Studie

Festnetz: Telekom gewinnt Marktanteile zurück

Trotz dyna­mischen Glas­faser­aus­baus basieren 70 Prozent der Inter­net­anschlüsse immer noch auf DSL der Deut­schen Telekom. Die daraus resul­tie­renden Gewinne nutzt der Ex-Mono­polist, um seine Domi­nanz auch auf den Glas­faser­markt auszu­dehnen. So lautet das Fazit einer Studie zum Fest­netz­markt.
Von Marc Hankmann /

Im Auftrag des VATM hat das Bera­tungs­unter­nehmen Dialog Consult die "Analyse der Wett­bewerbs­situa­tion im deut­schen Fest­netz­markt" erstellt, deren Ergeb­nisse Peter Winzer, Gesell­schafter von Dialog Consult und Professor für Tele­kom­muni­kations-/Medi­enwirt­schaft und Control­ling an der Hoch­schule RheinMain, vorstellte. Der Analyse zufolge gewinnt die Telekom seit 2020 Anteile im DSL-Markt zurück. Betrug ihr Markt­anteil damals noch 54,3 Prozent, lag er im vergan­genen Jahr bei 55,8 Prozent. Dieser Trend werde sich laut Winzer fort­setzen.

Beson­ders drama­tisch zeigt sich das an den Zahlen des vergan­genen Jahres. Tech­nolo­gie­über­grei­fend hat Voda­fone 2022 laut Analyse knapp 250.000 und 1&1 140.000 Breit­band­kunden verloren, wohin­gegen die Telekom 237.000 Kunden hinzu­gewann - und das, obwohl die FTTB/H-Wett­bewerber der Telekom Kunden abnehmen. Doch selbst wenn man zusätz­lich noch die Breit­band­anschlüsse der Kabel­netz­betreiber hinzu­nimmt, konnte die Telekom ihre Markt­posi­tion bei ca. 40 Prozent stabi­lisieren, obwohl die Wett­bewerber in den Berei­chen Kabel­internet und FTTB/H bislang wuchsen.

"Telekom ist preis­aggres­sivster Anbieter"

TK-Experte Peter Winzer skizzierte anhand seiner Marktanalyse das Wiedererstarken der Telekom. Er sieht darin ein "beginnendes Wettbewerbsproblem". TK-Experte Peter Winzer skizzierte anhand seiner Marktanalyse das Wiedererstarken der Telekom. Er sieht darin ein "beginnendes Wettbewerbsproblem"
Screenshot: Marc Hankmann
Das Zemen­tieren einer markt­beherr­schenden Stel­lung sei laut Winzer im EU-Vergleich ein "Sonder­fall";. In funk­tio­nie­renden Märkten würden die Ex-Mono­polisten Markt­anteile verlieren. "Wir sehen hier ein begin­nendes Wett­bewerbs­pro­blem", resü­miert der TK-Professor das Ergebnis seiner Markt­ana­lyse. Da die Telekom auch im FTTB/H-Bereich aufholt, geht Winzer darüber hinaus davon aus, dass der Ex-Mono­polist auch diesen Markt in Zukunft domi­nieren wird.

Den Grund für das Wieder­erstarken der Telekom sieht der Experte in der Preis­politik der Bonner. "Die Telekom ist der preis­aggres­sivste Anbieter im DSL-Markt", sagte Winzer bei der Vorstel­lung der Markt­ana­lyse. Dazu verglich Dialog Consult die Tarif­ange­bote von Verivox und Check24 zu unter­schied­lichen Zeit­punkten. Das Ergebnis: Die DSL-Ange­bote der Telekom lagen im Schnitt zwischen 20 und 30 Prozent unter denen der Konkur­renz. Allein Voda­fone kann hier mit Ange­boten für Kabel­internet eini­ger­maßen mithalten. Im DSL-Markt ist die Telekom jedoch Preis­füh­rerin.

