Vodafone setzt auf DOCSIS und Glasfaser
Vodafone hatte diese Woche zu den „eleVation Digital Days“ eingeladen. An drei Tagen stellte der Vodafone-Bereich "Geschäftskunden" aktuelle Themen wie New Work, Digital Society und Tech-Trends in den Mittelpunkt, zeitgemäß virtuell und digital im Netz. Bemerkenswert war ein Vortrag von Guido Weissbrich, dem "Netz-Chef" von Vodafone. Er skizzierte die Zukunft des Vodafone "Gigabit-Netzes".
Weissbrich betonte, dass heute schon der größte Teil des Weges, auf dem die Internet-Daten mit "Gigabit-Tempo" durch das Vodafone-Netz reisen, aus Glasfaserstrecken besteht. Künftig soll dieser Glasfaseranteil vor allem in der Nähe des Kunden weiter ansteigen, um das Netz noch leistungsfähiger und verlässlicher zu machen. Dazu will Vodafone schon im Sommer damit beginnen, in mehreren Pilotstädten bestehende Kupfer-Koax-Technik durch Glasfasertechnologie zu ersetzen. Dazu sollen beispielsweise Verstärkerpunkte mittels neuer Glasfaserstrecken neu erschlossen und in Glasfaser-Knoten umgewandelt werden. Dabei rückt die Glasfaser in den Ausbaugebieten "so nah wie noch nie" an die Haushalte heran, die schon Zugang zu Vodafones "Gigabit-Netz" haben.
Mehr Glasfaser im bestehenden Gigabit-Netz
Vodafone will weite Teile seines Koaxkabel-Netzes mit Glasfaser ausbauen und stabiler und zuverlässiger machen.
Grafik: Vodafone Deutschland
Die Grundlage für die hohe Geschwindigkeit des Gigabit-Netzes von Vodafone ist ein Glasfasernetz, das in die Stadt hineinführt und an Glasfaserknoten endet. Diese Knoten sind in der Regel mehrere hundert Meter von Wohnungen und Häusern entfernt und wandeln das optische Signal für den koaxialen Netzabschnitt in elektrische Impulse um, ähnlich wie es auch bei Vectoring-DSL (FTTC) funktioniert. Der Unterschied zu DSL ist: Die Kupfer-Kabel zum Kunden sind abgeschirmte Koaxialkabel, was sie schneller und unempfindlicher gegen Störungen machen soll. Aber auch die Kapazität der Kupfer-Koaxkabel ist begrenzt.
Zauberformel "Fiber Deep"
Weissbrich: „Dort setzen wir an und stärken durch ‚GigaGlasfaser‘ unsere bestehende Gigabit-Infrastruktur mittels einer ‚Fiber Deep‘-Architektur bedarfsgerecht an den richtigen Stellen.“
Durch diesen Ansatz sollen die koaxialen Netzabschnitte so klein wie möglich gehalten werden. Zugleich sinkt die Anzahl der Haushalte, die über jeweils einen Glasfaserknoten versorgt werden. Das war nämlich bisher die Engstelle. Wenn zu viele Kunden an einem Knoten hingen, ging die Bandbreite in die Knie, statt Gigabit gab es zur TV- oder Home-Office-Rush-Hour nur wenige Megabit und Gigafrust.
Das Ergebnis des Umbaus: Die Bandbreitenreserve für alle Kunden steigt. Dies ist vor allem in Stoßzeiten von Vorteil, wenn gleichzeitig gestreamt, online gespielt, viel videotelefoniert und im Home-Office gearbeitet wird. Denn in allen Breitbandnetzen teilen sich in einem Netzabschnitt die angeschlossenen Kunden die maximal verfügbare Bandbreite – das gilt für Glasfaseranschlüssen bis ins Haus wie auch alle anderen Infrastrukturen.
Vodafone setzt auf DOCSIS 3.1 und sieht 4.0 als Zukunft
Auf den letzten Metern zum Kunden setzt Vodafone weiter auf die bewährte Koax-Technologie DOCSIS (Data Over Cable Service Interface Specification, ITU J.112). Guido Weissbrich hält viel von dieser Technik: „Diese ist ebenso leistungsstark wie eine direkte Glasfaserverbindung ins Haus und bietet ausreichend Spielraum für Temposprünge – sowohl im Download als auch im Upload.“
Mit dem aktuellen Standard DOCSIS 3.1 sind, abhängig von der Netzausbaustufe, Geschwindigkeiten bis zu 5 GBit/s (Downstream) und 1 GBit/s (Upstream) möglich. Die nächste Generation DOCSIS 4.0 soll perspektivisch Geschwindigkeiten von bis zu 10 GBit/s bei Downloads und 6 GBit/s bei Uploads ermöglichen und wird mitunter als "10G" bezeichnet, was nichts mit einer um das Jahr 2070 zu erwartenden "nächsten" Mobilfunk-Generation zu tun hat.
