Breitbandausbau

Leserfall: Zufriedener Nutzer bekommt kein Unitymedia mehr

Ein zufriedener Unitymedia-Kunde baut ein neues Haus und möchte dort weiter Internet per TV-Kabel nutzen. Doch es wird ihm mit wenig glaubhaften Begründungen verwehrt - was war geschehen?
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Ein zufriedener Unitymedia-Nutzer trauert seinem Provider, von dem er stets gut mit Internet versorgt wurde, nach. Aber muss der Bau eines neuen Hauses im Neubaugebiet eines Dorfes wirklich zwingend das Ende einer glücklichen Kundenbeziehung bedeuten?

Der Breitbandausbau in eher ländlich geprägten Regionen treibt manchmal seltsame Blüten - oft werden pauschal die Netzbetreiber und ihre wirtschaftliche Ausrichtung dafür verantwortlich gemacht, wenn Interessenten lange auf die Ankunft von Breitband-Internet in ihrem Dorf warten müssen. Doch diese pauschale Verurteilung greift zu kurz, wie unser aktueller Fall zeigt.

Der Ausgangspunkt: Neubau eines Hauses in der schwäbischen Provinz

Unitymedia: Kein Anschluss eines Neubaugebiets Unitymedia: Kein Anschluss eines Neubaugebiets
Bild: pixabay, Unitymedia / Screenshot / Montage: teltarif.de
Unser Leser ist seit einiger Zeit zufriedener Kunde bei KabelBW, nach dem Zusammenschluss mit Unitymedia und einer Übergangszeit, in der beide Unternehmensbezeichnungen mit Bindestrich geführt wurden, hat sich der fusionierte Konzern dazu entschlossen, den Namen Unitymedia als gemeinsamen Unternehmensnamen zu führen.

Momentan wohnt der Leser am Ortsrand einer Gemeinde mit rund 11 000 Einwohnern im Landkreis Ludwigsburg in Baden-Württemberg und wird dort in einer Mietwohnung mit Internet per TV-Kabel von Unitymedia versorgt. Doch lange wird der Kunde nicht mehr an diesem Ort wohnen, denn er baut ein Haus in einer rund 30 Kilometer entfernten Gemeinde mit 7000 Einwohnern, die ebenfalls im Landkreis Ludwigsburg liegt.

Selbst wenn die neue Gemeinde bei einem flüchtigen Blick auf die Landkarte den Eindruck erweckt, mitten in der Provinz zwischen Heilbronn und Stuttgart zu liegen: Der Landkreis Ludwigsburg gehört zum Einzugsbereich von Stuttgart und es ist nicht unüblich, dass Arbeitnehmer, die in der Landeshauptstadt arbeiten, Fahrzeiten von 60 Minuten und mehr in Kauf nehmen, um ländliches Leben mit der Arbeit in einer Metropole zu verbinden.

Insbesondere Angestellte aus der Management-Ebene von Daimler oder anderen im Großraum Stuttgart angesiedelten Konzernen nutzen die von den Arbeitgebern zum Teil angebotene Möglichkeit, stunden- oder tageweise von zuhause zu arbeiten. Ein Breitband-Internetzugang zuhause ist also für viele Einwohner der Region kein Luxus, sondern Pflicht.

Ort wird versorgt - aber warum das Neubaugebiet nicht?

Da der Kunde am alten Ort mit den Leistungen seines Kabel-Internet-Providers sehr zufrieden war, plante er, im neuen Haus ebenfalls wieder die Dienste von Unitymedia zu nutzen. Seitens Unitymedia wurde dies dem Kunden bei einer kurzen telefonischen Anfrage auch nahegelegt: Man habe extra für Bauherren eine eigene Fachabteilung, an die der Kunde seine Anfrage richten solle. Der Kunde schickte Unitymedia daraufhin einen Lageplan seines Grundstücks, auf dem der vorbereitete Versorgungsschacht eingezeichnet und auf dem die Stelle für eine mögliche Hausdurchführung markiert war. Ein Neubaugebiet erhält trotz Nähe zum Unitymedia-Netz keine Breitbandversorgung über TV-Kabel. Ein Neubaugebiet erhält trotz Nähe zum Unitymedia-Netz keine Breitbandversorgung über TV-Kabel.
Screenshot: teltarif.de
Gleichzeitig gab der Kunde die Adresse seines gerade im Bau befindlichen neuen Hauses bei der Verfügbarkeitsabfrage von Unitymedia ein. Die Online-Auskunft musste ihm aber mitteilen, dass der Standort seines neuen Hauses nicht mit TV-Kabel von Unitymedia versorgt wird.

Als nächstes schaute der Kunde nach, ob der neue Ort grundsätzlich mit Unitymedia-Kabel versorgt ist und ob dieses dort auch für den Internet-Zugang genutzt werden kann. Da sein neues Haus in einem komplett neu erschlossenen Baugebiet liegt, schaute er sich den Ort auf Google Maps an und merkte sich die Adresse des letzten bewohnten Hauses vor dem neu erschlossenen Baugebiet. Und siehe da: Für dieses Haus gab die Verfügbarkeitsabfrage an, dass dort Unitymedia-Kabel und Internet verfügbar ist.

Da dieses letzte Haus des alten Ortskerns nur 150 Meter Luftlinie vom Bauplatz des neuen Hauses unseres Lesers entfernt liegt, wandte sich der Kunde verwundert an Unitymedia und schilderte den Sachverhalt. Seinem Schreiben fügte er auch einen Screenshot von Google Maps bei, auf dem das letzte alte Haus, das Neubaugebiet und der kurze Abstand gut zu sehen sind.

