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Nokia: Keine Pressekonferenz zur Jahresbilanz

Werkschließung in Bochum wird teuer, Vorbereitung für Großdemonstrationen
Von ddp / dpa / Marie-Anne Winter

Dem finnischen Handyhersteller Nokia droht im Falle einer Schließung des Bochumer Standorts möglicherweise die teuerste Werksstilllegung in der Geschichte Deutschlands. Wie die in Essen erscheinende "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" (WAZ) unter Berufung auf unternehmensnahe Kreise mitteilte, dürften sich die Kosten für die Schließung des Werks auf mehrere Hundert Millionen Euro summieren.

Hauptposten wäre demnach ein Sozialplan, der beispielsweise Abfindungen und die Gründung von Beschäftigungsgesellschaften regelt. Nokia müsste auch selbst dafür tief in die Tasche greifen, da das Unternehmen nicht insolvent ist, sondern glänzende Gewinne macht, heißt es in dem Blatt weiter.

NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) kritisierte derweil erneut das Vorgehen des Handykonzerns. Es sei "ein Skandal", wie das Unternehmen mit seinen Mitarbeitern umgehe. "Ich bin nicht bereit, das so hinzunehmen", erklärte die Ministerin.

Derzeit werde über die NRW.Bank geprüft, ob Nokia gegen die Förderrichtlinien verstoßen und möglicherweise weniger Mitarbeiter als zugesagt beschäftigt hatte, unterstrich die Ministerin. Nokia hatte insgesamt Subventionen in Höhe von rund 88 Millionen Euro erhalten. Das Land behält sich vor, knapp die Hälfte davon zurückzufordern.

Großdemonstrationen gegen Stilllegung geplant

In Bochum laufen derweil die Vorbereitungen auf die große Demonstration zum Erhalt des Nokia-Werks. Wie ein Sprecher der IG Metall mitteilte, werden nach derzeitigem Stand rund 20 000 Menschen zu der Kundgebung erwartet. So planen unter anderem die Mitarbeiter des Opel-Werkes, die Bänder ab 11.00 Uhr still stehen zu lassen und sich an den Protesten zu beteiligen. Zudem will unter anderem Linke-Parteichef Oskar Lafontaine die Veranstaltung unterstützen. Als Vertreter der Landesregierung hat Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sein Kommen zugesagt.

Die Demonstration besteht aus zwei Zügen. Der erste startet um 11.55 Uhr vom Nokia-Werk aus, der zweite Zug marschiert ab 12.30 Uhr vom Gewerbepark Riemke aus. Zum Abschluss gibt es eine große Kundgebung auf dem Riemker Markt, wo unter anderem Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und der 1. Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber, sprechen werden. Die Polizei rechnet nach Angaben eines Sprechers mit massiven Verkehrsbehinderungen in dem Bereich.

Prominente Unterstützer

Unterdessen ebbt die Welle der Solidaritätsbekundungen für die Nokia-Belegschaft nicht ab. So hätten auf der von der NRW-SPD geschalteten Internetseite nrwspd.de/nonokia schon über 12 000 Menschen aus ganz Deutschland gegen die geplante Schließung des Nokia-Werkes protestiert, teilte der NRW-Generalsekretär Michael Groschek mit. Zu den prominentesten Unterstützern gehörten der Generalmusikdirektor der Bochumer Symphoniker, Steven Sloane, und die Schauspielerin und Schriftstellerin Renan Demirkan, hieß es.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel monierte derweil die Boykottaufrufe von Politikern gegen Nokia. Er forderte stattdessen eine Überprüfung der bisherigen Subventionspolitik, wie sie auch EU-Kommissar Günter Verheugen befürwortet hatte. "Boykottaufrufe bringen überhaupt nichts, sondern zeigen die Ohnmacht der politischen Handelnden", sagte Niebel.

Nokia hatte am Dienstag vergangener Woche mitgeteilt, seine Handyproduktion in Deutschland einzustellen und den Standort Bochum bis Mitte 2008 zu schließen. Rund 2 300 Beschäftigte sind betroffen, zudem sind bis zu 2 000 Stellen bei Zulieferern und Leiharbeitern in Gefahr

Keine Pressekonferenz zur Jahresbilanz

Außerdem heißt es, dass Nokia bei der Veröffentlichung der Jahresbilanz am Donnerstag nicht die in den letzten Jahren stets übliche Pressekonferenz abhalten wird. Aus der Konzernzentrale in Helsinki wurden Berichte skandinavischer Medien zurückgewiesen, wonach dies eine Reaktion auf die massive Kritik an der bevorstehenden Schließung des Bochumer Nokia-Werkes sei. Es habe niemals Pläne für eine Pressekonferenz geben - deshalb sei auch nichts abgesagt worden.

Weiter hieß es, Konzernchef Olli-Pekka Kallasvuo werde "ganz normal" Fragen bei einer Konferenz-Telefonschaltung beantworten, die sich an den Bedürfnissen der Finanzkommunikation orientierten. Journalisten können zuhören. In mehreren Medienberichten hatte es geheißen, Nokia befürchte einen Ansturm deutscher Journalisten mit kritischen Fragen zur Werksschließung in Bochum.

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