Disney-Chef Bob Iger geht: Ende einer "goldenen Ära"?
Es hatte sich bereits angekündigt, die Nachricht kam für viele Branchenbeobachter dann aber doch überraschend: Der langjährige Disney-CEO Bob Iger verabschiedet sich endgültig vom Mickey-Mouse-Konzern. Wie der Medienkonzern mitteilte, wird der Topmanager nun auch als Präsident des Verwaltungsrats abgelöst. Ihm folgt Susan Arnold, welche bereits seit 2007 als Mitglied im Disney-Verwaltungsrat die Geschicke des Milliardenkonzerns mitverantwortet.
Vom Filmstudio zum Medienkonzern
Disney-Urgestein Bob Iger tritt als Präsident des Verwaltungsrats ab
Foto: REX/Shutterstock
Iger gilt in Hollywood als Ausnahmetalent. Der Topmanager arbeitete sich bei Disney von unten bis an die Konzernspitze hoch und baute das Unternehmen maßgeblich von einem Filmstudio zum heute wichtigsten Medienkonzern der Welt um. In seine Amtszeit fielen unter anderem die Integration von Marvel Studios, die Übernahme von 20th Century Fox sowie die Einführung des Streaming-Dienstes Disney+. Bereits 2016 wurde er vom "Hollywood Reporter" zur einflussreichsten Person der Filmmetropole ernannt, zeitweise galt er sogar als Kandidat für die US-Präsidentschaft.
Bereits vor einiger Zeit hatte Iger den CEO-Staffelstab an seinen Nachfolger Bob Chapek übergeben, sein Rückzug als Präsident des Verwaltungsrates steht nun allerdings für eine endgültige Zeitenwende in der Disney-Märchenwelt. Chapek konnte bislang nicht in die großen Fußstapfen seines Vorgängers treten, die Corona-Pandemie legte zudem schonungslos viele Schwächen bei Disney offen. Zwar feierte Bob Iger mit beeindruckenden Zukäufen Erfolge, doch ist der Konzern nach wie vor viel zu stark von seinen Freizeitparks und der Kinoauswertung abhängig.
Ende der "goldenen Ära"
Das von Walt Disney gegründete Trickfilmstudio gilt bis heute als eigentliche "Keimzelle" des Medienkonzerns, mit der Integration von Pixar Animation Studios wurde dieser Bereich sogar noch weiter verstärkt. Iger wollte zwar nicht mit dem Vermächtnis Walt Disneys brechen, dennoch tat er sich mit dem reinen Studiogeschäft stets schwer. Iger glaubte nicht, dass Disney allein mit organischem Wachstum an die globale Spitze der Medienkonzerne klettern konnte.
So hatte er unter anderem im Jahr 2016 versucht, beim damals strauchelnden Medienkonzern Time Warner einzusteigen. Den Zuschlag erhielt jedoch letztendlich der US-Telekommunikationskonzern AT&T zu einem astronomischen Preis von rund 109 Milliarden US-Dollar - inklusive Schulden. Ironischerweise ist es nun eben WarnerMedia, die auch AT&T wirtschaftlich großes Kopfzerbrechen bereitet, weshalb wieder eine Abspaltung und Fusion mit Discovery bevorsteht.
Was plant Chapek?
Wohin genau die Reise ohne Iger für Disney nun geht, hängt maßgeblich von CEO Bob Chapek ab. Er hatte bereits angekündigt, dass Streaming weiterhin im Mittelpunkt der Strategie steht. In der Corona-Pandemie hatte er das Angebot weiter ausgebaut, allerdings waren damit auch umstrittene Entscheidungen verbunden. Nicht nur Kinofans, sondern auch die Schauspieler selbst zeigten sich von Disneys "Streaming first"-Plänen wenig angetan. Vor allem "Black Widow"-Darstellerin Scarlett Johansson sah sich sogar um die Box-Office-Umsatzbeteiligung ihres Marvel-Blockbusters betrogen.
Unter CEO-Chapek ist Disney in den letzten Monaten erstmals nicht mehr gewachsen, sondern geschrumpft. Der Konzern hatte beispielsweise einen Großteil seiner linearen Fernsehkanäle geschlossen und darüber hinaus wichtige Umsätze im Reisegeschäft sowie der Kinoauswertung verloren. Auch die geschlossenen Freizeitparks haben zur negativen Entwicklung beigetragen. Dass Susan Arnold im Disney-Verwaltungsrat umsteuert, gilt jedoch als eher unwahrscheinlich. Sie bekam sogar noch Lob vom nun scheidenden Vorgänger: "Susan ist die perfekte Wahl als Präsidentin des Verwaltungsrats und ich bin überzeugt, dass das Unternehmen unter ihrer Führung für weiteren Erfolg gut positioniert ist", unterstrich Bob Iger.
Kürzlich hatte Disney angekündigt, im kommenden Jahr 33 Milliarden US-Dollar für neue Inhalte zu investieren.