Cineworld: Disney+ bringt Kinokette 40 Mio. Dollar Verlust
Während der Corona-Pandemie waren Kinos geschlossen, was zu einem regen Kundenwachstum bei Streaming-Diensten führte. Langsam aber sicher öffnen sich nun weltweit wieder die Pforten der Lichtspielhäuser, im Programm ist unter anderem der Marvel-Blockbuster "Black Widow". Disney gewährte den Kinobetreibern jedoch kein exklusives Auswertungsfenster, weshalb der Film gleichzeitig im Rahmen von "Premier Access" bei Disney+ online ging.
Cineworld-Chef Mooky Greidinger erläuterte nun erstmals im Interview mit dem Portal "Deadline", welchen konkreten Umsatzverlust seine Kinokette durch die neue Disney-Strategie einfuhr. Überraschenderweise zeigt er sich dennoch mit dem Ergebnis zufrieden.
Bis zu 40 Millionen US-Dollar Verlust
Cineworld im Londoner Entertainmentkomplex "The o2"
Foto: Chapman Taylor
Laut Greidinger spülte "Black Widow" am Premierenwochenende allein rund 80 Millionen US-Dollar in die Kassen der Cineworld-Kinos. Nach ersten Auswertungen hätte diese Summe allerdings deutlich höher ausfallen können, unterstrich der CEO: "Mit einem exklusiven Auswertungsfenster wäre ein Umsatz von 110 vielleicht sogar 120 Millionen US-Dollar in den USA zu erreichen".
Gleichwohl glaubt er allerdings nicht, dass allein Disneys Streaming-Strategie für diesen Umsatzeinbruch verantwortlich ist.
Der Mickey Mouse-Konzern berechnet für einen Film im Rahmen von "Premier Access" rund 30 Euro Zusatzgebühr. Auch Filmpiraterie dürfte nach seiner Einschätzung allerdings mit Blick auf die eingespielten Verluste eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben. Laut "Deadline" könnte sich die Lage aber zumindest für Cineworld bald wieder entspannen, denn der Kinobetreiber habe sich in einem Deal mit Disney geeinigt. Demnach erhalten Cineworld-Kinos wieder ein exklusives Zeitfenster für die Kinoauswertung, bevor der Film schließlich im Streaming vermarktet wird.
Keine volle Rückkehr zu Kinoauswertung bis 2024?
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers zeichnet ein düsteres Szenario für die Kinos und geht davon aus, dass diese erst 2024 wieder zum vollständigen Normalbetrieb auf dem Niveau von 2019 zurückkehren können. Cineworld-Chef Greidinger ist diesbezüglich jedoch weitaus optimistischer, er geht bereits im vierten Quartal dieses Jahres wieder von einem weitestgehend normalen Betrieb aus, ab 2022 soll dieser vollständig gewährleistet sein.
Wie realistisch seine Einschätzung ist, muss sich noch zeigen. Die meisten Studios werden ihre bisherige Strategie zur Auswertung auf Streaming-Diensten vorerst sicherlich nicht ändern, weshalb viele Blockbuster in naher Zukunft nicht exklusiv oder nur mit Zeitverzögerung auf der großen Leinwand zu sehen sind. Dies betrifft insbesondere Produktionen aus dem Hause ViacomCBS/Paramount Pictures. Immerhin hatte WarnerMedia Studios-Chefin Ann Sarnoff bereits angekündigt, Filme von Warner Bros. bald wieder zuerst im Kino zu zeigen.
Leinwand bleibt lukrativer
Die Tatsache, dass Cineworld in Verträgen weiterhin exklusive Auswertungsfenster erhält, zeigt deutlich: Kino ist und bleibt für große US-Studios trotz eigener Streaming-Dienste nach wie vor ein sehr lukratives Geschäft. Die Umsätze sogenannter "Theatrical Releases" liegen zumindest bei großen Blockbustern in weit anderen Kategorien, als sie derzeit überhaupt im Streaming zu realisieren wären.
Verdächtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich zum Beispiel Disney mit konkreten Ergebnissen zu "Premier Access" ausgesprochen bedeckt hält. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren, wäre die Strategie jedoch erfolgreich, hätte man dies insbesondere gegenüber eigenen Aktionären vermutlich schon wesentlich deutlicher kommuniziert. Die Verträge mit Cineworld zeigen jedoch, dass die Streaming-Front schon wieder bröckelt.
Cineworld hat einen exklusiven Auswertungsvertrag mit WarnerMedia geschlossen.