Dass DOCSIS ein Erfolg werden könnte, sieht Weissbrich in der Verdichtung des Glasfaser-Netzes durch den ‚Fiber Deep‘-Ansatz und blickt gespannt auf die Erfahrungen, die sich aus den kommenden Pilotprojekten ergeben.
Dresden und Sömmerda: Glasfaserausbau auch bis ins Haus
Aktuell geht bei Vodafone auch der Glasfaser-Ausbau direkt bis ins Haus weiter. Diese Woche wurde der Startschuss in Dresden gegeben: Vodafone wird dort in den kommenden zwei Jahren ein Glasfaser-Netz für rund 6.000 Haushalte und Unternehmen bauen. Die Hälfte der Haushalte gilt dort als unterversorgt – für den Ausbau dieser Adressen stellen Bund, Freistaat Sachsen und Landeshauptstadt über 21 Millionen Euro Fördermittel bereit.
Weitere 3.000 Haushalte und Unternehmen wird Vodafone eigenwirtschaftlich (also ohne Förderung) ausbauen. Dafür wird Glasfaser auf einer Strecke von 210 Kilometern verlegt. Die Bauarbeiten haben begonnen und sollen "voraussichtlich" schon Anfang 2023 abgeschlossen sein.
Glasfaser bis ins Haus erhalten in den kommenden zwei Jahren auch etwa 2.000 Haushalte und Unternehmen in Sömmerda-West (Tunzenhausen, Weißenburg, Wenigensömmern, Rohrborn) und Sömmerda-Ost (Beichlingen, Kleinneuhausen, Vogelsberg, Sprötau, Schloßvippach, Eckstedt). Der Startschuss ist durch die Vertragsunterzeichnung am Dienstag gefallen.
Heilbronn: Glasfaser für 34 Schulen
Nicht mehr ganz so lange auf die Glasfaser müssen 34 Schulen in Heilbronn [Link entfernt] warten. Baustart ist diese Woche erfolgt, das Projekt soll bis Ende Juni abgeschlossen sein. Vodafone setzt für den Anschluss der Schulen auf verschiedene Verlegetechniken, darunter auch eine "minimalinvasive Horizontalspülbohrung". Vodafone Chef Hannes Ametsreiter möchte in Heilbronn in kürzester Zeit "das digitale Klassenzimmer" verwirklichen. Der Anschluss soll ausreichend Leistung für Home-Schooling, neue Modelle für digitales Lernen und die Förderung der Medienkompetenz schaffen.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Wer in Deutschland oder anderswo Festnetz mit Internet, Telefon und Fernsehunterhaltung anbieten möchte, braucht eine Leitung zum Kunden. Die kann man (teuer) mieten, noch besser wären "eigene" Leitungen.
In den 1970iger Jahren wurden Kupfer-Koax-Kabel in die Häuser gelegt, weil man neue private Fernsehprogramme etablieren und mit Pay-TV, Rückkanal-Aktionen und vielem mehr experimentieren wollte. Koaxkabel-Netze brauchen eine penibel genaue Verlegung, viel Know How und regelmäßige Wartung, was in vielen Fällen nicht (mehr) der Fall ist. Die Glasfaser ist hingegen ziemlich robust (wenn sie nicht zu arg geknickt wird). Von daher macht es Sinn, Zug um Zug die ganze Koax-Technik komplett gegen echte Glasfasern auszuwechseln.
Wenn dann irgendwann überall Glasfaser liegt, ist das Zauberprotokoll DOCSIS, welches dazu erfunden wurde, um die schon verlegten Koaxkabel besser auslasten und ausnutzen zu können, meiner Meinung nach überflüssig, weil auf der Glasfaser längst andere bewährte und standardisierte Internet-Protokolle gefahren werden.
Für Vodafone ist die Lage bitter: Das komfortable Nebenkostenprivileg, das stabile Einnahmen aus den in die Jahre gekommenen Koax-Hausverteilungen generieren sollte, ist bald vorbei. Der Erzrivale Telekom wird viele Kunden zum Wechsel ermuntern. Also muss Vodafone die bestehende Infrastruktur dringendst aufrüsten, sonst flüchten weitere Kunden zur Konkurrenz.
Zwar gehören Unitymedia und Kabeldeutschland längst zur Vodafone, aber im Detail existieren noch unzählige Altlasten, sind Heerschaaren von Technikern und Programmierern dabei, diese Welten in eine neue bessere gemeinsame Welt zu überführen, was nicht immer reibungslos verläuft und Grund zu Frustkündigungen der Kunden sein könnte.
Dann noch eine britische Konzernzentrale, die viel Geld für darbende Länder und weltweite verunglückte Prestige-Projekte braucht, was man selbst hierzulande für einen Netzausbau von Festnetz und vor allen Dingen dem Mobilfunk in der Fläche bräuchte.
Wer mobil auf dem absolut neuesten Stand sein will, braucht dazu 5G-Standalone. Vodafone hat jetzt das dafür notwendige Software-Update bereitgestellt.