Zweischneidig

Vodafone: Mehr Tempo für bestimmte Internet-Kunden

Zur Messe Anga Com kündigt Voda­fone eine kosten­lose Erhö­hung der Inter­net­geschwin­dig­keit bei rund vier Millionen Kabel-Internet-Kunden an: In den nächsten zwei Jahren - und auch nicht für alle Kunden.
Von

Vodafone möchte 4 Millionen Kabel-Kunden in den nächsten 2 Jahren mehr Geschwindigkeit liefern. Vodafone möchte 4 Millionen Kabel-Kunden in den nächsten 2 Jahren mehr Geschwindigkeit liefern.
Foto: Vodafone
Der Mobil­funk und Fest­netz-Anbieter will bis 2023 die Inter­net­geschwin­dig­keit von rund vier Millionen Bestands­kunden, die über das hybride Glas­faser­kabel­netz im Internet surfen, kostenlos beschleu­nigen. Das gab Voda­fone heute auf der Anga Com, der Kongress­messe für Breit­band, Fern­sehen & Online bekannt, die dieses Jahr virtuell im Netz statt­findet.

Dauer­hafte Geschwin­dig­keits­erhö­hung

Vodafone möchte 4 Millionen Kabel-Kunden in den nächsten 2 Jahren mehr Geschwindigkeit liefern. Vodafone möchte 4 Millionen Kabel-Kunden in den nächsten 2 Jahren mehr Geschwindigkeit liefern.
Foto: Vodafone
Von der dauer­haften Geschwin­dig­keits­erhö­hung sollen Privat­kunden mit Koax­kabel-TV-Anschluss, die in einem Kabel-Deutsch­land-, KabelBW- oder Unity­media- resp. Voda­fone-Tarif, der vor 2020 gebucht wurde, profi­tieren können. Je nach gebuchtem Tarif soll die Geschwin­dig­keit steigen, verspricht das Unter­nehmen.

Bei rund 500.000 Kunden habe Voda­fone bereits in den vergan­genen Wochen die Geschwin­dig­keit aufge­dreht, teilte das Unter­nehmen weiter mit. Als nächstes stünden vor allem "ältere Tarife mit nied­rigen ein- oder zwei­stel­ligen Down­load-Geschwin­dig­keiten" im Brenn­punkt, sie sollen "nach und nach" eine Über­tra­gungs­rate von bis zu 50 MBit/s erhalten. Genaue Termine wurden nicht genannt, auch keine genaue Bezeich­nung der betrof­fenen Tarife.

Größtes Tari­fup­grade-Programm

Andreas Lauken­mann, Geschäfts­führer Privat­kunden bei Voda­fone Deutsch­land, freut sich trotzdem: „Das ist das größte Tarif-Upgrade-Programm für Bestands­kunden in der Unter­neh­mens­geschichte."

Auch bei vielen weiteren "Tempo­klassen über 50 MBit/s" will Voda­fone die Geschwin­dig­keit "aufwerten". Wer bislang beispiels­weise mit 150 oder 200 MBit/s gesurft hat, soll "inner­halb der nächsten zwei Jahre" ein Upgrade auf 250 MBit/s bekommen, wer aktuell mit 400 MBit/s im Internet unter­wegs ist, soll zukünftig 500 MBit/s bekommen.

Risiken und Neben­wir­kungen?

Die Sache hat jedoch größere und klei­nere Haken: Der größte: Wer bei Voda­fone einen Kupfer­kabel-DSL-Anschluss über (von der Telekom) gemie­tete Leitungen hat, hat davon nichts. Auch wenn Voda­fone einen nahe­gele­genen Kvz der Telekom mit höherer Geschwin­dig­keit nicht gebucht hat, sondern den Kunden weiter lang­samer aus dem Hvt (Haupt­ver­teiler) versorgt, ändert sich nichts. Es betrifft also nur Kunden mit Koax­kabel-TV-Anschluss von Voda­fone (inklu­sive der ehema­ligen Kunden von Kabel­deutsch­land, Unity­media oder KabelBW).

