Glasfaser: Telekom setzt verstärkt auf regionale Partner
Zum Telekom Glasfaser-Partner-Tag hatte das Unternehmen am Dienstag nach Berlin in seine Hauptstadtsrepräsentanz in der französischen Straße geladen. Anwesend waren Vertreter von Stadtwerken, der kommunalen Politik und von Partnerunternehmen. Aktuell gibt es bereits mehr als 20 Kooperationen mit Stadtwerken oder lokalen (Energie-) Versorgern, die ein Viertel der Ausbauleistung durch Kooperationen unterstreichen.
Wettbewerber "fremdeln"
Die Wettbewerber der Telekom "fremdeln" mit den Glasfaser-Plänen der Telekom nach wie vor. So war beispielsweise Norbert Westfal nicht als Vorsitzender des Branchenverbandes BREKO anwesend, sondern als Chef der EWE TEL, die mit der Telekom ein erfolgreiches 50:50-Joint-Venture mit Namen Glasfaser-Nordwest betreibt, das nach langem Zögern der Kartellbehörde den Segen zum Ausbau des Nordwestens des Landes mit Glasfaser erhielt.
Theo Weirich: Thema von hinten denken
Theo Weirich baute in Norderstedt früh Glasfaser aus und gründete und leitete dort wilhelm.tel
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Theo Weirich, langjähriger Chef der Stadtwerke Norderstedt und der Telefon-Tochter wilhelm.tel setzte früh auf Glasfaser. Beim Thema "Deutsche Telekom" hatte er sich vom Saulus zum Paulus gewandelt und interessante Kooperationen mit der Telekom eingefädelt, seinerzeit als CEO der wilhelm.tel und auch als Vorsitzender des Bundesverbandes Glasfaser (Buglas).
"Wir müssen das Thema von hinten denken", appellierte Weirich an die Branche. "Was wird in sieben Jahren?" Für ihn verhindern Partnerschaften gesetzlich Missstände. Es sei Aufgabe der Stadtwerke, die fragmentierte Welt zusammen zufügen, "Telekom und Stadtwerke haben eine gemeinsame DNA!"
Kooperation beruht auf Vertrauen
Kooperation bedeutet gegenseitiges Kennenlernen und Vertrauen. Viele kleine Unternehmen trauen dem Werben der Telekom nicht so recht und viele erhoffen sich von "Open Access" oder "Kooperation" mehr als möglich ist. Die Telekom betonte immer wieder, dass es ihr um eine Win-Win-Situation "auf Augenhöhe" ankommt. Private Wettbewerber möchten gerne Bitstream-Access auf eigener beleuchteter Glasfaser verkaufen, was die Telekom nicht immer so gut findet, denn schließlich geht es auch um die Abläufe und die Qualität und den Service.
Um eine flächendeckende Versorgung zu erreichen, setzt die Telekom verstärkt auf Kooperationen und erhöht den Anteil am Glasfaser-Ausbau weiter. In diesem Jahr, so sieht es der Masterplan vor, soll bereits jeder vierte Anschluss über Kooperationen kommen und in den nächsten Jahren weiter steigen.
Mit der Veranstaltung wollte die Telekom unterstreichen, wie groß die Bedeutung von Kooperationen beim Glasfaser-Ausbau mittlerweile ist. „Schon heute können fast sechs Millionen Haushalte einen Glasfaseranschluss von uns bekommen. Dieses Jahr möchten wir bis zu drei Millionen Glasfaseranschlüsse bauen. Und wir liegen bei unserem Ausbau voll im Plan. Kooperationen sind dabei zentral und Teil unseres Selbstverständnisses“, erklärt Telekom Deutschland Vorstand Srini Gopalan, der seine Rede "in deutsch und "denglisch" hielt.
Kooperationen: Strategische Säule im Glasfaserausbau
Telekom Deutschland Chef Srini Gopalan (links) und Klaus Müller (Leiter Glasfaser)
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Gopalan erläuterte die Strategie, welche auf drei Säulen basieren soll: Eigenausbau, geförderter Ausbau und Ausbau in Kooperationen. Kooperationen sind für ihn ein wichtiger Teil der Ausbaustrategie. Mehr als 20 geschlossene Partnerschaften aus allen Teilen Deutschlands, beispielsweise in Münster, Bochum, Coburg, der Gigabit Region Stuttgart, in Garbsen (bei Hannover) oder jüngst im oberbayrischen Weilheim sollen das verdeutlichen.
Gemeinsam mit ihren Partnern ermögliche die Telekom heute über 650.000 Gebäuden einen Glasfaseranschluss, betont Gopalan. Dadurch seien mehr als 1,7 Millionen vermarktbare Haushalte entstanden. Allein seit Beginn dieses Jahres wurden vier neue Partnerschaften mit regionalen Versorgern geschlossen worden.
Glasfaser Ruhr: Vertrag unterzeichnet
Feierliche Unterschrift: v.l. Thilo Höllen, Leiter Breitbandkooperationen, Srini Gopalan, Vorstand Telekom Deutschland mit Patrick Helmes und Christian Graumann, Gf. Glasfaser Ruhr
Marc-Steffen Unger / Deutsche Telekom
Die Gelegenheit ist günstig und so wurde in Berlin die Kooperation mit der Glasfaser Ruhr in Bochum "auf die nächste Stufe" gehoben. Deutschland-Chef Srini Gopalan und Patrick Helmes, Geschäftsführer Glasfaser Ruhr, unterschrieben live einen Vertrag über den gegenseitigen Einkauf von Netzdienstleistungen, der sowohl für bestehende als auch zukünftige Glasfaseranschlüsse in Bochum gelten wird. Der frisch unterzeichnete Vertrag ermöglicht es der Telekom, eigene Produkte im Eigenausbau-Gebiet der Glasfaser Ruhr zu vermarkten.
