Monitoring

Glasfaser-Überbau: BNetzA und Ministerium protokollieren

Bundes­netz­agentur und Digi­tal­minis­terium haben eine "Moni­toring­stelle" gegen "Überbau" beim Glas­faser­ausbau einge­richtet. Die Branche fordert drako­nische Maßnahmen - gegen die Telekom.
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Die Bundes­netz­agentur und das Bundes­minis­terium für Digi­tales und Verkehr (BMDV) haben heute eine "Moni­toring­stelle" zur Erfas­sung von doppelten Glas­faser­aus­bau­vor­haben einge­richtet.

Zentrale Maßnahme

Das sei eine zentrale Maßnahme der Giga­bit­stra­tegie der Bundes­regie­rung, die der Staats­sekretär Stefan Schnorr wie folgt erklärt: „Der Glas­faser­ausbau hat eine heraus­ragende Bedeu­tung und erfolgt ganz über­wie­gend privat­wirt­schaft­lich, auf Grund­lage unter­neh­meri­scher Entschei­dungen und im Wett­bewerb der Unter­nehmen. Wichtig dabei ist, dass der Ausbau fair und wett­bewerbs­kon­form erfolgt. Um das sicher­zustellen, führen wir – wie in der Giga­bit­stra­tegie der Bundes­regie­rung ange­kün­digt – gemeinsam mit der Bundes­netz­agentur eine umfas­sende Bestands­auf­nahme durch. Dabei wird die neu geschaf­fene Moni­toring­stelle eine zentrale Rolle einnehmen.“

Bundesdigitalminister Wissing und die Netzagentur haben eine Meldestelle Überbau eingerichtet. Bundesdigitalminister Wissing und die Netzagentur haben eine Meldestelle Überbau eingerichtet.
Foto: Picture Alliance/dpa
Klaus Müller, Präsi­dent der Bundes­netz­agentur, pflichtet ihm bei: „Landauf, landab konkur­rieren Unter­nehmen um die Versor­gung der Kunden. Das ist zunächst eine sehr gute Nach­richt. Im Sinne der Verbrau­cher sorgt die Bundes­netz­agentur für einen chan­cen­glei­chen Wett­bewerb [...] auch und gerade beim Thema Doppel­ausbau. Mit der Moni­toring­stelle erfassen wir eine solide Basis zur Prüfung, ob von einzelnen Unter­nehmen gege­benen­falls wett­bewerbs­behin­dernde, miss­bräuch­liche oder unlau­tere Methoden zum Einsatz kommen.“

Wie soll das funk­tio­nieren?

Unter­nehmen konkur­rieren zuneh­mend um die Versor­gung derselben Gebiete. Dieser Wett­bewerb kann für eine Beschleu­nigung des Ausbaus sorgen, aber auch dazu führen, dass einzelne Unter­nehmen ihre Ausbau­pla­nungen "anpassen" (zu deutsch: Sie lassen es einfach komplett oder in bestimmten Gebieten sein), wenn ein Konkur­rent einen Ausbau in demselben Gebiet "anstrebt" (meist reicht da schon eine vage Ankün­digung). Das könnte "mögli­cher­weise wett­bewerbs­widrig" sein, weil es die Konkur­renten abschreckt und so Inves­titionen in den Glas­faser­ausbau beein­träch­tigt.

Fundierte Bewer­tung des Wett­bewerbs­gesche­hens ange­strebt

Ziel des Moni­torings sei es, möglichst präzise Einblicke in die Planungs- und Ausbau­pro­zesse vor Ort zu erhalten. Auf dieser Grund­lage werde "in einem nächsten Schritt" eine fundierte Bewer­tung des Wett­bewerbs­gesche­hens, einschließ­lich etwa­iger Beein­träch­tigungen, ange­strebt. Die Anfor­derungen an die Begrün­dung staat­licher Eingriffe in den markt­wirt­schaft­lich orga­nisierten Glas­faser­ausbau seien aus gutem Grund hoch. Deshalb sei das nun ange­sto­ßene Moni­toring entschei­dend, um zügig eine versach­lichte Diskus­sion über mögliche Schluss­fol­gerungen führen zu können. Soll heißen: Wir schauen mal, ob das wirk­lich so schlimm ist.

Online-Erhe­bung geplant

Die Moni­toring­stelle richtet sich insbe­son­dere an zwei Ziel­gruppen: Zum einen an ausbau­ende Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen, zum anderen an kommu­nale Gebiets­kör­per­schaften und ihre Behörden bezie­hungs­weise Entschei­dungs­träger. Darüber hinaus können sich auch Akteure melden, die in einem anderen Zusam­men­hang mit dem Thema Berüh­rung haben (viel­leicht auch betrof­fene Endkunden). Dafür steht unter www.bundesnetzagentur.de/doppel­ausbau-moni­toring ein "struk­turierter Erhe­bungs­bogen" zur Verfü­gung. Der Frage­bogen ist online ausfüllbar, man sollte aber die Neben­bedin­gungen und Voraus­set­zungen vorher genau lesen und viel Zeit und alle notwen­digen Infor­mationen griff bereit haben, wenn es Rück­fragen gibt.