Der klei­nere Haken: Von dem Geschwin­dig­keits­zuwachs "nicht berück­sich­tigt werden können nach aktu­ellem Stand Kabel­bestands­kunden, die über die Discoun­ter­marke eazy im Gigabit-Netz von Voda­fone surfen". Auch einige ältere Tarife, worin TV-Produkte enthalten sind oder die an Mehr­nut­zer­ver­träge (Vermie­ter­gesell­schaften) gekop­pelt sind, werden noch nicht aufge­wertet.

Kunden sollen infor­miert werden

Sofern der Kunde zu den glück­lichen gehört, soll das Tempo-Upgrade "auto­matisch" erfolgen, die betrof­fenen Kunden würden aber von Voda­fone benach­rich­tigt, wenn das Upgrade durch­geführt wurde. Immerhin: Die Vertrags­bedin­gungen (Lauf­zeit etc.) sollen sich nicht ändern, verspricht Voda­fone und hat dazu eine Info­seite im Netz einge­richtet.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Grund­sätz­lich ist jede Netz­ver­bes­serung und Erhö­hung des mögli­chen Surf­tempos zu begrüßen. Die neblige Ankün­digung von "bestimmten Tarifen in den nächsten zwei Jahren" ist aber wenig geeignet, das stel­len­weise arg rampo­nierte Vertrauen in den Anbieter aufzu­polieren, sondern kann eher "enttäu­schend" wirken.

Ordent­lich aufge­baute, richtig einge­pegelte und regel­mäßig gewar­tete Koax-TV-Kabel-Netze können durchaus hohe Geschwin­dig­keiten bringen, wie betrof­fene Kunden glaub­haft versi­chern.

Wenn aber Haus-Instal­lationen nur lustlos oder eher nie gewartet werden, weil dem Vermieter oder dem Verant­wort­lichen der Netz­ebene 4 die Kosten zu hoch oder schlicht die Zustän­dig­keiten im Haus unge­klärt sind oder bestimmte Teile der Kabel­strecke für den Tech­niker nicht zugäng­lich sind, weil der Haus­meister und seine Schlüssel unauf­findbar oder bestimmte Mieter nie zu Hause sind oder niemand Unbe­kanntes in der Wohnung an die Leitungen mehr lassen möchten (weil vermeint­liche "Voda­fone"-Tech­niker dann auf einmal neue (teurere) Verträge verkaufen wollten), macht sich beim betrof­fenen Nutzer "Frust" breit.

Da Koax­kabel-Netze von der Uridee her nur zur Vertei­lung von Radio und TV-Signalen aufge­baut wurden, muss(te) nach­träg­lich viel verän­dert werden. Das ist nicht immer korrekt oder über­haupt erfolgt.

Die rich­tige Lösung ist, das ganze Koax­kabel von vorne bis hinten durch Glas­faser bis zum Kunden zu ersetzen. Doch das kostet erst einmal Zeit, nicht vorhan­denes Fach­per­sonal und vor allen Dingen Geld. Wer wird oder will das zahlen?

Mit dem Wegfall des Neben­kos­ten­pri­vilegs werden viele Mieter schnellst­mög­lich ihre Kabel-TV-Verträge kündigen und sich nach Alter­nativen umsehen. Geld gibts dann für die Haus­ver­wal­tungen oder Kabel-Netz-Anbieter nur noch für Umbauten auf Glas­faser - und das auch nicht ewig. Für den Mieter kann es in Zukunft güns­tiger werden, sicher ist das nicht. Es empfiehlt sich aber, genauer hinzu­schauen, welche Netze im Haus vorhanden sind, was sie bieten, was sie leisten und dann in Ruhe zu verglei­chen und sich über die mögli­chen Kündi­gungs­fristen zu infor­mieren.

Mehr zum Thema Anga Com