Vorwurf

Vodafone-Chef: Überbau zerstört Kalkulation der Anbieter

In einem Inter­view mit der Süddeut­schen Zeitung hat sich Voda­fone-Chef Rogge über seinen Haupt­kon­kur­renten Telekom beklagt. VATM und BREKO stimmen ihm zu.
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Der frisch­geba­ckene CEO von Voda­fone Deutsch­land hat der Süddeut­schen Zeitung ein Inter­view gegeben.

Rogge: Kritik an der Telekom

Darin kriti­sierte Rogge offen die Deut­sche Telekom und ihren tatsäch­lichen oder vermu­teten "Überbau" und erhielt sofort von inter­essierter Seite Schüt­zen­hilfe.

Viele Gemeinden könnten nicht verstehen, so formu­lierte es Rogge laut der Zeitung, dass die Telekom gerade dort die Erde aufreiße, wo andere gerade Kabel verlegt hätten. Wört­lich: "Das ist volks­wirt­schaft­lich Unsinn, nennt sich Überbau und zerstört die wirt­schaft­liche Kalku­lation vieler kleiner Anbieter."

Vodafone CEO Philippe Rogge wirft der Telekom überflüssigen Überbau vor. Vodafone CEO Philippe Rogge wirft der Telekom überflüssigen Überbau vor.
Foto: Picture Alliance/dpa
Dann legte Rogge nach: Die Telekom würde anderen Anbie­tern nur einen teuren Zugang zu Leer­rohren gewähren und ihre Konkur­renten somit zu "sinn­losen Bagge­reien" zwingen. Rogge wisse, dass der Bonner Netz­betreiber mit den Leer­rohren über ein "digi­tales Auto­bahn­netz" verfüge.

VATM: Rogge hat recht

VATM-Verbands­geschäfts­führer Jürgen Grützner brachte es auf die kurze Formel: „Rogge hat recht! Die Telekom erschwert nicht nur den Zugang zu den oft noch zu Mono­pol­zeiten verlegten Leer­rohren, sie gibt auch nur wider­willig Auskunft über ihre Infra­struktur, selbst wenn diese im Zuge des Glas­faser­aus­baus staat­lich geför­dert wurde."

Diese Fragen würden, so Grützner, derzeit in mehreren Verfahren vor der BNetzA über­prüft. Die Telekom werfe "an vielen Stellen gleich­zeitig Sand ins Getriebe" des auf Seiten der Wett­bewerber "auf Hoch­touren laufenden Glas­faser­aus­baus". Der stra­tegi­sche Überbau sei dabei nach wie vor ein wesent­liches Element. Die Bundes­regie­rung sei der Über­zeu­gung, dass die BNetzA diesen recht­lich in den Griff bekommen könne.

BREKO: „Müssen uns vor aggres­siven Über­bau­stra­tegien schützen“

„Im Gegen­satz zu den meisten anderen EU-Mitglied­staaten gibt es in Deutsch­land keine flächen­deckende Verfüg­bar­keit von Leer­rohren. Unsere Mitglieds­unter­nehmen haben in den letzten Jahren stark in die Glas­faser­infra­struktur inves­tiert und damit 65 Prozent der heute in Deutsch­land bestehenden Glas­faser­netze aufge­baut. Heute wie morgen müssen künf­tige Inves­titionen vor den aggres­siven Über­bau­stra­tegien der Second Mover geschützt werden. Sie zielen einzig darauf ab, die Inves­titionen unserer Mitglieder als Tritt­brett­fahrer zu nutzen", sagte BREKO-Geschäfts­führer Dr. Stephan Albers dazu.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Voda­fone-Chef Rogge scheint verstanden zu haben, dass Voda­fone viele Baustellen hat. Mit der Telekom Krach anzu­fangen, wird ihm aber nicht helfen, denn Voda­fone ist auf die Telekom ange­wiesen und hat ja auch schon ein Rahmen­abkommen zur Nutzung der Telekom-Glas­faser für die eigenen Kunden.

Das eigene Koax­kabel-TV-Kabel-Netz (oft noch aus Bundes­post­zeiten) muss früher oder später komplett gegen Glas­faser ausge­tauscht werden. Sicher, die HFC-Kabel-Fans betonen, dass ein sauber aufge­bautes DOCSIS 3.1-Kabel­netz gut funk­tio­niere und schwärmen von DOCSIS 4.0 der nächsten Stufe, auch die wird richtig viel Geld kosten. Auch der Austausch der Koax­kabel gegen Glas­fiber bis in die Wohnungen der Kunden wird für Voda­fone richtig teuer.

Mit dem Wegfall des Neben­kos­ten­pri­vilegs ist aber damit zu rechnen, dass eine entschei­dend große Anzahl an bishe­rigen Kunden die Flucht vor Voda­fone ergreift. Das fängt von schlam­pigen Instal­lationen und den damit verbunden Störungen an, geht über hilf­lose bis arglis­tige Hotlines an, die den Kunden weniger deren Probleme lösen konnten oder wollten und statt­dessen Optionen und Verträge gebucht haben, die der Kunde so oder über­haupt nicht wollte.

Nicht genug: Auch im Mobil­funk gibt es auch noch gewal­tige teure Baustellen, spätes­tens in der Provinz, wo Bürger und die Politik auf "Flächen­deckung" pochen.

Das alles wird Geld kosten, was die briti­sche Mutter selbst bitter nötig hat. Viel­leicht werden die eher scherz­haft gemeinten Gerüchte am Ende doch noch Realität, und aus D2 wird künftig dann 1&1? Rech­nerisch würde die Formel ja dann schon mal stimmen.

Am Freitag wird das vierte Mobil­funk­netz von 1&1 starten. Ab Sommer 2024 wird dann im Netz von Voda­fone gefunkt.