Telekommunikationsgeheimnis

Vorratsdaten: Justizministerin klagt letztlich gegen sich selbst

Morgen verhandelt das Verfassungsgericht über die Vorratsdatenspeicherung
Von ddp / Ralf Trautmann

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ist zum politischen Spagat offenbar nicht bereit. Morgen verhandelt das Verfassungsgericht das umstrittene Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung - sprich: der Vorratsdatenspeicherung. Zu den Beschwerdeführern gehört die FDP-Politikerin. Sie klagt gegen die Bundesregierung und damit letztlich gegen sich selbst.

Am Freitag wurde allerdings bekannt, dass die Liberale "aus Respekt vor dem Gericht und in Verantwortung vor dem Amt der Bundesjustizministerin" doch nicht an der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe teilnehmen wird. Wenige Tage zuvor hatte sie noch in der "Tageszeitung" (taz) gesagt, mit ihrer Anwesenheit wolle sie aber "deutlich machen, dass ich zu meiner Rechtsposition stehe und die Bedeutung unterstreichen, die ich diesem Thema beimesse".

Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung trat zu Zeiten der großen Koalition in Kraft. Union und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dieses Instrument bis zur Entscheidung in Karlsruhe "zur Abwehr einer konkreten Gefahr für Leib, Leben und Freiheit zu beschränken". Alles weitere blieb offen.

Kläger: Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt

Mit dem Gesetz wurden Telekommunikationsfirmen verpflichtet, Daten von Telefon- und Internetverbindungen aller Bundesbürger anlasslos jeweils sechs Monate lang zu speichern. Die Karlsruher Richter hatten 2008 in zwei Eilentscheidungen die massenhafte Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten vorerst gebilligt, aber deren Nutzung durch Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz stark eingeschränkt. Die Kläger sehen vor allem das Telekommunikationsgeheimnis und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.

Bei Leutheusser-Schnarrenberger dürfte die neue Doppelrolle alte Erinnerungen geweckt haben. Ende 1995 trat sie bereits als Justizministerin unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) zurück, weil ihre Partei den großen Lauschangriff mittrug. Sie begründete diesen Schritt damit, dass sie die Wende ihrer Partei weg vom Liberalismus und hin zum Konservatismus nicht mittragen wolle. Neun Jahre später kippte die Bürgerrechtlerin vor dem Bundesverfassungsgericht das Gesetz: Die Karlsruher Richter erklärten 2004 die meisten Vorschriften zum großen Lauschangriff für nicht verfassungskonform.

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