Kritik

Glasfaserförderung: VATM und BREKO üben Kritik

Kritik üben die Bran­chen­ver­bände BREKO und VATM an der neuen Glas­faser­för­derung. Wenn Bagger im Ort sind, sollten sie alles ausbauen können. Die Büro­kratie sei zu langsam.
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Eigent­lich hatte sich die Branche von der Erar­bei­tung der neuen Förder­richt­linie deut­liche Verbes­serungen erhofft. "Trotz einiger guter Ansätze und Ände­rungen hat das Bundes­digi­tal­minis­terium (BMDV) wich­tige Hebel für den schnel­leren Ausbau Deutsch­lands unge­nutzt gelassen“, kriti­siert Jürgen Grützner, Geschäfts­führer des Verbandes der Anbieter von Tele­kom­muni­kations- und Mehr­wert­dienst­leis­tungen (VATM).

Neues Förder­pro­gramm seit dieser Woche

Zur neuen Glasfaserausbauförderung nehmen VATM und BREKO Stellung. Zur neuen Glasfaserausbauförderung nehmen VATM und BREKO Stellung.
Logos: BREKO/VATM/BMDV, Foto/Montage: teltarif.de
Seit diesem Montag gilt das neue Gigabit-Förder­pro­gramm des Bundes. Das gefällt den Bran­chen­ver­bänden nur bedingt. Die "konstruk­tiven Vorschläge der Branche für eine wirk­lich effi­ziente Förde­rung wurden im Laufe des Prozesses nicht in ausrei­chendem Maße aufge­nommen", findet der VATM. „Die geplante Förder­richt­linie schafft damit auch nicht die drin­gend erfor­der­liche Planungs­sicher­heit für den schnellen eigen­wirt­schaft­lichen Ausbau von Glas­faser­netzen bis 2030“.

Fast Lane braucht viel zu lange

Zu den "rich­tigen Maßnahmen" gehöre, dass die bislang un- und unter­ver­sorgten Orte möglichst schnell und effi­zient mit Glas­faser versorgt werden sollen. Sie sollen zukünftig auf eine soge­nannte Fast Lane (auf deutsch "Über­hol­spur") geschoben und die Bagger "prio­risiert genau dorthin" zuerst geschickt werden.

Funk­tio­niert das auch mit eigen­wirt­schaft­lich?

„Mindes­tens genauso wichtig wäre aber gewesen, dort, wo ganz über­wie­gend eigen­wirt­schaft­lich ausge­baut wird, die wenigen förder­bedürf­tigen Häuser in einem Rutsch sofort mit anschließen zu können", findet Grützner. "Die vom Minister als wichtig erkannte und auch in der Giga­bit­stra­tegie ausdrück­lich gefor­derte enge Verzah­nung schei­tert nun aber daran, dass diese Häuser es nicht auf die "Fast Lane" schaffen. Und er bringt es auf den Punkt: "Bis die Förde­rung kommt, sind die Bagger längst aus dem Dorf und das viel­leicht für Jahre.“

Appell für „Super Fast Lane“

Der Appell des VATM bleibt daher bestehen: Damit der zeit­lich verzahnte Ausbau über­haupt funk­tio­niert, braucht es zum einen eine einfache pauschale Förde­rung - zum Beispiel pro Meter Tiefbau, wenn nur einige wenige Förder­anschlüsse benö­tigt werden. Neben einer solchen verein­fachten Förde­rung wird zumin­dest eine maximal beschleu­nigte Förde­rung benö­tigt – also eine "Super Fast Lane". „Sonst bleibt der elemen­tare Konstruk­tions­fehler im soge­nannten Krite­rien­katalog erhalten und es werden sogar neue weiße Flecken entstehen“, so Grützner.

Betrei­ber­modell in der Praxis?

