Glasfaserausbau

Glasfaser: Neuer Kodex für seriöse Haustürgeschäfte

Der Verkauf von Glas­faser­anschlüssen an der Haustür ist die wohl wich­tigste Säule für Netz­betreiber zur Finan­zie­rung ihrer Projekte. Haus­tür­geschäfte haben jedoch einen zwie­lich­tigen Ruf. Gegen die Schwarzen Schafe soll nun ein Bran­chen­kodex helfen, der die Unter­nehmen in die Pflicht nimmt.
Von Marc Hankmann

Behaup­tungen wie „Wenn Sie jetzt nicht unter­schreiben, haben Sie demnächst kein Internet mehr“ oder „Die sind pleite, die bauen sowieso nicht aus“ werden von TK-Unter­nehmen gerne als Beispiele ange­führt, mit denen ihre Bemü­hungen, über den Haustür-Vertrieb neue Kunden zu gewinnen, torpe­diert werden. Die Beschul­digten spre­chen von Einzel­fällen, geloben Besse­rung oder zeigen mit dem Finger auf die beauf­tragten Vertriebs­unter­nehmen. Das hat den Verband der Anbieter für Tele­kom­muni­kations- und Mehr­wert­dienste (VATM) dazu gebracht, einen Bran­chen­kodex für Haus­tür­geschäfte zu initi­ieren, der neben einigen Verbands­mit­glie­dern wie der Deut­schen Glas­faser, der Deut­schen GigaNetz oder Voda­fone auch von der Deut­schen Telekom mitent­wickelt und nun vorge­stellt wurde. Damit will man, wie VATM-Geschäfts­führer Jürgen Grützner erklärte, gegen „Geschichten, die nicht stimmen“ vorgehen.

Nicht immer spielen Vertriebsmitarbeiter an der Haustür mit offenen Karten. Um die schwarzen Schafe auszusieben, haben Unternehmen, darunter auch die Deutsche Telekom, einen Kodex für Haustürgeschäfte entwickelt. Nicht immer spielen Vertriebsmitarbeiter an der Haustür mit offenen Karten. Um die schwarzen Schafe auszusieben, haben Unternehmen, darunter auch die Deutsche Telekom, einen Kodex für Haustürgeschäfte entwickelt.
Foto: Ranger Marketing
Der Haus­tür­kodex ist online einsehbar, ebenso wie die zerti­fizierten Unter­nehmen. Er nimmt erst­mals die TK-Unter­nehmen in die Pflicht, die ihre Verant­wor­tung für Fehler und deren Besei­tigung im D2D-Vertrieb nicht mehr ohne Weiteres auf externe Dienst­leister abschieben können. Denn wer sich zum Kodex bekennt, unter­liegt einer jähr­lichen Prüfung durch eine Über­wachungs­stelle, die die im Kodex fest­gelegte Quali­täts­merk­male über­prüft. Dazu zählt auch, dass TK-Unter­nehmen ein effek­tives Beschwer­dema­nage­ment führen und Compli­ance-Prozesse einrichten müssen, die letzt­end­lich Falsch­behaup­tungen, aufdring­liches Verhalten an der Haustür oder unter Druck erzeugte Vertrags­abschlüsse verhin­dern sollen.

Unab­hän­gige Über­wachungs­stelle und Sach­ver­stän­digenrat

Der Hebel der Über­wachungs­stelle liegt in der jähr­lich statt­fin­denden Über­prü­fung. Findet die Stelle Aspekte, die verbes­sert werden müssen, kann die Über­prü­fung umfäng­licher ausfallen, was den Unter­nehmen mehr Zeit und Geld kostet. Sollten die TK-Unter­nehmen den Forde­rungen der Über­wachungs­stelle auf Nach­bes­serung nicht nach­kommen oder der Meinung sein, diese Forde­rungen wären unrecht­mäßig, kommt ein unab­hän­giger Sach­ver­stän­digenrat zum Tragen, der über die Recht­mäßig­keit der Entschei­dung der Über­wachungs­stelle entscheidet. Findet sich ein TK-Unter­nehmen auch mit der Entschei­dung des Rats nicht ab, kann dies zum Entzug der Zerti­fizie­rung für den Haus­tür­kodex bedeuten.

Der neue Haustürkodex Mareike Petersen (oben links) und Karoline Claaßen vom SWIR stellten gemeinsam mit VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner und Caroline Winter den Haustürkodex vor.
Screenshot: Marc Hankmann
Die Über­wachungs­stelle wird von Scope Europe Moni­toring betrieben, ein von der EU zerti­fiziertes Unter­nehmen, das sich auf die Einhal­tung solcher Kodizes und Verhal­tens­regeln spezia­lisiert hat. „Die Mitar­beiter von Scope Europe Moni­toring hatten weder etwas mit der Entwick­lung des Haus­tür­kodex zu tun noch standen sie mit den Unter­nehmen im Austausch“, erklärt Karo­line Claaßen, Legal Project Lead & Modern Regu­lation Expert beim Selbst­regu­lie­rung Infor­mati­ons­wirt­schaft e. V. (SRIW), der bei der Entwick­lung des Haus­tür­kodex mitge­holfen hat und ihn verwaltet. Der Sach­ver­stän­digenrat besteht aus vier Experten, von denen je zwei von der Über­wachungs­stelle und dem SWIR vorge­schlagen werden.

Acht Unter­nehmen streben Zerti­fizie­rung an

Mit dem Start­schuss für den Verhal­tens­kodex wollen acht Unter­nehmen ihre Unter­lagen zur Zerti­fizie­rung bei der Über­wachungs­stelle einrei­chen: Neben den an der Entwick­lung des Kodex betei­ligten Unter­nehmen Voda­fone, Deut­sche Glas­faser, Deut­sche GigaNetz und Telekom sind es Leonet, EWE, Goetel und Tele Columbus mit der Marke PŸUR. Bis Januar 2024 haben sie für die Bereit­stel­lung der Unter­lagen Zeit.

An diesem Logo sind die Vertriebler zu erkennen, die für ein nach dem Haustürkodex zertifizierten Unternehmen unterwegs sind. An diesem Logo sind die Vertriebler zu erkennen, die für ein nach dem Haustürkodex zertifizierten Unternehmen unterwegs sind.
Grafik: VATM
„Ich gehe fest davon aus, dass es auch andere Unter­nehmen geben wird, die hier noch mit dazu­kommen“, sagt VATM-Geschäfts­führer Grützner. Er ist sich zudem sicher, dass die Bürger­meister in den Kommunen eher die Unter­nehmen unter­stützen werden, die sich dem Haus­tür­kodex verschreiben. Sie könnten dann etwa von schnel­leren Geneh­migungen profi­tieren, um letzt­end­lich ihre Vermark­tungs­quote im Vorfeld des Netz­baus zu errei­chen. Deshalb will der VATM auch die Kommunen über den neuen Haus­tür­kodex infor­mieren.

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