Verbände begrüßen die Maßnahme

Die Bran­chen­ver­bände ANGA, BREKO, BUGLAS, VATM und VKU begrüßten die Ankün­digung als "einen ersten drin­gend notwen­digen Schritt".

Schon jetzt leide die starke Dynamik des Glas­faser­aus­baus der in den Verbänden orga­nisierten Unter­nehmen unter dem tatsäch­lichen (oder vermeint­lichen) oder ange­kün­digten stra­tegi­schen Über- bezie­hungs­weise Doppel­ausbau durch die Telekom und ihrer Toch­ter­gesell­schaft Glas­faser Plus.

Die Verbände nennen "weit mehr als 100 konkrete Fälle in ganz Deutsch­land", die ebenso wie die Rück­mel­dungen zahl­rei­cher Kommu­nal­ver­treter zeigten, dass drin­gender Hand­lungs­bedarf bestehe.

Aber die Einrich­tung der Melde­stelle könne nur der erste Schritt sein, stra­tegisch moti­vierter Über- bezie­hungs­weise Doppel­ausbau müsse gestoppt werden. Sonst ließen sich die Ziele der Giga­bit­stra­tegie der Bundes­regie­rung, 50 Prozent aller Haus­halte bis 2025 mit Glas­faser­anschlüssen zu versorgen und den flächen­deckenden Glas­faser­ausbau bis 2030 abzu­schließen, nicht mehr errei­chen.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Wer sich ein wenig im Markt umschaut, wird schnell verstehen, dass überall, wo die Telekom nicht ausbaut, die Kunden mehr oder weniger "frei­willig" zum Mitbe­werber wech­seln, manche mit einem unguten Gefühl, weil sie den neuen Anbieter nicht kennen. Macht der Mitbe­werber seine Sache gut, sind diese Kunden für die Telekom auf Dauer verloren. Viele Menschen wech­seln ihren TK-Anbieter schließ­lich nicht so oft, wie ihre Unter­hemden.

Also wird die Deut­sche Telekom alles daran setzen, dass ihr nicht zu viele treue Kunden verloren gehen, und genau dort auch bauen (oder es ankün­digen), wo die neue Konkur­renz schon aktiv ist oder es bereits verkündet hat oder darüber nach­denkt.

Die privaten Inves­toren müssen also ihre "Busi­ness Cases" so ausrechnen, dass sie auch bei paral­lelem Auftreten der Telekom oder anderer Mitbe­werber noch auf ihre Zahlen kommen. Die neuen Anbieter müssen einfach "besser" als die Telekom und ihre Partner sein und ihre Kunden davon über­zeugen, sonst können sie es - hart formu­liert - gleich ganz sein lassen. Punkten können neue Anbieter mit vorbild­lichem Kunden­ser­vice, der auf die Fragen und Nöte der Kunden eingeht, anste­hende Fragen und Probleme wirk­lich löst und dem Kunden ein gutes Gefühl gibt. Das ist gar nicht selbst­ver­ständ­lich.

Wenn ein Ort schon lange auf den Ausbau wartet und ein privater Investor, der dort gerne bauen möchte, dann aus "Angst" vor der plötz­lich auftau­chenden Telekom den Ausbau absagt und die Telekom nur den lukra­tiven Bereich ausbauen will, sind die Bürger vor Ort verständ­licher­weise sauer. Dabei hätte der Investor genau damit rechnen müssen. Und die Bürger­meister sollten sich schon vorab über mögliche Förder­richt­linien infor­miert haben, um wenig Zeit zu verlieren.

Die Fehl­kon­struk­tion am ganzen Verfahren ist wohl, dass die Politik unbe­dingt einen maximal eigen­wirt­schaft­lichen Ausbau haben will. Nur Infra­struktur ist nun mal in der Summe niemals wirt­schaft­lich aufzu­bauen und viel­leicht auch nicht so zu betreiben. Das gilt für Strom, Gas, Wasser, Straßen und vieles andere schon lange. Eine voraus­schau­ende flächen­deckende Planung und eine Ausschrei­bung aller Gebiete mit knall­harten Ausbau- und Open-Access-Verpflich­tungen war der Politik wohl zu aufwendig oder roch zu sehr nach Plan­wirt­schaft. Bei Auto­bahnen macht man es so - offenbar mit Erfolg.

Die Telekom hat seit Jahres­beginn den Internet-Zugang für rund eine Million Haus­halte beschleu­nigt. Doch auto­matisch kommt die höhere Band­breite auch nach dem Ausbau nicht.

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