Frequenzen

Editorial: Konkurrenzbeschneidung

T-Mobile möchte dem fusionierten Unternehmen o2/E-Plus in zwei Bereichen alle Frequenzen wegnehmen, die o2 vor der Fusion hatte. Ist diese Forderung berechtigt?
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Sofort nach Bekanntgabe der Genehmigung der Fusion von o2 und E-Plus meldeten sich wieder die Stimmen, die vom fusionierten Unternehmen eine Rückgabe von Frequenzen fordern. So verlangt die Deutsche Telekom, dass das fusionierte Unternehmen in den Bereichen um 1800 und 2100 MHz praktisch die gesamte derzeitige Frequenz­ausstattung von o2 zurückgibt. Die Bundesnetzagentur spricht in einer ersten Veröffentlichung davon, baldmöglichst ein Vergabeverfahren für zurückgegebene Frequenzen in den Bereichen um 900 und 1800 MHz durchführen zu wollen. Welche Bereiche sollte o2 nach der E-Plus-Übernahme also nun zurückgeben? Und wie viel?

Ausgleichsmaßnahme

Editorial: Konkurrenzbeschneidung Editorial: Konkurrenzbeschneidung
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Am Ende dürfte es am meisten Streit um die Frequenzen im 900-MHz-Bereich geben. Denn diese waren E-Plus und o2 schon vor Jahren kostenfrei zugeteilt worden. Doch enthielten die ursprünglichen GSM-Frequenz­zuteilungen jeweils Auflagen, die insbesondere eine Fusion mit anderen GSM-Frequenz­inhabern in Deutschland ausschließen. Das würde für eine Rückgabe sprechen. Auf der anderen Seite verfügen E-Plus und o2 auch zusammen über weniger Frequenzen im 900-MHz-Bereich, als die Telekom oder Vodafone jeweils alleine. Das spräche dafür, dem fusionieten Unternehmen diesen Bereich komplett zu belassen.

Genau anders herum sieht es bei 1800 MHz aus: Hier verfügen E-Plus und o2 zusammen über mehr als neunmal so viel Bandbreite wie Vodafone! Die genannten Unterschiede - E-Plus und o2 sind vor allem um 1800 MHz stark, Vodafone und Telekom um 900 MHz - datieren zurück zu den Zeiten, in denen Telekom und Vodafone als "D"-Netze und die beiden späteren Konkurrenten als "E"-Netze gestartet waren.

Das Ungleichgewicht aus den Anfangszeiten des digitalen Mobilfunks könnte man nun ausgleichen, indem man dem fusionierten Unternehmen die Bänder um 900 MHz belässt, und zugleich von ihm verlangt, im Bereich um 1800 MHz die von einem der beiden Fusionspartner (also o2 oder E-Plus) kostenlos erhaltenen Bänder zurückzugeben, und letzteres Frequenzpaket dann neu an Vodafone und Deutsche Telekom zuteilt. Nach dieser Ausgleichs­maßnahme hätte E-Plus/o2 im 900-MHz-Bereich immer noch 2,4 MHz (gepaart) weniger Bandbreite als jeder der beiden Konkurrenten, dafür aber im 1800-MHz-Bereich 3,8 MHz mehr an kostenlos zugeteilter Bandbreite, auch wieder im Vergleich mit jedem der beiden Konkurrenten.

Da 900er Frequenzen mehr wert sind als 1800er, sollten alle beteiligten Mobilfunk­unternehmen mit dieser Lösung einverstanden sein: o2/E-Plus darf wertvolle Bänder bei 900 MHz trotz gegenteiliger Zuteilungsregeln komplett behalten. Vodafone und Telekom bekommen zusätzliche Frequenzbänder um 1800 MHz und behalten dank mehr Bandbreite im 900-MHz-Bereich einen kleinen Wettbewerbs­vorteil vor o2/E-Plus. Nicht zufrieden wären mit dieser Lösung der Finanzminister (er bekommt kein Geld für die Auktion von zurückgegebenen Bändern) und die EU-Kommission, die gerne Frequenzen für einen Neueinsteiger reserviert hätte.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, warum es bei den UMTS-Frequenzen ebenfalls zu Streit kommen kann, und warum die Konkurrenz sogar gegen eine Rückgabe von Frequenzen im LTE-Bereich ist.

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