Fortschritte

Tausende Maßnahmen: Vodafone will Festnetz verbessern

Durch Umbauten und Erwei­terungen will Voda­fone längere Glas­faser­stre­cken und klei­nere Segmente in sein Bestands­koax­kabel­netz bringen.
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Mehr Stabi­lität, höhere Durch­schnitts­geschwin­dig­keiten und damit ein attrak­tiveres Preis-Leis­tungs­ver­hältnis verspricht Voda­fone seinen Kunden in seinem "Kabel-Glas­faser"-Netz. So bezeichnet das Unter­nehmen das im Endef­fekt von der "Bundes­post geerbte" ehema­lige Koax­kabel-Netz. Das wurde zur Regie­rungs­zeit des ehema­ligen Bundes­kanz­lers Dr. Helmut Kohl einst gebaut, um mehr private TV-Programme in die Häuser und Wohnungen zu bekommen.

Nach der TK-Libe­rali­sie­rung wurde die dama­lige Deut­sche-Bundes­post-Telekom gezwungen, ihre Kabel­netze zu verkaufen. Nach einigen Zwischen­sta­tionen über Unity­media, Kabel-BW oder Kabel­deutsch­land landete ein Groß­teil dieser Netze schließ­lich bei Voda­fone.

Mit Docsis die Kabel­netze inter­net­fähig machen

Vodafone rüstet sein Koaxkabelnetz auf: mehr Glasfaser zu den Verteilerpunkten, mehr Verteilerpunkte näher am Kunden Vodafone rüstet sein Koaxkabelnetz auf: mehr Glasfaser zu den Verteilerpunkten, mehr Verteilerpunkte näher am Kunden
Grafik: Vodafone Deutschland
Mit dem DOCSIS-Proto­koll wurde das Koax­kabel tech­nisch aufge­wertet, um auch Tele­fonie und Inter­net­zugang über das Kabel zu den Kunden zu bringen. Denn: Für ständig stei­gende Daten­mengen in beiden Rich­tungen war das TV-Verteil­netz ursprüng­lich gar nicht gedacht. Die Kabel­netz­betreiber mussten und müssen also einiges nach- und umrüsten.

Alleine dieses Jahr sollen 3000 "Maßnahmen" das Kabel­netz noch besser machen, teilt Voda­fone mit. Ein Teil der Leitungs­stre­cken, die einst alle mit Koax­kabeln aufge­baut wurden, wurde durch die robus­tere und leis­tungs­fähi­gere Glas­faser ersetzt. Soge­nannte "Segmente" sind Vertei­ler­bereiche, worin die Signale dann zum Endkunden weiter­ver­teilt werden. Indem man mehr Segmente ins Netz einbaut, werden pro Segment deut­lich weniger Kunden als bisher ange­schlossen. Das Ergebnis sind höhere Band­breiten und mehr Zuver­läs­sig­keit.

Jedes Segment wird jetzt über Glas­faser versorgt. Die Glas­faser rückt also näher an die Nutzer heran. Das ist wichtig in Stoß­zeiten, wenn viele Menschen gleich­zeitig streamen, online spielen und surfen. Hier klagten manche Nutzer oft über merk­liche Einbrüche, etwa abends zur Haupt-Fernseh-Zeit, wenn Down­loads hängen bleiben oder die Bilder ruckeln.

Klei­nere Segmente und UKW entfernt bringen besseren Upload

Mit der Segmen­tie­rung und dem "Raus­wurf" der UKW-Radio-Frequenzen aus dem Kabel wurden die bei Kabel-Anschlüssen prin­zip­bedingt oft nied­rigen Upload-Geschwin­dig­keiten an vielen Orten erhöht.

Mit all diesen Maßnahmen, so teilt Voda­fone mit, soll die Zuver­läs­sig­keit und Durch­schnitts­geschwin­dig­keit bei 1,4 Millionen Haus­anschlüssen deut­lich gestei­gert werden. Dieses Jahr sollen eine weitere Million Anschlüsse davon profi­tieren.

Neue GigaZuhause Kabel-Tarife

Vor etwa zwei Monaten hatte Voda­fone die Vermark­tung seines neuen Kabel-Glas­faser­ange­botes gestartet und setzt dabei wie die gesamte Branche auf Konver­genz, also Tele­fonie, Internet und TV "zu attrak­tiven Preisen".

