspeicherung
Der Arbeits­kreis Vorrats­daten­speicherung fordert ein Ende des EU-Vertrags­ver­letzungs­ver­fahrens gegen Deutschland. Der Verband veröffentlichte dazu Dokumente, in denen EU-Innen­kommissarin Malmström die Bundesregierung auffordert, bis Jahresende eine sechsmonatige Vorrats­speicherung von Verbindungs- und Standortdaten aller Nutzer von Festnetz, Mobilfunk, Internet-Telefonie und E-Mail wieder einzuführen.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Massen-Speicherung von Telefon- und Internetdaten zur Strafverfolgung im März 2010 für unzulässig erklärt. Da Deutschland als Mitglied der Europäischen Union die entsprechende europäische Richtlinie 2006/24/EG nicht umsetzt, hat die EU im Sommer 2011 ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Gehorcht die Bundesrepublik nicht, kann die EU-Kommission Klage vor dem Europäischen Gerichtshof erheben. Dieser kann dann eine Strafzahlung verhängen.

Deutschland speichert deutlich weniger Daten als vorgeschrieben

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In dem öffentlich gemachten Schreiben von Kommissarin Cecilia Malmström geht es zuerst über mehrere Abschnitte um die bisherige Kommunikation zwischen Deutschland und der EU zum Thema. Dann konstatiert die Kommissarin: "Die von der Bundesrepublik Deutschland im Schreiben vom 15. August 2011 aufgeführte Teilumsetzung der Richtlinie in Deutschland durch geltende Rechtsvorschriften umfasst nicht alle Kategorien von auf Vorrat zu speichernden Daten, die Artikel 5 der Richtlinie vorsieht."

Aktuell würde Deutschland folgende Verbindungsdaten speichern: Von Festnetz- und Mobilfunkteilnehmern sind dies Name, Anschrift und Rufnummer des Teilnehmers oder registrierten Benutzers sowie Benutzerkennung oder Rufnummer des "Empfängers einer Nachricht." Bei Internet-Verbindungen wird zusätzlich die aktuelle IP-Adresse aufgezeichnet.

Damit hat Deutschland die Richtlinie - wie gesagt - nur teilweise umgesetzt: Nicht gespeichert werden aktuell die Nummer des anrufenden Anschlusses und auch nicht alle Benutzerkennungen und Rufnummern, "die jeder Nachricht im öffentlichen Telefonnetz zugewiesen werden". Weiterhin aufzeichnen müsste Deutschland alle Daten von Rufweiterleitungen und -umleitungen, Benutzerkennung oder Rufnummer des vorgesehenen Empfängers bei VoIP sowie grundsätzlich Datum, Uhrzeit und Dauer einer Nachrichtenübermittlung. Außerdem zu speichern wären Daten zur benutzten "Endeinrichtung", das heißt zum Gerät und gegebenenfalls zur Betriebssoftware. Und bei mobilen Geräten sollten die Standortdaten aufgezeichnet werden - insgesamt also eine ganze Menge an Daten.

Bundesbürger fordern Ausnahmegenehmigung für Deutschland

Aus dem schon erwähnten Schreiben vom 15. August 2011 geht hervor, dass die Behörden der Bundesrepublik Deutschland derzeit neue Maßnahmen ausarbeiten, um der Richtlinie 2006/24/EG nachzukommen. Der Kommission wurde aber kein Textentwurf dieser Maßnahmen und kein Zeitplan zur Umsetzung mitgeteilt. Und das reicht nicht, um die Kommission zufrieden zu stellen. Die Bundesrepublik muss nachweisen, dass sie bis Ende Dezember den Forderungen nachkommt, ansonsten drohen Konsequenzen. Ob Deutschland dieser Forderung in der Vorweihnachtszeit beziehungsweise über die Weihnachtsfeiertage nachkommt, darf bezweifelt werden.

64 704 Bürgerinnen und Bürgern haben im Oktober von der Bundesregierung in einer Petition [Link entfernt] gefordert, eine Abweichung Deutschlands von der EU-Richtlinie 2006/24/EG zur Vorratsdatenspeicherung genehmigen zu lassen und nötigenfalls die Genehmigung einzuklagen.

Viele Politiker liebäugeln weiterhin mit Vorratsdatenspeicherung

Das Problem bei der ganzen Geschichte ist die Uneinigkeit deutscher Politiker beim Thema Vorratsdatenspeicherung. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will das Ergebnis der Überarbeitung der EU-Richtlinie abwarten, die gerade in Brüssel vonstatten geht. Dessen ungeachtet fordern sowohl SPD- als auch Unionspolitiker immer wieder die sofortige Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung bis zu einer endgültigen Klärung in Brüssel. Insbesondere bei Aufsehen erregenden Straftaten wie der Neonazi-Mordserie kann die Öffentlichkeit recht sicher sein, dass wenige Tage später aus der Politik wieder nach einer verdachtsunabhängigen Speicherung von Verbindungsdaten gerufen wird.

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