13.000 Menschen bauen Glasfaser
„Dieses Jahr stemmen wir bereits ein Viertel unserer Ausbauleistungen durch Kooperationen“, betont Klaus Müller, Leiter Glasfaser bei der Telekom. Auch im Eigenausbau schaltet die Telekom weiter hoch: „In unserer Fiber Factory arbeiten 13.000 Menschen. Wir werden dieses Glasfaser Team verstärken. Wir haben Ende des Vorjahres gesagt, dass wir 1000 zusätzliche Glasfaserexpertinnen und -experten einstellen mit Fokus auf den Bereich Montage. Über 850 sind schon jetzt an Bord. Zudem investieren wir in eigene Maschinen und Bagger als Ergänzung zum Einkauf am Drittmarkt“, so Müller weiter.
„Das große Interesse an unserem Partnertag zeigt, wie wichtig Kooperationen für unsere Branche sind. Davon profitieren alle Beteiligten. Die regionalen Versorger lasten ihre Netze besser aus, wir erhöhen unsere Reichweite. Vor allem aber profitieren unsere Kundinnen und Kunden. Sie stehen bei unseren Ausbauüberlegungen immer im Mittelpunkt“, betont Thilo Höllen, Leiter Breitbandkooperationen der Telekom.
Kooperativer Angang bei der Telekom
Klares Signal: Die Telekom setzt auf Partner beim Glasfaserausbau.
Marc-Steffen Unger / Deutsche Telekom
Beispiele für mögliche Kooperationen sind die sogenannten Fiber-Plattformen. Hierbei kooperiert die Telekom mit lokalen Versorgern und Unternehmen. Diese bauen das passive Netz auf (verlegen Leerrohre und füllen sie mit unbeleuchteter Glasfaser), die Telekom betreibt es dann aktiv.
In sogenannten Public-Private-Partnerships kooperiert die Telekom mit einem ganzen Regionalverbund. Ein Beispiel ist die Gigabit Region Stuttgart mit 179 Städten und Gemeinden der Fall. Hier baut die Telekom selber aus und kooperiert außerdem mit den örtlichen Stadtwerken, die teilweise schon eigene Netze in Betrieb haben. Durch diese Kooperation haben alle beteiligten Kommunen einen Partner für eine flächendeckende Versorgung.
Joint Ventures erfolgreich
Eine andere Kooperationsform sind sogenannte "Joint Ventures", also gemeinsame Unternehmen. Den Nordwesten Deutschlands erschließt die gemeinsam mit der EWE gegründete "Glasfaser Nordwest" mit "dem Netz der Zukunft".
Ein anderes Unternehmen ist die mit einem australischen Investor gegründete "GlasfaserPlus", die überwiegend in ländlichen Gebieten ausbaut. Glasfaser-Plus stellt das gebaute Netz dann der Telekom, aber auch Mitbewerbern wie 1&1 oder Vodafone oder Telefónica/o2 gegen vertraglich festgelegte Konditionen zur Verfügung. Sowohl beim Eigenausbau als auch bei allen Kooperationen folgt die Telekom dem Open-Access-Ansatz. Darunter versteht sie den diskriminierungsfreien Zugang zum Netz.
Nationale Netzpartner wie Vodafone, Telefónica und 1&1, aber auch regionale Partner wie NetCologne und etwa 30 weitere Carrier, können von Beginn an das Netz unter ihrer eigenen Marke vermarkten. Das sei in der Branche einzigartig betont die Telekom.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Glasfaser Pionier Theo Weirich hat es richtig erkannt: "Wenn zwei Elefanten sich streiten, leidet das Gras." Die 899 Stadtwerke in Deutschland sind für ihn die Hüter der Infrastruktur. Sie wissen am ehesten, wo Leitungen wirklich liegen, haben mit Strom, Gas, Wasser oder Abwasser einen Überblick und können beim Verlegen Synergien nutzen. Von daher war und ist es folgerichtig, dass Telekom und Stadtwerke an einem Strang ziehen.
Der gefürchtete Überbau wird sich nie ganz vermeiden lassen, denn "lokale Monopole" eines konkurrierenden Anbieters will die Telekom nicht und sie schließt nur dort Verträge mit ihren Mitbewerbern ab, wo sie auch etwas davon hat, der Fachbegriff lautet "Win-Win". Das mag manchem kleineren lokalen Anbieter nicht gefallen und manche Investoren haben bereits erkannt, dass es eine gewisse Größe braucht, um im Markt zu überleben.
Für die kommunale Politik, so erklärt es Markus Bauer, der Landrat des Salzlandkreises (Sachsen-Anhalt), treffend, ist die Telekommunikationsinfrastruktur ein Teil der Daseinsvorsorge. Eine Ecke weiter im Bördekreis, durfte eine Schule von der Telekom nicht angeschlossen werden, weil der Bördekreis auf eine "eigene Lösung" mit einem Wettbewerber setzt.
Was jetzt noch fehlt, sind zuverlässige Informationen für den Bürger da draußen, der wissen möchte, wann sein Ort, seine Straße, sein Haus endlich mit Glasfaser ausgebaut wird und was für das verlangte Geld am Ende geboten wird. Den privaten Konkurrenten sollte eigentlich klar sein, dass es ohne die Telekom nur schwer funktionieren kann und wird. Deswegen wird es ohne vorurteilsfreie Kooperationen nicht gehen.
Übrigens: Wo Partnerschaften bestehen, betonen alle Teilnehmer der Veranstaltung, gibt es keinen Überbau.
Wie Glasfaser funktioniert, erklären wir Ihnen in einem weiteren Artikel.