VATM: DSL-Gewinne finan­zieren Glas­faser­überbau

Für den VATM bedeutet diese Entwick­lung, dass die Telekom das lukra­tive DSL-Geschäft nur sehr langsam aufgeben wird. VATM-Geschäfts­führer Frederic Ufer kriti­sierte daher die Regu­lie­rung der BNetzA, die die "stra­tegi­sche Preis­set­zung" des Ex-Mono­polisten nicht erfasse. "Regu­lie­rung light hat für den Kupfer­bereich nicht funk­tio­niert", sagte Ufer und forderte die BNetzA zur Nach­bes­serung auf, zumal die Markt­macht der Telekom im DSL-Bereich Auswir­kungen auf den Glas­faser­ausbau habe. VATM-Geschäftsführer Frederic Ufer, hier zusammen mit Verbandspressesprecherin Caroline Winter, kritisierte die Regulierung der BNetzA und forderte die Behörde auf nachzubessern VATM-Geschäftsführer Frederic Ufer, hier zusammen mit Verbandspressesprecherin Caroline Winter, kritisierte die Regulierung der BNetzA und forderte die Behörde auf nachzubessern
Screenshot: Marc Hankmann
Die von Ufer als Über­ren­dite bezeich­neten Gewinne aus dem DSL-Geschäft inves­tiere die Telekom in den Glas­faser­ausbau, aller­dings nicht allein dafür, um dort FTTB/H-Netze zu bauen, wo es noch keine gibt. "Die Konse­quenz ist ein punk­tueller Überbau von Glas­faser­netzen aus einer Posi­tion der Stärke heraus", erklärte Ufer.

Dass die Telekom nach eigenen Aussagen auch noch in Zukunft ihr Infra­struk­tur­monopol erhalten wolle, ist für Ufer eben­falls ein Grund dafür, dass die Regu­lie­rung nach­gebes­sert werden müsse. "Die BNetzA hat das sehenden Auges in Kauf genommen", sagte der VATM-Geschäfts­führer bei der Präsen­tation der Markt­ana­lyse.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Der ehema­lige Incum­bent Deut­sche Bundes­post Telekom hat sich stark gewan­delt. Offenbar hat die Telekom einiges rich­tiger gemacht, als die Konkur­renz. Beispiel Mobil­funk: Der massive Netz­ausbau, der sich z.B. in unseren wöchent­lichen Über­sichten nieder­schlägt. Längst ist die Telekom dabei, auch einsame Regionen, die vielen Mitbe­wer­bern zu "klein" oder zu "teuer" sind, mit Netz zu versorgen. Das spricht sich herum.

Manche Kund­schaft mag konser­vativ sein (ich wechsel meinen Anbieter niemals), andere legen Wert auf Qualität und Service. Offenbar ist es nicht immer der güns­tigere Preis der privaten Anbieter: Wenn im "Ernst­fall" Hotlines nicht erreichbar sind oder gar nicht helfen können oder wollen, hinter­lässt das blei­bende Spuren.

Die private Konkur­renz der Telekom kann nur über­leben, wenn sie deut­lich "besser" ist, auf die Wünsche ihrer Kunden eingeht und ihnen das liefert, was sie wollen, zu attrak­tiven Preisen.

Dass güns­tige DSL-Preise den Glas­faser­ausbau "bremsen" können, ist bei Privat­kunden plau­sibel. Gäbe es aber bald fast nur noch Glas­faser, wird die Telekom ihr Kupfer­netz abschalten (wollen) und die Fasern sind preis­lich völlig unre­guliert. Das kann noch richtig lustig werden.

Im Wett­bewerb ist doch klar, dass der "Spieler" Telekom sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt. Nach 28 Jahren Libe­rali­sie­rung sollten die Mitbe­werber langsam verstanden haben, dass bis heute ohne die Telekom in vielen Berei­chen nichts läuft.

Es gibt noch genü­gend Markt­nischen, die der Telekom "zu klein" sind, wo neue Wett­bewerber punkten können. Krea­tivität bei Produkten und Diensten und vor allen Dingen zuver­läs­sige Abläufe und ein aufmerk­samer Kunden­ser­vice sind hier die Schlüs­sel­worte.

Gemeinsam mit dem Breit­band­ver­band BREKO übt der VATM Kritik an der künf­tigen Glas­faser­för­derung.

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