Stolz auf Test­sieg bei Connect

Beim aktu­ellen Markt­ver­gleich 'Komplett­check Fest­netz­anbieter 2024' des TK-Fach­maga­zins connect konnte sich Voda­fone in den Kate­gorien Tarif, Netz und Service daraufhin gegen­über dem Vorjahr teil­weise verbes­sern. Die Connect lobte vor allen Dingen das Preis-Leis­tungs-Verhältnis. Wo bei der klas­sischen VDSL-Technik über Kupfer-Doppela­dern, beispiels­weise von der Telekom bei ca. 250 MBit/s im Down­load aktuell "Schluss" ist, erlaubt die Koax­kabel-Tech­nologie über das Proto­koll DOCSIS 3.1 Geschwin­dig­keiten im Bereich bis etwa 1 GBit/s. Je nach Ausbau­stand vor Ort werden Anschlüsse mit dieser Technik von Voda­fone oder Resel­lern für knapp 50 Euro im Monat und auch deut­lich darunter ange­boten. Im Vergleich sind die sonst gängigen Ange­bote mit bis zu 250 MBit/s deut­lich lang­samer und zugleich teurer.

Das Lob für das Voda­fone-Angebot hat aber Schat­ten­seiten: Wo es keine Koax­kabel-Netze gibt, ist es mehr als unwahr­schein­lich, dass diese nach­träg­lich noch neu aufge­baut werden. Voda­fone ist im Rahmen seines OXG-Joint-Ventures dabei, echte Glas­faser in die Häuser zu verlegen. Doch das ist teuer und aufwändig und braucht viel Zeit.

Wo das alles nicht möglich ist, vertreibt Voda­fone z.B. von der Telekom gemie­tete ADSL oder VDSL-Vorleis­tungs-Produkte. Der Kunde wird dabei weiter komplett von Voda­fone betreut. Im Störungs­fall muss sich der Kunde direkt bei Voda­fone melden, die dessen Störungs­mel­dung an die Telekom weiter­leiten müssen, was in Einzel­fällen zu Verzö­gerungen oder Miss­ver­ständ­nissen führen kann.

Nächster Schritt: DOCSIS 4.0?

Tech­nolo­gisch wird in der Kabel-Szene bereits über den DOCSIS 4.0 Stan­dard disku­tiert, der theo­retisch bis zu 10 Gbit/s im Down­load bringen könnte. Dazu müssten aber die Anschlüsse und die notwen­dige Voda­fone-Technik zum Kunden teuer aufge­rüstet werden. In vielen Fällen könnte es daher güns­tiger sein, die Koax­kabel-Technik komplett durch Glas­faser zu ersetzen, wie es die meisten anderen TK-Anbieter heute schon tun. Offi­ziell hält sich Voda­fone daher zum Thema DOCSIS 4.0 sehr bedeckt.

Problem­fall: InHouse-Instal­lation - Wer zahlt, wer ist zuständig?

Eine weitere Hürde könnten die teil­weise in die Jahre gekom­menen Haus­instal­lationen mit Koax­kabeln sein. Vermieter möchten eine Neuver­kabe­lung ungern selbst bezahlen. Internet-Anbieter schre­cken eben­falls davor zurück, weil sie nicht wissen, ob sie diese Inves­titionen jemals wieder "rein­holen" können. Oft ist auch unge­klärt, wem die Leitungen im Haus eigent­lich gehören und wer dafür verant­wort­lich ist.

Viele Mieter, Vermieter oder Eigen­heim­besitzer schre­cken außerdem vor dem Durch­ein­ander während der Umbau­phase von Koax- oder Kupfer­lei­tung auf Glas­faser mit Staub und Dreck durch das Neuver­legen von Leitungen und das Aufgraben von Vorgärten oder Gehsteigen und Innen­höfen zurück. Auf nur selten statt­fin­denden Eigen­tümer­ver­samm­lungen müssen entspre­chende Mehr­heiten orga­nisiert werden.

Problem­fall: Provi­sions­basierter Vertrieb

In der Vergan­gen­heit scheint es auch öfters vorge­kommen zu sein, dass über­eif­rige Haus­tür­ver­käufer oder sogar beauf­tragte Tech­niker den tech­nisch oder tarif­lich ahnungs­losen Kunden neu über­dimen­sio­nierte Internet-TV-Verträge unter­geschoben haben, nur weil sie dafür eine Provi­sion erhalten. Kunden die zu einem anderen Anbieter wech­seln wollten, wurden von Vermie­tern oder Haus­ver­wal­tern mit faden­schei­nigen Argu­menten ausge­bremst.

Etablierte Koax­kabel Kunden berichten, dass die Netze dann gut funk­tio­nieren, wenn die Haus­instal­lation regel­mäßig gepflegt und gewartet wird und auf dem neuesten Stand ist.

In einer Über­sicht lüften wir die Geheim­nisse des TV-Kabels.

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