Die neuen Vorschriften sehen ein Betrei­ber­modell vor. Dabei sollen Netze bevor­zugt werden, die dauer­haft bei den Kommunen bleiben. Das sieht der VATM kritisch: „Die in Deutsch­land einma­lige Zersplit­terung des Marktes wird damit auf Ewig­keit zemen­tiert ("perp­etu­iert") und das Ziel des sinn­vollen Zusam­men­wach­sens der Netze konter­kariert. Unter derart absurden Bedin­gungen werden sich schlicht keine Inves­toren für Deutsch­land finden lassen, die bereit wären, nicht nur für eine abseh­bare Zeit, sondern dauer­haft den Betrieb dieser kleinen sehr regio­nalen Netze zu orga­nisieren und dauer­haft hohe Pacht zu zahlen“, warnt man beim VATM.

BREKO freut sich über Klar­heit

Der Bundes­ver­band Breit­band­kom­muni­kation (BREKO) sieht das schon konstruk­tiver und begrüßt, "dass mit der Veröf­fent­lichung des Giga­bit­för­der­pro­gramms durch das Bundes­minis­terium für Digi­tales und Verkehr (BMDV) nun Klar­heit herrscht, wie es mit der Glas­faser­för­derung weiter­geht."

BREKO: Keine ziel­gerich­tete Förde­rung möglich

Kritisch bewertet der BREKO, dass das Förder­pro­gramm keine wirk­samen Mecha­nismen enthält, um Förder­mittel ziel­gerichtet in die Kommunen zu bringen, die staat­liche Unter­stüt­zungs­maß­nahmen wirk­lich benö­tigen, um die Inter­net­ver­sor­gung vor Ort zu verbes­sern.

Das neue Giga­bit­för­der­pro­gramm sei ein poli­tischer Kompro­miss zwischen dem Minis­terium, den Bundes­län­dern und den Kommunen, der die Ausbau­praxis der Unter­nehmen und die nur in begrenztem Maße zur Verfü­gung stehenden Tief­bau­kapa­zitäten nicht hinrei­chend berück­sich­tige. Insbe­son­dere fehle es an einer Begren­zung der parallel laufenden Förder­ver­fahren und einer effi­zienten Verzah­nung des eigen­wirt­schaft­lichen Ausbaus mit ergän­zender Förde­rung, die zum schnellen flächen­deckenden Glas­faser­ausbau von Kommunen führen würde. Leider spiele auch die vom Minis­terium selbst beauf­tragte Poten­zial­ana­lyse bei der Prio­risie­rung der Förder­maß­namen keine rele­vante Rolle.

Bran­chen­dialog als Vorstufe

Grund­sätz­lich positiv sieht der BREKO die Einfüh­rung soge­nannter Bran­chen­dia­loge als Vorstufe zu einem mögli­chen Markt­erkun­dungs­ver­fahren. Diese sollten durch Kommunen und Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen genutzt werden, um früh­zeitig in einen offenen Austausch zu treten und das Poten­zial für einen eigen­wirt­schaft­lichen Glas­faser­ausbau voll auszu­schöpfen. Dabei sei wichtig, dass alle Betei­ligten konstruktiv zusam­men­arbeiten und dieses gemein­same Ziel verfolgen.

Der BREKO hat jedoch kein Verständnis dafür, dass Bran­chen­dia­loge erst ab dem Jahr 2024 verpflich­tend vorge­schrieben werden. Das wider­spreche dem vom Minis­terium selbst gesteckte Ziel eines Vorrangs für den eigen­wirt­schaft­lichen Glas­faser­ausbau.

Auch die im neuen Förder­pro­gramm vorge­sehene Einfüh­rung maxi­maler Förder­summen pro Bundes­land und Jahr ist aus Sicht des BREKO eine "sinn­volle Neue­rung". Ähnlich zum VATM plädiert auch der BREKO dafür, nicht abge­rufene oder verbrauchte Mittel auf das Folge­jahr über­tragen zu können, um "ziel­gerichtet und sparsam" die Förder­mittel verwenden zu können.

