Kommentar

Editorial: Das Vodafone-Versprechen allein reicht nicht

Eines der wichtigsten Ereignisse auf dem deutschen Mobilfunkmarkt
Von Björn Brodersen

Die jüngste Pressekonferenz des Mobilfunkbetreibers Vodafone, in der das Düsseldorfer Unternehmen unter dem Motto "Es ist deine Zeit" seine neue Markenstrategie vorgestellt hat, war vielleicht eines der wichtigsten Ereignisse auf dem deutschen Mobilfunkmarkt seit langer Zeit. Vodafone hat es nämlich geschafft, eine breite Diskussion über die Produkte für und Wünsche von Mobilfunkkunden anzustoßen. In zahlreichen Blogs und Foren im Internet streiten Internet-Nutzer nicht nur hitzig über den neuen Werbeauftritt des nach Kundenzahl zweitgrößten deutschen Mobilfunkanbieters. Sie äußern auch ihre Ansichten darüber, wie dessen künftige Tarife und Dienste aussehen müssten, wenn Vodafone den eigenen Worten Taten folgen lassen will.

Ob Vodafone die Folgen dieser Veranstaltung vorhergesehen oder gar beabsichtigt hat oder ihnen jetzt einfach nur ausgesetzt sein wird, ist unerheblich. Fest steht: Der Schuss kann auch nach hinten losgehen. Die Maßnahme, die - von Vodafone "Generation Upload" bezeichneten - Web-2.0-Nutzer unter den Internet- und Handy-Kunden vor den Karren zu spannen, schadet dem Mobilfunker unter Umständen mehr als sie ihm nützt. Nämlich dann, wenn die durch die formulierten Versprechen geweckten Erwartungen der Nutzer enttäuscht werden und die Kunden dies dem Mobilfunkbetreiber offen zeigen.

Man mag sich an Aussagen und Auftreten der Vodafone-Mitarbeiter am vergangenen Mittwoch hochziehen. Ob sich aber die Tarifwelt im Mobilfunkbereich künftig im Sinne der Verbraucher verändern wird, hängt auch sehr stark davon ab, wie sich die Kunden künftig verhalten. Die Kunden, die sich zurzeit im Internet über Marketing-Sprech und das unbeholfene Auftreten der Vodafone-Vertreter während der Präsentation der neuen Werbekampagne auslassen, stehen ebenso in der Verantwortung wie der Anbieter. Sie müssen ihrer Kritik entsprechende Entscheidungen bei Anbieter- und Tarifwahl folgen lassen.

Viele verbraucherfeindliche Tarifbestimmungen

So sieht ein zufriedener Vodafone-Kunde aus
Foto: Vodafone
Das Dilemma der Kunden dabei ist jedoch, dass die Tarife und Dienstleistungen der Mobilfunkanbieter in vielen Bereichen keine nennenswerten Unterschiede aufweisen und die T-Mobiles und Vodafones auch bislang wenig Lust verspüren, ihre Pfründe freiwillig oder zumindest ohne regulatorische Maßnahmen aufzugeben. Einen unbegrenzt nutzbaren Internetzugang via HSDPA gibt es beispielsweise weder bei Vodafone noch bei T-Mobile oder o2. Die Datenübertragung im Mobilfunknetz von E-Plus dümpelt noch in reinen UMTS-Gefilden. Intensivnutzer müssen sogar immer noch befürchten, dass ihnen ihr Anbieter den Vertrag einseitig kündigt.

Weitere Beispiele: Roaming-Telefonate im Ausland sind immer noch bei allen vier Netzbetreibern teuer, trotz erster Eingriffe der EU-Kommission - außerhalb des Regulierungsgebiets wurde im vergangenen Jahr die Handy-Nutzung teilweise sogar noch teurer als zuvor. SMS im Inland sind dagegen bei den Netzbetreibern inzwischen teurer als beim Versand aus einem anderen EU-Land. Auch die neuerdings um sich greifende exklusive Vermarktung von Handy-Modellen mit teilweise speziellen Tarifmodellen und langen Mindestvertragslaufzeiten bietet wenig Flexibilität für den Verbraucher.

Die Fußnoten und AGB der Anbieter zu ihren Mobilfunkverträgen sind teilweise seitenlang und beinhalten Einschränkungen wie das Verbot von VoIP-Telefonaten oder Instant Messaging per Handy in ihren Netzen. Branding-Handys mit angepasster Software-Ausstattung oder mobile Internetzugänge über Proxys bringen weitere Einschränkungen mit sich. Und Daten-Roaming im Ausland ist immer noch eine kostspielige Angelegenheit.

Vodafone-eigenes Chat-Programm nur gegen Aufpreis

Konkret auf den Fall Vodafone bezogen lässt das Beispiel mobiles Instant Messaging daran zweifeln, dass der Mobilfunkbetreiber von den bisherigen Tarifmodellen ablassen möchte. Während viele Handy-Besitzer das immer beliebter werdende Instant Messaging mit einem frei wählbaren Client nutzen möchten, sperrt Vodafone Fremdprogramme aus und lässt nur ein eigenes, mit 4,95 Euro pro Monat kostenpflichtiges Chat-Programm in seinem Netz zu (wir berichteten).

Auf der folgenden Seite geben wir unseren Lesern ein Versprechen.

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