Missverständliche Antwort von Unitymedia

Unitymedia befasste sich mit dem Fall und schrieb dem Kunden als Antwort (der Schriftverkehr liegt teltarif.de vor):

Sehr geehrte Damen und Herren, wir bedanken uns für Ihr Interesse an unserem Multimediakabelanschluss. Zur Anbindung oben genannter Adresse an unser Verteilernetz wären leider umfangreiche Baumaßnahmen notwendig (Ort ist nicht versorgt), die unter anderem eine Kostenbeteiligung Ihrerseits im Rahmen eines sechsstelligen Betrages nötig machen würde. Die eingehende Prüfung der Ausbaumöglichkeiten hat ergeben, dass wir unter Berücksichtigung aller technischen und betriebswirtschaftlichen Aspekte und auch mit Blick auf die Wartungskosten für unser Unternehmen, an genannter Adresse keinen Kabelanschluss zur Verfügung stellen können. Wir bedauern, Ihnen keine positivere Mitteilung machen zu können.

Über diese Antwort war der Kunde zu Recht verwundert und hatte den Eindruck, dass man sein Anliegen nicht richtig verstanden habe. Er hatte ja schließlich klar gemacht, dass der Ort bereits versorgt wird, was die Verfügbarkeitsabfrage unzweifelbar bestätigte. Doch was war das Problem im Neubaugebiet, das ja direkt an das bereits versorgte Gebiet angrenzt? Noch am selben Tag schrieb er erneut an Unitymedia und fügte einen Screenshot vom Ergebnis der Verfügbarkeitsabfrage bei, aus dem ersichtlich ist, dass das letzte Haus des alten Ortes mit Internet und einem Downstream von maximal 200 MBit/s versorgt wird. Einige Tage später meldete sich Unitymedia erneut bei dem Kunden - mit folgendem Schreiben:

Gern sind wir Ihrem Wunsch auf Prüfung der mitgeteilten Installationsentgelte nachgekommen. Mit Bedauern müssen wir Ihnen erneut mitteilen, dass Ihr Neubaugebiet durch uns nicht angeschlossen wurde und daher die mitgeteilten Installationsentgelte korrekt sind. Die Installation eines Hausanschlusses an Ihrem Wohnhaus wäre mit einer Kostenbeteiligung von über 500 000 Euro verbunden. Wir bitten um Ihr Verständnis, dass bei den gegebenen Voraussetzungen keine Installation des Hausanschlusses erfolgen kann.

Nach diesem Schreiben wunderte sich der Leser noch mehr: Wie konnte die Versorgung eines Neubaugebiets so teuer sein, dass pro Grundstück Kosten von einer halben Million Euro anfallen, wo doch der Ort bereits versorgt ist? Der Kunde stellte sich die berechtigte Frage, weshalb Unitymedia kein Interesse am Ausbau einer Breitbandversorgung in einem Neubaugebiet mit Einfamilienhäusern hat, obwohl die am Rand des Neubaugebiets befindlichen Mehrfamilienhäuser jedoch sehr wohl versorgt werden. Konnte es sein, dass die Versorgung von Einfamilienhäusern für Unitymedia wirtschaftlich unrentabel ist? Aus Sicht des Kunden hätte man dies ja offen kommunizieren können anstatt Halbwahrheiten wie "der Ort ist nicht versorgt" zu verbreiten.

Schließlich wandte sich der Leser an teltarif.de und bat um Unterstützung.

Überraschung: Wirtschaftliche Aspekte sind nicht der Grund

Nachdem teltarif.de die Sache mit allen vom Leser angegebenen Daten an die Pressestelle von Unitymedia gesendet hatte, dauerte es einige Tage, bis der Vorfall aufgeklärt werden konnte. Unitymedia schrieb an teltarif.de:

Die Anfrage von Herrn [Name des Kunden] haben wir nun bereits zweimal geprüft und mit dem Kommentar beantwortet, dass die betreffende Anschrift von uns nicht versorgt wird und eventuelle Anbindungskosten höher als 500 000 Euro ausfallen würden. Der Grund dafür ist simpel: Unitymedia hat der Kommune [Name des Ortes] ein Angebot zur Verkabelung des betreffenden Neubaugebietes unterbreitet. Dieses wurde von der Kommune abgelehnt. Somit wurden keine Kabel verlegt. Inzwischen ist das Neubaugebiet fertig. Die Straßen sind neu angelegt und eine nachträgliche Verkabelung dadurch nur sehr teuer und wirtschaftlich für Unitymedia nicht darzustellen.

Zwischenzeitlich hatte der Leser herausgefunden, dass sein Neubaugebiet durch die Deutsche Telekom mit Breitband-Internet versorgt wird. Letztendlich ist die Misere also auf die Kurzsichtigkeit der ortsansässigen Lokalpolitiker zurückzuführen, denen offenbar ein Breitbandanbieter im Neubaugebiet "reicht". Für die Anwohner ist dies zwar besser als gar kein Breitband-Internet, im Sinne eines offenen Wettbewerbs wäre eine gleichzeitige Entscheidung für Unitymedia aber empfehlenswert gewesen, weil TV-Kabel-gebundene Endkundentarife bei höherem Downstream meist günstiger sind als VDSL der Telekom.

teltarif.de hat dem Unitymedia-Kunden empfohlen, sich mit der Ortsverwaltung seines neuen Wohnortes in Verbindung zu setzen und nachzufragen, wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist, welche Zusagen die Telekom für den Ausbau des Neubaugebiets gemacht hat und welche Gründe zu einer Ablehnung des Unitymedia-Angebots geführt haben.

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