Schnelles Ausrollen des OZG-Portals

Eine Förde­rung, die den eigen­wirt­schaft­liche Ausbau unter­stützt, sei "nur ein Hebel zu Beschleu­nigung des Glas­faser­aus­baus in Deutsch­land". Ebenso wichtig sei der schnelle Roll-out des OZG-Breit­band­por­tals (OZG-Online-Zugangs-System, d.h. die digital erreich­bare Verwal­tung) in allen Bundes­län­dern und Kommunen. Damit sollen alle Geneh­migungs­ver­fahren digi­tali­siert und beschleu­nigt werden.

Und Tren­ching?

Schluss­end­lich erin­nert der BRKO an die zügige Verab­schie­dung der "Norm für moderne Verle­geme­thoden" im Glas­faser­ausbau, wie z.B. Tren­ching. Das stößt in der Praxis in vielen Kommunen weiter auf Ableh­nung, weil sie Spät­folgen und lang­anhal­tenden Streit um Scha­den­ersatz­for­derungen fürchten, wenn bei späteren Bauar­beiten oder stär­kerer Stra­ßen­belas­tung Schäden an der Glas­faser­lei­tung auftreten. Allen Beteue­rungen zum Trotz liegen in vielen Orten Kabel und Rohre oft nicht da, wo sie laut Plan liegen sollten oder sind gar nicht vermerkt.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Eigen­wirt­schaft­lich bedeutet, dass Unter­nehmen auf eigene Rech­nung einen Ort ausbauen. Das tun sie logi­scher­weise nur, wenn es sich für sie rechnet. Die Ecken, an denen es unwirt­schaft­lich wäre, sollen im Schnell­ver­fahren pro Meter Grabungs­länge geför­dert werden. Eine vorhe­rige Kosten­kon­trolle wird da schwierig, weil die Bagger ja schnell weiter sollen.

Jetzt rächt sich der Prin­zip­fehler einer fehlenden bundes­weiten Ausschrei­bung: Wenn ein Ort komplett ausge­schrieben würde, müssten alle inter­essierten Unter­nehmen ein Angebot für den gesamten Ort abgeben, inklu­sive der unat­trak­tiven Neben­straßen. Das Unter­nehmen, das am wenigsten verlangt hätte, hätte den Zuschlag bekommen und wäre dann verdon­nert worden, komplett auszu­bauen. Dazu hätte man "gute Regionen" und "schlechte Regionen" mischen können, um es gerechter zu gestalten. Zusätz­lich hätten drako­nische Strafen einge­baut werden müssen, wenn ein Unter­nehmen "gewinnt", aber nicht zeit­gerecht ausbaut, viel­leicht weil sie sich verkal­kuliert haben.

Jetzt gibt es also nur Förder-Geld, wenn die ausbau­enden Firmen plau­sibel machen können, wo es sich für sie nicht lohnt. Aber kommt das Förder­geld für die Neben­straßen zeitig genug?

Es rächt sich, dass "Open Access" bis heute nicht klar defi­niert ist. Die einen wollen, dass die anderen die fertig gebaute und beleuch­tete Glas­faser mit einem Bitstream-Produkt nutzen. Die andern möchten beleuch­tete oder sogar unbe­leuch­tete Glas­faer buchen oder am liebsten nur ein schon liegendes Leer­rohr oder die Möglich­keit, eigenes Leehr­rohr beim Graben dazu­zulegen, ohne Verpflich­tung gegen­über dem Erst­bau­enden. Das Feind­bild der Branche heißt Telekom, die natür­lich überall, wo sie Glas­faser ankün­digen, sofort die Mehr­heit der Kunden auf ihrer Seite haben dürften.

Wir dürfen gespannt sein, wie es weiter geht. Die Bürger vor Ort sollten genau hinschauen und ihren Gemeinde- oder Stadt­räten klar machen, dass jede weitere Verzö­gerung die digi­tale Welt weiter zurück wirft. Am besten ist, wenn die Bürger sich vor Ort aktiv enga­gieren.

Jede Woche schauen wir uns den Netz­ausbau im Mobil­funk an.

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