VATM: Ehrenkodex für Glasfaser-Haustürverkäufer
Eine Arbeitsgruppe aus Telekommunikations-Providern erarbeitet auf Initiative des VATM unter Begleitung des unabhängigen Selbstregulierung Informationswirtschaft e.V. (SRIW) einen Verhaltenskodex für den Door-to-Door-Vertrieb.
Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft, der flächendeckende Glasfaserausbau soll bis 2030 verwirklicht werden. Die Telekommunikationsbranche ist sich einig, dass die Digitalisierung Deutschlands nur funktionieren kann, wenn Bürgerinnen und Bürger bereit sind, auf die neue Glasfaser-Technologie umzusteigen.
Die Branche sieht dabei den Haustürvertrieb als "zentrales Instrument" um Verbraucher zu informieren. Ohne den Haustürvertrieb könne mit den Hauseigentümern "kaum kommuniziert" werden, um zu argumentieren, dass die Glasfaser in naher Zukunft auch in ihrer Straße ausgebaut wird. Radio, Fernsehen oder Printmedien (z.B. Tageszeitungen) können diese wichtigen Informationen gerade nicht zielgruppengenau in die Haushalte transportieren.
Keine Info, keine Chance?
Wenn ein Glasfaserverkäufer an der Tür klingelt, haben viele Kunden ein ungutes Gefühl. Kann ein Ehrenkodex da weiterhelfen?
Foto: Image licensed by Ingram Image, Logo: VATM, Montage: teltarif.de
Wenn es aber nicht gelinge, Hauseigentümer rechtzeitig zu erreichen und dadurch die Vorvermarktungsquote gering ausfalle, drohe die Gefahr, dass der Ausbau vor Ort entweder gar nicht erfolge oder aber einige Eigentümer viel zu spät davon erfahren. Ein zeitlich verzögerter oder ein möglicherweise späterer "individueller" Anschluss an das Glasfasernetz ist aufwendig und geht zu Lasten der Betroffenen, weil es dann teurer ist als ein Anschluss, der gemeinsam mit allen anderen Häusern in einer Straße erfolgt.
Abschlüsse an der Haustüre?
Mehr als 75 Prozent der Vertragsabschlüsse im Glasfaserbereich würden unmittelbar über den Erst-Kontakt zu den Haushalten abgeschlossen. Die Erfahrungen zeigten, dass viele Bürgerinnen und Bürger einen hohen Informations- und Beratungsbedarf haben, wenn sie sich für einen Glasfaseranschluss entscheiden. Die zahlreichen und sehr detaillierten Fragen ließen sich verlässlich und sinnvoll nur direkt vor Ort klären.
VATM lobt seine Mitglieder
Die Mitgliedsunternehmen des VATM stünden für einen "fairen und transparenten" Haustürvertrieb. Selbstregulierung sei ein hervorragendes Instrument, hier zu verlässlichen Rahmenbedingungen zu kommen und die wenigen Schwarzen Schafe davon abzuhalten, mit falschen Angaben, statt objektiver Aufklärung die Kunden vom Sinn der Glasfasertechnologie zu überzeugen.
Der SRIW unterstütze die Provider bei einem Verhaltenskodex, der einen fairen Umgang an der Haustür festlegte und gewährleiste "unabhängige und erprobte" Kontrollmechanismen. Unter anderem soll es zeitlich befristete einheitliche Ausweise geben, anhand derer nachvollzogen werden könnte, wer da vor der Haustür stand. Verkäuferschulungsprozesse seien ein weiterer Baustein. Es sollen die Verbraucher über Verkaufsabsichten, eine nachvollziehbare Beratung auf "Basis einer Befragung zum Nutzungsverhalten" und das allgemeine "Gebot zur Rücksichtnahme als Basis des fairen Kundengespräches" enthalten. Einfache Widerrufsmöglichkeiten und Ansprechpartner für Verbraucherbeschwerden sollen auch dazu gehören.
Alle Unternehmen, die mitmachen, sollen in einem öffentlich einsehbaren Register zu finden sein. Mit dabei sind aktuell die BBV Deutschland, Deutsche Telekom, Deutsche GigaNetz, Goetel GmbH, LEONET, Tele Columbus/PŸUR und Vodafone. Weitere interessierte Unternehmen könnten sich beim Branchenverband VATM informieren.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
An der Haustür stoßen viele Interessen aufeinander: Die Unternehmen, die sich entschlossen haben, Glasfaser auszubauen, brauchen möglichst schnell ganz viele Verträge, damit sich der millionenteure Ausbau auch rechnet. Die "Verkäufer" an der Haustür bekommen eine Provision pro abgeschlossenem Vertrag. Also haben sie in erster Linie das Interesse, möglichst viele Unterschriften zu bekommen. Technische Fragen können sie nur begrenzt beantworten, weil ihnen dazu oft der technische Hintergrund fehlt.
Die Kunden wissen gar oft nicht, welche Vorteile (oder Nachteile?) eine Glasfaser hat oder ob sie diese heute oder in Zukunft brauchen. Sie sehen eher die einmaligen oder monatlichen Kosten, die auf sie zukommen und fürchten ewige Baustellen, Lärm, Dreck oder unbekannte Firmen, die mittendrin "verschwinden" oder "nicht erreichbar sind", die Liste der möglichen Bedenken ist lang.
Um fair zu bleiben: Viele Eigentümer wohnen gar nicht in ihren Gebäuden, beispielsweise in Großstädten. Sie können nur per klassischer Briefpost oder vielleicht noch per Telefon oder E-Mail erreicht werden.
Vielleicht sollten mehr fachkundige Mitarbeiter des eigentlichen Netzbetreibers rausgeschickt werden, die unabhängig vom Verkaufsdruck ehrlicher beraten können und auch gar kein Problem damit haben, wenn der Kunde "nein" sagt. Vielleicht müssen mehr Infoveranstaltungen auf neutralem Boden (Stadtteile, Gemeindezentren etc.) stattfinden, wo den Kunden gezeigt wird, wie Glasfaser funktioniert und welchen Sinn das macht. Und die Branche muss sich besser untereinander verständigen, um sinnlosen Doppelausbau zu vermeiden.
Wie man eine komplette Insel zu 100 Prozent von der Glasfaser überzeugt hat, zeigte sich auf der bayrischen Fraueninsel im Chiemsee.